Ermutigung

Das Schwache und Verachtete hat Gott auserwählt

„Das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache; und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt und das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichte mache, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“ (1. Kor 1,27-29).

Manchmal neigen Christen dazu, wegen ihrer Schwachheit den Mut zu verlieren oder Versagen mit Schwachheit zu entschuldigen. Dabei zeigt das Wort Gottes uns das Gegenteil: Schwachheit ist die notwendige und gleichzeitig beste Voraussetzung, damit Gottes Kraft wirken kann. Das wahre Bewusstsein der eigenen Schwachheit befreit den Menschen vom Selbstvertrauen und wirft ihn in die Arme des allmächtigen Gottes. Das gilt zuerst bei der Bekehrung, aber auch für das tägliche Glaubensleben. Es ist ein Grundsatz im Wort Gottes, dass Gott die schwachen und verachteten Dinge benutzt, um sich zu verherrlichen. Je geringer oder schwächer das Werkzeug ist, umso mehr Ehre bekommt derjenige, der das Werkzeug zum Segen gebraucht. Gott gibt seine Ehre keinem anderen. Er ist es, der in den Gläubigen das wirkt, was Ihm gefällt. Schauen wir uns anhand einiger Lebensbilder in Gottes Wort an, wie Er das Schwache der Welt auserwählt, um seine Kraft zu zeigen und seine wunderbaren Pläne auszuführen.

Nach dem Sündenfall

Aufgrund des Sündenfalls bekommt der Mensch einen sterblichen Körper. Seth nennt seinen Sohn Enos, was „schwacher“ oder „hinfälliger Mensch“ bedeutet. Er erkennt, dass der Mensch in sich selbst schwach und von seinem Schöpfer abhängig ist. Es ist interessant, dass genau in diesem Zusammenhang das erste Mal in der Bibel das Gebet erwähnt wird: „Damals fing man an, den Namen des HERRN anzurufen“ (1. Mo 4,26). Je mehr wir uns unserer Schwachheit und unseres Unvermögens bewusst werden, desto mehr sollte uns dieses Bewusstsein ins Gebet treiben, wo die Kraft Gottes zu finden ist: „An dem Tag, als ich rief, antwortetest du mir; du hast mich ermutigt: In meiner Seele war Kraft“ (Ps 138,3). Gebet ist praktizierte Abhängigkeit. Dass Gott Menschen segnet, die Ihn durch Abhängigkeit im Gebet ehren, macht das nächste Beispiel deutlich.

Jakob

In Jakob sehen wir einen listigen Mann, der, anstatt auf Gott zu vertrauen, sich immer wieder auf seinen eigenen Verstand stützt. Der HERR muss ihm erst das Hüftgelenk verrenken, bevor Er ihn einen Kämpfer Gottes nennen kann. Im Bewusstsein seiner Schwachheit klammert Jakob sich im Gebet an Gott und wird von Ihm gesegnet (1. Mo 32). Das Bewusstsein unserer Schwachheit sollte auch uns dahin führen, dass wir, anstatt mutlos zu werden, uns mit ganzem Herzen an den Herrn klammern. Als Jakob schließlich in hohem Alter nach Ägypten kommt, wird er blind. Doch als blinder, alter Mann bekommt der Patriarch Einsicht in die Gedanken Gottes, was u.a. beim Segen der Söhne Josephs deutlich wird. Jemand hat einmal treffend gesagt: „Jakob ist niemals so gut gewandelt, wie von der Zeit an, als sein Hüftgelenk verrenkt war, und er hat nie so gut gesehen wie zu der Zeit, als er blind war.“ Am Ende seines Lebens segnet dieser schwache Gläubige den mächtigsten Mann der Erde und betet an über der Spitze seines Stabes, die nach oben zeigte. Die Geschichte der Söhne Jakobs zeigt uns an vielen Stellen, wie Gott sich durch sein irdisches Volk mächtig erwiesen hat.

Im Mutterleib hielt er die Ferse seines Bruders, und in seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott. Er kämpfte mit dem Engel und überwand, er weinte und flehte zu ihm; in Bethel fand er ihn, und dort redete er mit uns. Und der HERR, der Gott der Heerscharen – HERR ist sein Gedenkname.

Hosea 12,4-6

Das Volk Israel

In seiner Weisheit hat Gott sich das geringste unter allen Völkern zu einem Eigentumsvolk auserwählt – die Kinder Jakobs (5. Mo 7,6-7). Wie oft ist „der Unveränderliche“ diesem Volk im Kampf gegen ihre Feinde zur Hilfe gekommen, die bei weitem zahlreicher und stärker waren als sie! Die Begebenheit am Roten Meer (2. Mo 14) und der Kampf unter Josaphat gegen die Moabiter und Ammoniter (2. Chr 20) sind nur zwei Beispiele von vielen, die man erwähnen könnte.

