Fragen und Antworten

Das Vermächtnis des Herrn

Frage: Ist das Wort des Herrn in Lukas 22, Vers 19, „Dieses tut zu meinem Gedächtnis“ ein Befehl des Herrn oder ein Wunsch? Wenn es sich um einen Befehl handelte, wäre dann nicht der Zulassung zum Tisch des Herrn Tür und Tor geöffnet?

Antwort: Als der Herr Jesus diese Worte sprach, stand Er kurz vor Seinem Opfertod. Er äußerte sie „in der Nacht, in welcher er überliefert wurde“ (1. Kor 11,23). Das gibt ihnen einen besonderen Charakter, und es würde mir schwerfallen, in bezug auf sie von einem Befehl zu sprechen. Andererseits würde ich sie auch nicht als einen bloßen Wunsch des Herrn bezeichnen. Sind sie nicht vielmehr sein Vermächtnis an Seine Jünger? Er würde sie nun verlassen, würde für sie in den Tod gehen, und sie sollten sich Seiner in Liebe erinnern. Könnte sich ein gläubiger Christ diesem Verlangen Seiner Liebe verschließen?

Doch selbst wenn man dieses Wort des Herrn als einen Befehl auffaßt, muß daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß dann auch solche Kinder Gottes, die in offener Sünde leben oder mit Irrlehren in Verbindung stehen, ungehindert ihren Platz am Tisch des Herrn einnehmen könnten. Darüber entscheidet nämlich nicht die Frage, ob es sich bei dem Wort des Herrn in Lukas 22 um einen Befehl oder nur um einen Wunsch handelt, sondern das Licht, das andere Schriftstellen auf unseren Gegenstand werfen.

Der Herr Jesus redet zu Seinen Jüngern und setzt bei ihnen einen normalen, gesunden Zustand des Herzens voraus. Überhaupt wird in der Heiligen Schrift im allgemeinen von einem gesunden Zustand ausgegangen, nicht sogleich von einem kranken, verkehrten. Und das Normale für ein gläubiges Kind Gottes ist, daß es aus Liebe zu Seinem Heiland Dessen Vermächtnis nachkommt und das tut, was Er gesagt hat. Daß auch das nicht ohne vorherige Selbstprüfung und ohne Selbstgericht geschehen kann, zeigt uns ebenfalls 1. Korinther 11. Grundsätzlich jedoch hat jedes Kind Gottes seinen Platz am Tisch des Herrn, hat das Vorrecht, dorthin zu kommen.

Aber es können Dinge eintreten – ungerichtete Sünde oder Verharren in Irrlehre zum Beispiel -, die ein Teilnehmen an diesem Vorrecht der Gläubigen verhindern. Es kann jemand, der Bruder genannt wird, ein Hurer oder ein Habsüchtiger oder ein Trunkenbold usw. sein. Was ist dann zu tun? „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (Kap. 5,9-13). Das schreibt der Apostel Paulus denselben Gläubigen in Korinth, denen er an anderer Stelle seines Briefes das Vermächtnis des Herrn übermittelt und jeden einzelnen von ihnen ermutigt: „… und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche“ (Kap. 11,28). Das grundsätzliche Vorrecht ist eine Sache, der praktische Zustand eine andere. Es ist gut, die beiden Dinge auseinanderzuhalten, denn es wird uns helfen, die Gedanken Gottes besser zu verstehen. ChB

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1991, Seite 89

Bibelstellen: Lk 22, 19

Stichwörter: Gedächtnis, Vermächtnis