Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift

Durch Glauben – im Glauben

Im elften Kapitel des Hebräerbriefes begegnen uns zwei verschiedene grammatische Konstruktionen in Verbindung mit dem Glauben: >durch Glauben< und >im Glauben<. Sie klingen im Deutschen sehr ähnlich, bedeuten aber nicht dasselbe. Wir werden vielmehr finden, dass der Geist Gottes nie eine Ausdrucksform wechselt, ohne einen Grund dafür zu haben.

Nachdem der heilige Schreiber in Vers l definiert hat, was unter >Glauben< zu verstehen ist, zeigt er im Rest des Kapitels zahlreiche Glaubenshelden und -heldinnen, die durch Glauben gelebt und gewirkt haben. Und so durchzieht dieser Ausdruck das ganze Kapitel wie ein goldener Faden: durch Glauben – durch Glauben – durch Glauben. Im Grundtext steht vor >Glauben< weder ein Artikel (Geschlechtswort) noch eine Präposition (Verhältniswort), sondern es wird einfach der Dativ (WEM-Fall) von >Glauben< benutzt. Auf diese Weise wird das charakteristische Instrument (Werkzeug) oder das Mittel beschrieben, mittels dessen diese Heiligen des Alten Testaments ihr Leben gelebt und die Widerstände ihrer Tage überwunden haben. Für sie war der Grundsatz des Glaubens wie ein Motor, der ihrem Leben Kraft zum Handeln und Dulden verlieh. Kennen auch wir diese göttliche „Antriebsquelle“?

Aber dann wird (von den Erzvätern) in Vers 13 fast überraschend gesagt, dass sie – nicht nur durch Glauben gelebt haben, sondern auch im Glauben gestorben sind. Hier haben wir die andere Konstruktion, mit >katd< als Präposition. >Katä< wird benutzt, um einen Standard oder einen Maßstab zu beschreiben, so dass sich als Ergebnis die Bedeutung >gemäß, entsprechend< ergibt: dem Glauben gemäß, entsprechend dem Glauben. Diese Konstruktion liegt außer in Vers 13 auch schon in Vers 7 vor: die Gerechtigkeit, die nach (oder: gemäß) dem Glauben ist. In diesem Sinn sagte der Herr Jesus zu den beiden Blinden: „Euch geschehe nach (entsprechend) eurem Glauben“ (Mt 9,29).

Wenn wir nun auf die Aussage über die Patriarchen zurückkommen „Diese alle sind im Glauben gestorben“, so könnten wir auch sagen: „Diese alle sind gemäß (entsprechend) dem Glauben gestorben.“ Und wie sah das in der Praxis aus? Sie sind gestorben, ohne die ihnen von Gott geschenkten Verheißungen in ihrem Leben erlangt zu haben. Sie sahen sie zwar von fern und „begrüßten“ sie, wie israelitische Pilger die heilige Stadt beim ersten Auftauchen ihrer Mauern und Türme bejubelt haben mögen, aber sie haben sie nicht erlangt. Wurden sie dadurch verunsichert? Keineswegs! Es entsprach vielmehr dem Glauben, wie er in Vers l definiert wurde, und war ganz in Harmonie, in Übereinstimmung damit, dass es ihnen genügte, die Herrlichkeit Gottes nur von fern zu sehen. Sie winkten ihr gleichsam zu, um dann hier in Frieden die Augen zu schließen.

Durch Glauben leben – im Glauben sterben! Durch beides wird Gott geehrt, und beides wird Er zu Seiner Zeit belohnen. ChB

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2000, Seite 63

Bibelstellen: Hebr 13

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