Manchmal führt Gott uns in Umstände, die unsere Kapazitäten bei weitem übersteigen. Oft tut Er das, um uns (wieder) bewusst zu machen, dass wir ganz auf Ihn geworfen sind und ohne Ihn nichts tun können. „Denn in uns ist keine Kraft vor dieser großen Menge, … sondern auf dich sind unsere Augen gerichtet“ (2. Chr 20,12). Diese Erfahrung haben auch einzelne Gläubige immer wieder machen dürfen, was besonders in der Zeit der Richter deutlich wird.

Die Richter

Viele der Richter, die Gott zur Rettung seines Volkes benutzte, waren schwache oder verachtete Menschen. Othniel war ein jüngerer Bruder, der im Schatten von Kaleb lebte. Ehud erstach als Linkshänder den König von Moab. Schamgar hatte nur einen Rinderstachel, mit dem er 600 Philister erschlug. Deborah war eine Frau. Barak war feige. Gideon war geringer Herkunft. Jephta war in Hurerei geboren und Simson hatte eine große Schwäche für Frauen.

Vor allem die Geschichte Gideons macht deutlich, dass es die Absicht Gottes ist, durch wenige schwache Gefäße den Sieg zu bewirken, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme (Ri 7,2). Das sollte jedem Gläubigen Mut machen! Unsere Schwachheit ist für Gott kein Hindernis, um uns zu gebrauchen. Im Gegenteil: Unsere Verlegenheiten können für Ihn Gelegenheiten sein, um sich durch uns zu verherrlichen! Auch David, der Mann nach dem Herzen Gottes, hat erlebt, wie Gott dem Müden Kraft gibt und den Unvermögenden stärkt (1. Sam 30,6 ff; vgl. Jes 40,29).

Man könnte noch viele alttestamentlich Gläubige anführen, die aus der Schwachheit Kraft gewannen und im Kampf stark wurden (Heb 11,34). Sie sollen unsere Vorbilder sein!

Und der HERR wandte sich zu ihm und sprach: Geh hin in dieser deiner Kraft und rette Israel aus der Hand Midians! Habe ich dich nicht gesandt? Und er sprach zu ihm: Bitte, mein Herr, womit soll ich Israel retten? Siehe, mein Tausend ist das ärmste in Manasse, und ich bin der Jüngste im Haus meines Vaters. Und der HERR sprach zu ihm: Ich werde mit dir sein, und du wirst Midian schlagen wie einen Mann.

Richter 6,14-16

Paulus

Saulus war ein stolzer Pharisäer, der die Jünger des Herrn bis aufs Blut verfolgte. Durch eine persönliche Begegnung mit dem verherrlichten Christus wird sein Leben radikal verändert. „Siehe, er betet“ ist das Erste, was nach seiner Bekehrung über ihn gesagt wird (Apg 9,11). Unter den Korinthern wird seine Gegenwart als schwach und seine Rede als verächtlich angesehen (2. Kor 10,10). Den Galatern verkündigt er in Schwachheit des Fleisches das Evangelium (Gal 4,13). Nachdem man ihn in Lystra steinigt, aus der Stadt schleift und für tot erklärt, bekommt er von Gott die Kraft, wieder aufzustehen und seine Reise fortzusetzen (Apg 14). Schließlich wird der Gesandte des Herrn seiner Freiheit beraubt und in Ketten gelegt. Genau in dieser Zeit schreibt er unter der Leitung des Geistes Gottes fünf Briefe (vier während seiner ersten und einen während seiner zweiten Gefangenschaft), die über viele Jahrhunderte Millionen von Gläubigen zum Segen geworden sind.

Ein Dorn im Fleisch

Zu einem früheren Zeitpunkt wird der Apostel von Gott in den dritten Himmel entrückt, wo er wunderbare Dinge erlebt, die ihm geholfen haben „das schnell vorübergehende Leichte unserer Trübsal“ (2. Kor 4,17) in seinem Dienst zu erdulden (vgl. 2. Kor 11,32-12,4). Damit er sich aufgrund dieser außergewöhnlichen Erfahrung nicht überhebt, gibt Gott ihm einen „Dorn für das Fleisch“, der ihm von da an permanent seine Schwachheit vor Augen führt1. Da Paulus den Eindruck hat, dass diese Schwachheit ihn im Dienst für den Herrn behindert, fleht er dreimal am Thron der Gnade darum, dass der Herr ihn davon befreit. Doch anstatt ihn davon zu befreien, verspricht ihm der Herr, dass seine Gnade für jede Schwachheit ausreichend ist. Auf diese feste Zusage soll Paulus vertrauen.

