Zeitgeschehen

Brexit – ein prophetisches Zeitzeichen?

ein prophetisches Zeitzeichen zukünftiger Ereignisse?

Viele Monate wurde über ein mögliches Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) diskutiert. Befürworter und Gegner lieferten sich heftige Diskussionen. Ende Juni fiel die Entscheidung. Knapp über 50 % der Briten entschieden in einem Referendum für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU. Die Entscheidung sorgte in der nationalen und internationalen Presse für Schlagzeilen und Kommentare. Wie es nun genau weitergeht, weiß niemand: weder auf dem Kontinent noch in Großbritannien. Da war die Rede von einem Dominoeffekt oder gar von einem Zusammenbruch und Ende Europas.

Fragen

Der aufmerksame Bibelleser fragt sich, ob der Brexit ein prophetisches Zeitzeichen ist oder nicht. Kann man den Brexit prophetisch überhaupt einordnen? Widerspricht er am Ende sogar den biblischen Aussagen über die Zukunft?

Vordergründig kann man diese Fragen mit Nein beantworten, denn das Land Großbritannien kommt in der Bibel nicht vor. Bei näherem Nachdenken stellen sich die Fragen dennoch, denn immerhin war „Britannien“ früher ein Teil des alten Römischen Reiches in seiner größten Ausdehnung. Und dass Europa – das alte Römische Reich – eine Zukunft hat, steht außer Frage. Davon spricht die Bibel eindeutig.

Biblische Prophetie richtig verstehen

Die prophetischen Aussagen über die Zukunft dieser Erde (Europa eingeschlossen) verstehen wir nur dann richtig, wenn uns bewusst ist, dass es eine wesentliche Voraussetzung gibt, die erfüllt sein muss, bevor die in der Bibel beschriebenen Ereignisse stattfinden können. Das ist die Entrückung der Gläubigen. Das wird z.B. in 2. Thessalonicher 2,6 deutlich. Dort lernen wir, dass es etwas gibt, das zurückhält, bevor die Endzeit1 beginnen kann: Es sind die Gläubigen der Gnadenzeit. Ein weiterer Beweis liegt darin, dass die prophetischen Ereignisse in der Offenbarung erst dann ausführlich beschrieben werden (ab Kapitel 6), nachdem die Gläubigen im Himmel gesehen werden. Die Tatsache, dass die Zeit der Versammlung in den Weissagungen des Alten Testaments überhaupt keine Rolle spielt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die in der Bibel beschriebene Endzeit erst dann beginnt, wenn die Versammlung nicht mehr auf dieser Erde ist.

Die „Zeit des Endes“ beginnt erst dann, wenn die Versammlung nicht mehr auf der Erde ist.

Daraus wird deutlich, dass es gefährlich ist, aktuelle politische Geschehnisse und Veränderungen im Licht der noch zukünftigen Prophetie zu interpretieren. Der Brexit ändert nicht im Geringsten irgendetwas daran, was die Bibel über die Zukunft Europas sagt. Aktuelle politische Ereignisse sind kein zuverlässiger Schlüssel, der uns das Verständnis für die biblische Prophetie öffnet.

Schatten und Vorboten

Aktuelle politische Entwicklungen sind also keine direkten Zeitzeichen. Dabei bleibt es natürlich wahr, dass die kommenden Ereignisse bereits ihre Schatten vorauswerfen. Solche Schatten und Vorboten werden in der Bibel erwähnt und wir erkennen sie ebenso in Veränderungen, die in der Welt stattfinden. 2. Thessalonicher 2,7 spricht zum Beispiel in Verbindung mit dem Antichrist davon, dass das „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ jetzt schon wirksam ist. Das ist ein solcher Schatten. Ein weiterer Vorbote ist die Tatsache, dass die Gottlosigkeit rasant zunimmt. Die Bibel spricht von dem „Geist des Antichristen“ (1. Joh 4,3). Der Antichrist selbst wird erst in der Endzeit offenbar werden. Sein Geist wirkt jedoch heute schon in vielen Bereichen der Gesellschaft deutlich erkennbar.

