Einander die Füße waschen

„Als er nun ihre Füße gewaschen und seine Oberkleider genommen hatte, legte er sich wiederum zu Tische und sprach zu ihnen: Wisset ihr, was ich euch getan habe? Ihr heißet mich Lehrer und Herr, und ihr saget recht, denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, eure Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen“ (Joh 13,12-14).

Wie sollen wir dies erfüllen? So wie es Christus in der Herrlichkeit tut! Wir wissen, in welcher Weise Christus die Füße Seiner Jünger wusch, als Er bei ihnen in der Welt war: Er ertrug geduldig all ihre Schwächen, Irrtümer und Fehler, um für sie einzutreten und von ihren Herzen und aus ihren Gedanken alles das wegzunehmen, was sie verunreinigte. Auch in Seiner Herrlichkeit ist Er stets bemüht, Seinem Volk hierin zu dienen. Und Er hat gesagt: „So seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen“; d. h. in derselben Weise geduldig die Unwissenheit, die Irrtümer, Schwachheiten, Fehler und allen anhaftenden Schmutz zu ertragen, damit wir eine Hilfe werden können, diese Dinge zu beseitigen.

Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn Christus jetzt in der Herrlichkeit darum bemüht ist, uns die Füße zu waschen, sollten wir es als eine Ehre auffassen, Ihn darin nachzuahmen. Wie können wir Ihm in der gegenseitigen Fußwaschung ähnlicher werden? Indem wir uns befleißigen, von unseren Mitgeschwistern alles zu entfernen, was ihre Herzen und Gewissen verunreinigen und den Segen der Gemeinschaft mit Christus und dem Vater hindern könnte. Wir sollten lernen, ihre Lasten zu tragen, sie in ihrem Kummer zu trösten, sie durch liebevollen Tadel wieder zurechtzubringen; auch sollten wir für sie beten. Ja, wir sollten Christus ähnlich sein, der ihr Hoherpriester ist, der sie stets aufs neue wiederherstellt, Sich immerdar für sie verwendet. Wir sollten alles daransetzen, sie von Verunreinigungen zu befreien, ihre Sorgen wegzunehmen und sie loszulösen von der (alten) Natur und der Welt; ja wir sollten ein treues Zeugnis gegen ihren Irrtum ablegen. Wir sollten gleichfalls für sie beten, beten für ihre Errettung von allem, was sie beschmutzt oder beunruhigt. Dabei sollten wir, gleich unserem Herrn und Meister, stets sanftmütig, geduldig, mitfühlend und zart in unserem Verhalten ihnen gegenüber sein. Das wird uns auch in Philipper 2 empfohlen: „Ein jeder nicht auf das Seinige sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.“ Das Beispiel Christi wird uns dort vorgestellt: „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war, welcher, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm … und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam ward bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze.“

Liebe Freunde, wenn wir bedenken, wie wenig wir Christus gleichen in Seiner Erniedrigung und in all Seinem Tun damals und heute als Diener Seines Volkes, so wundern wir uns nicht, daß der Apostel sagt: „Ich habe niemand gleichgesinnt, der von Herzen für das Eure besorgt sein wird; denn alle suchen das Ihrige, nicht das, was Jesu Christi ist.“ Warum haben wir eine Abneigung, Christus in Seinem Dienst an Seinen Jüngern nachzuahmen? Weil wir so wenig von der Herrlichkeit erfaßt haben, in der Er jetzt ist. Beachtet, liebe Freunde: Die Aussicht auf Seinen baldigen Eintritt in die Herrlichkeit wird als Grund dafür angegeben, daß Er Sich umgürtete und die Füße der Jünger wusch. Er wußte, daß Er in der Herrlichkeit das fortführen würde, was Seine buchstäbliche Fußwaschung in Wahrheit bedeutete. Erfreute sich darüber; es war ein Teil der vor Ihm liegenden Freude, und deshalb wusch Er die Füße der Jünger.

Leider sehen wir oft nur wenig von der Herrlichkeit Christi und von unserer Herrlichkeit, Teil mit Ihm zu haben; und deshalb versagen wir darin, unseren Herrn und Meister nachzuahmen und Ihm zu gehorchen und einander die Füße zu waschen. Wenn wir diese Herrlichkeit betrachten und genießen, wird es uns eine Freude sein, die niedrigsten Dienste für Seine Jünger zu erfüllen. Diese niedrigsten Dienste sind eigentlich die höchsten, denn sie machen uns Dem ähnlich, der die Füße Seiner Jünger wusch, der ihnen nun in dem dient, was die Fußwaschung vorbildete, der auch in Ewigkeit sie bedienen wird. Beachtet also, liebe Freunde, die Worte des Herrn: „Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, eure Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen.“ Der Herr segne Sein Wort und befähige uns alle, Ihm zu gehorchen! J.N.D.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1987, Seite 237

Bibelstellen: Joh 13, 12-14

Stichwörter: Fußwaschung, Gesinnung