Gottes Kraft wird in Schwachheit vollbracht

Dann fügt der Herr noch etwas Wichtiges hinzu: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9). Dort, wo die menschliche Kraft zu Ende kommt, wird die Kraft Gottes wirksam, „damit die Überfülle der Kraft sei Gottes und nicht aus uns“ (2. Kor 4,7) und „damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“ (1. Kor 1,29). Als Paulus diese Wahrheit im Glauben erfasst, ändert sich seine Sicht im Blick auf seine Schwachheit vollständig. Anstatt dafür zu beten, dass Gott ihn von seinem Dorn befreit, rühmt er sich jetzt seiner Schwachheit und hat sogar Freude daran. Wie ist das möglich? Weil es Paulus nicht darum geht, ein möglichst angenehmes Leben zu haben, sondern weil er sich danach sehnt, dass Christus an seinem schwachen Körper erhoben wird (Phil 1,20)! Aufgrund der Schwachheit des Apostels strahlt die Kraft Christi in seinem Leben umso heller hervor. Er dient dem Herrn in der Kraft, „die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde“ (1. Pet 4,11). Die Korinther besucht er in Schwachheit und Zittern mit dem Wunsch, dass seine Predigt geisterfüllt ist und mit göttlicher Kraft vor die Herzen gestellt wird (1. Kor 2,3-4). Als er, der erste der Sünder, ihnen später davon schreibt, dass er viel mehr für den Herrn gearbeitet hat als alle anderen Apostel, fügt er sofort hinzu, dass es allein die Gnade Gottes war, die ihn dazu befähigte (1. Kor 15,10). Je länger er mit seinem Herrn lebt, desto mehr kann er aus eigener Erfahrung und mit fester Überzeugung sagen: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ und „wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (Phil 4,13; 2. Kor 12,10).

Und damit ich mich nicht durch das Übermaß der Offenbarungen überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, damit er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe. Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehen möge. Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht. Daher will ich mich am allerliebsten viel mehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus über mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christus; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

2. Korinther 12,7-9

Fazit für unser praktisches Glaubensleben

Sind die gerade erwähnten Aussagen von Paulus auch für unser Leben wahr? Wir sollen nicht stark in uns selbst sein, sondern in der Gnade (2. Tim 2,1), in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke (Eph 6,10). Wir werden dazu aufgefordert, ganz auf die Gnade Gottes zu vertrauen, die uns am Thron der Gnade jederzeit zur Verfügung steht. Wie eine Welle, die das Ufer erreicht, sich dann wieder zurückzieht und von der nächsten Welle abgelöst wird, so empfangen wir Gnade um Gnade (Joh 1,16) für jede Situation unseres Lebens. Die feste Zusage des Herrn: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9) gilt für jeden Gläubigen. Diese Gnade hängt nicht von unseren Gefühlen, sondern allein von der Treue Gottes ab. Wenn wir Ihn beim Wort nehmen und seiner Zusage vertrauen, öffnen wir dadurch den Kanal, durch welchen uns seine Gnade zufließt, so dass wir sie erleben können. Unser treuer Herr wird sein Versprechen erfüllen. Seine Gnade ist genügend für uns und seine Kraft wird gerade, wenn wir schwach sind, am besten wirksam. Glauben wir das?

Zusammenfassung

Wie schnell versuchen wir manchmal das eigene Versagen damit zu entschuldigen, dass wir uns als schwach bezeichnen. Dabei sollte uns das Bewusstsein unserer Schwachheit nicht entmutigen, sondern viel mehr ins Gebet treiben und dahin führen, dass wir uns mit ganzem Herzen an den Herrn klammern. Er verspricht uns, dass seine Gnade für jede Situation unseres Lebens genügt. Gott hat die Gläubigen als schwache Gefäße auserwählt, damit sie auf seine Gnade vertrauen und die Kraft des Christus in ihnen wohnt.

1 Gott teilt uns in seinem Wort nicht mit, was dieser Dorn genau war. Vielleicht ist der Grund dafür, dass wir die Belehrung dieser Stelle so leichter in unser Leben übertragen können.

Jan Philip Svetlik

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2016, Heft 12, Seite 17

Bibelstellen: 1. Korinther 1,27-29; 2. Korinther 12,7-9; Richter 6,14-16

Stichwörter: Auserwählung, schwach, verachtet