Ungeachtet des aktuellen Austritts Großbritanniens aus der EU und eines antieuropäischen Trends in vielen Mitgliedstaaten der EU ist die Tatsache, dass Europa mehr und mehr zusammenwächst, ein weiterer Vorbote und Schatten künftiger Ereignisse. Der Wunsch nach einem „starken Mann“ wird immer häufiger geäußert. Ereignisse wie der Brexit wirken verunsichernd und vielleicht sogar destabilisierend, so dass der Ruf nach einer besseren Führung durchaus vernehmbarer werden wird.

Bibelleser wissen, dass es auf dem Territorium des alten Römischen Reiches in der Endzeit eine politische Macht und Einheit geben wird. Die Vorgeschichte dazu hat vor fast 60 Jahren begonnen. Am 25. März 1957 wurden die römischen Verträge von Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden in Rom (!) unterzeichnet. Damit hat Europa begonnen wirklich zusammenzuwachsen. Die Verträge waren die Grundlage für die spätere Bildung der Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1965 und der EU im Jahr 1992. Das sind weitere Vorboten.

Das Römische Reich in Vergangenheit und Zukunft

Das Römische Reich ist das letzte der vier Weltmächte, von denen wir im Buch Daniel lesen (vgl. Daniel 2 und 7). Von diesem Reich lesen wir in Offenbarung 17,8 die bemerkenswerten Worte, dass es war (Vergangenheit), nicht ist(Gegenwart) und wieder sein wird (Zukunft). Wir lesen weiter von einer geheilten Todeswunde (Off 13,3.12).

Der letzte weströmische Kaiser war Romulus Augustulus, der im Jahr 476 n.Chr. entthront wurde. Das Römische Reich wird jedoch in dem prophetischen Kalender Gottes in der Zukunft wieder eine bedeutende Rolle spielen.

Das Römische Reich wird in der Zukunft wieder eine bedeutende Rolle spielen.

Aus Daniel 2,31-45 erkennen wir, dass es in der Zukunft eine andere Form haben wird als in der Vergangenheit. Es wird ein „Zehn-Mächte-Reich“ sein (vgl. Off 12,3; 13,1; 17,3.7.12.16). Das ist es vorher in dieser Form nie gewesen.

Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; komm, Herr Jesus! Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen! Offenbarung 22,20.21

Da, wo einmal das (west)römische Reich war, wird in der Zukunft wieder ein Weltreich existieren, das vereinte Europa. Um welche Länder Europas es sich genau handeln wird, wissen wir nicht. Die Bibel macht darüber keine genauen Aussagen. Sie sagt nur, dass es zehn Könige (Regenten, politische Mächte) sein werden, die sich zusammenschließen und ihre Macht in die Hände eines starken Mannes legen werden. Das ist „das Tier aus dem Meer“, von dem wir in Offenbarung 13,1-8 lesen.2

Mit Spekulationen müssen wir uns zurückhalten. Solange der Herr Jesus nicht zur Entrückung der Gläubigen gekommen ist, beginnt die prophetische Zeit des Endes nicht. Welche politischen Entwicklungen es vorher geben und welche Ereignisse stattfinden werden, müssen wir offenlassen. Dazu zählt auch die Antwort auf die Frage, welche Staaten dazugehören und welche nicht.

