Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift

Joh 19,30: „Und er neigte das Haupt und übergab den Geist“.

Das griechische Wort für „neigen“, klino, kommt im Neuen Testament im ganzen siebenmal vor. Es wird u. a. vom Zu-Ende-Gehen, dem „Neigen“, eines Tages (Luk,9,12; 24,29) und auch bei den Frauen am Grabe Jesu benutzt, als sie aus Furcht vor den beiden Engeln „das Angesicht zur Erde neigten“ (Lk 24,5).

Nun ist es sicher nicht von ungefähr, daß das erste und letzte Vorkommen dieses Wortes in den Evangelien jeweils in Verbindung mit dem Herrn Jesus, genauer gesagt, mit dem Haupt des Herrn Jesus gebraucht wird. Ein Gesetzgelehrter hatte sich Ihm angeboten, Ihm nachzufolgen, wahrscheinlich mit dem Gedanken, einen guten Platz bei dem Messias zu erlangen. Aber der bereits verworfene Christus (und es ist das erste Mal im Neuen Testament, daß Er den Titel „Sohn des Menschen“ annimmt) kann diesem Mann keinen Platz hier auf Erden anbieten, sondern sagt: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege“ (Mt 8,20). Wie ernst, daß der König Israels trotz all Seiner Liebe zu Seinem irdischen Volk hier keinen Platz, nicht einmal „ein Nest“ fand! Für Sein Geschöpf hatte ER, der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, getreu vorgesorgt; aber als Er in unfaßbarer Gnade und Erniedrigung selbst hier auf der Erde war, da war Er in dieser Beziehung ärmer als ein Vogel, da fand Er keinen Ruheplatz, wo Er Sein Haupt hinlegen konnte. Hier also begegnet uns das Wort klino zum ersten Mal.

Doch wie ergreifend, wenn wir den Zusammenhang mit dem letzten Vorkommen des Wortes in dem oben angeführten Vers aus Johannes 19 erkennen! Der Herr Jesus hängt am Kreuz, erhöht zwischen Himmel und Erde. Alles ist schon vollbracht, und der Sohn Gottes bestätigt es selbst: „Es ist vollbracht!“ Und da geschieht das Unfaßliche: „Er legte (so heißt es wörtlich) das Haupt hin und übergab den Geist.“ Jetzt endlich hatte Er einen Ruheplatz für Sein Haupt gefunden – im Tode, am Kreuzesstamm! Anbetungswürdiger Herr! Wie arm bist Du geworden, auf daß wir durch Deine Armut reich würden! (2. Kor 8,9).

ChB

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1981, Seite 89

Bibelstellen: Joh 19, 30