Zehn Könige

Der Text in Offenbarung 13 gibt einige Merkmale über das kommende vereinte Europa und sein politisches Haupt, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. Ich möchte nur den einen Punkt herausgreifen, dass nämlich von zehn Königen (politischen Einheiten) die Rede ist. Es ist schwierig, diese Zahl in Einklang mit den heute existierenden Staaten in Europa bzw. der EU zu bringen. Als im Jahr 1981 Griechenland als zehnter Staat der EG beitrat, dachten viele Bibelleser, die Entwicklung Europas wäre nun zum Abschluss gekommen. Umso größer war das „Erstaunen“ mancher, als 1986 mit Portugal und Spanien die Zahl Zehn überschritten wurde. Allerdings muss uns das weder verwundern noch irritieren. Es ist durchaus denkbar, dass sich bis zur Zeit des Endes weitere politische Veränderungen in Europa ergeben, die wir heute noch nicht absehen können. Deshalb muss es uns nicht „beunruhigen“, dass die EU aktuell aus 27 Staaten besteht. Und es muss uns ebenso wenig wundern, dass Großbritannien ausscheiden wird. Es mag weitere Austritte (und Eintritte) geben. Ebenso denkbar ist es, dass innerhalb einzelner Staaten eine weitere Gruppenbildung erfolgt. Man kann darüber hinaus nicht ganz ausschließen, dass die Zahl Zehn an dieser Stelle symbolisch aufzufassen ist. Zehn ist in der Bibel die Zahl der Verantwortung des Menschen.

Unsere Hoffnung

Die Erwartungshaltung des Christen ist nicht speziell auf die Zeit des Endes ausgerichtet. Wir warten zuerst darauf, dass der Herr Jesus wiederkommt, um uns zu sich zu nehmen (1. Thes 4,15-18).

Wir warten darauf, dass der Herr Jesus wiederkommt.

Dieses Ereignis ist an keinerlei Vorbedingungen geknüpft. Der Herr Jesus kann heute kommen. Wir warten allerdings ebenso auf die „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“ (Tit 2,13). Diese öffentliche Erscheinung, um sein Reich zu gründen, ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Darüber spricht die biblische Prophetie ausführlich. Erst wenn die Gerichte über diese Erde gekommen sind, wird Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit auf der Erde erscheinen und sein Reich aufrichten. Darauf freuen wir uns ebenso wie darauf, dass Er vorher kommen wird, um uns zu sich zu nehmen.

Was heute auf dieser Erde geschieht, nehmen wir als Christen selbstverständlich zur Kenntnis. Doch es erschüttert oder verunsichert uns in keiner Weise. Der Herr Jesus wird kommen. Das hat Er selbst versprochen. Die Geschehnisse auf dieser Erde werden sich genau so abspielen, wie die Bibel es voraussagt. Daran halten wir fest.

Zusammenfassung:

Der Brexit ist kein prophetisches Zeitzeichen. Er mag in Europa verständlicherweise Sorgen hervorrufen und zur Verunsicherung beitragen. Die in der biblischen Prophetie beschriebenen Ereignisse finden allerdings erst nach der Entrückung der Gläubigen statt. Dann wird es in Europa eine enge politische Allianz unter der Regie eines Gewaltherrschers geben, den die Bibel als das „Tier aus dem Meer“ (Offb 13,1) bezeichnet. Alles, was aktuell politisch geschieht, muss vorsichtig beurteilt werden. Es handelt sich maximal um Schatten oder Vorboten künftiger Ereignisse. Während wir diese Schatten wahrnehmen, warten wir darauf, dass der Herr Jesus kommt, um uns zu sich zu holen.

1 Mit Endzeit sind die prophetischen Ereignisse auf dieser Erde gemeint, die zwischen der Entrückung der Gläubigen und der Erscheinung des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit stattfinden werden. Es handelt sich im Wesentlichen um die in der Bibel angekündigte Periode des Gerichts.

2 Vgl. dazu den Artikel: „Das Malzeichen des Tieres“ in dieser Zeitschrift.

 

Ernst-August Bremicker

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2016, Heft 8, Seite 8

Bibelstellen: Offenbarung 22, 20.21

Stichwörter: biblische Prophetie, Vergangenheit, Zeit des Endes, Zukunft