Das Ohr des vollkommenen Dieners

Vor einiger Zeit haben wir uns an dieser Stelle mit den Augen Gottes beschäftigt, die alle Dinge in göttlichem Licht sehen und beurteilen. Diesmal sollen einige Schriftstellen vorgestellt werden, die das Ohr Gottes zum Inhalt haben. Dabei tritt wieder der Herr Jesus selbst vor uns -diesmal aber nicht so sehr in Seiner göttlichen Natur, wie das bei der Betrachtung der Augen Gottes der Fall war, sondern vielmehr in Seinem Wesen als Mensch und Diener Gottes, der stets und in allem Gott gehorsam war. Der Herr Jesus ist ja beides, Gott und Mensch, in einer Person!

Eine notwendige Eigenschaft eines treuen Dieners ist der Gehorsam gegenüber seinem Herrn. Fleiß, Fähigkeit und alle Tugenden nützen nämlich nichts, wenn er sie nicht in Übereinstimmung mit seinem Herrn einsetzt. Das ist offensichtlich und an sich keiner besonderen Beachtung wert. Beim Herrn Jesus jedoch erstrahlt dieses Merkmal in einer außergewöhnlichen und anbetungswürdigen Schönheit und Vollkommenheit – gerade bei Ihm, der der ewige Gott selbst ist, der Gebieter und Schöpfer aller Dinge! Aber Er nahm freiwillig Knechtsgestalt an und kam nicht, um bedient zu werden, sondern um zu dienen. „Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,27). Sein vollkommener, auf der Liebe zu Seinem Gott und Vater gegründeter Gehorsam ließ Ihn diesen beispiellosen Weg als abhängigen Diener gehen.

Die heilige Schrift bezeugt an verschiedenen Stellen den Gehorsam dieses vollkommenen Knechtes Gottes. Dreimal jedoch geht sie in besonderer Weise darauf ein und spricht über das Ohr des gehorsamen Dieners. Jedes Mal wird dabei ein anderer Schwerpunkt auf diese wunderbare Wahrheit über unseren Herrn gelegt. Es ist besonders schön, diese drei Stellen des Alten Testaments nebeneinander zu stellen und auf Ihn anzuwenden:

„Ohren hast du mir bereitet“ (Ps 40,6).

– „Er weckt jeden Morgen, er weckt mir das Ohr, damit ich höre gleich solchen, die belehrt werden“ (Jes 50,4).

– „Und sein Herr soll ihm das Ohr mit einer Pfrieme durchbohren, und er soll ihm dienen auf ewig“ (2. Mo 21,6).

Betrachten wir nun einmal diese drei Verse der Reihe nach. Sie bezeugen den Gehorsam des Herrn Jesus als Knecht Gottes auf der Erde, anfangend von Seiner Menschwerdung bis hin zu Seinem Sterben am Kreuz.

Die Menschwerdung des vollkommenen Dieners

Die erste Stelle aus Psalm 40 zeigt, dass der Herr Jesus als Mensch geboren werden musste, um gehorsam sein zu können. Ihm wurden Ohren bereitet (oder gegraben); das bedeutet Er wurde Mensch und nahm damit „Knechtsgestalt“ an. In Hebräer 10,4 wird der Vers mit dem Wortlaut zitiert: „Einen Leib aber hast du mir bereitet.“ Damit wird noch deutlicher, dass es hier um den Beginn des Erdenlebens des Herrn geht. Er betrat diesen Weg der Niedrigkeit als Mensch in völliger Freiwilligkeit, um den Willen Gottes im Gehorsam ausführen zu können.

Das Leben des vollkommenen Dieners

Den nächsten Abschnitt im Leben des vollkommenen Dieners beschreibt die Stelle aus Jesaja 50. Der Herr Jesus, der als Mensch in Niedrigkeit auf die Erde kam, blieb auch in den Tagen Seines Fleisches stets Gott selbst, der „die Himmel in Schwarz kleidet und Sacktuch zu ihrer Decke macht“ (Jes 50,3). So lesen wir es im vorangehenden Vers aus Jesaja 50. Doch schon im folgenden Vers 4 wird Er als der abhängige Mensch beschrieben – als der Hörende. „Er weckt mir das Ohr, damit ich höre, gleich solchen, die belehrt werden.“ Wunderbar, wie hier Gottes Wort die Wesenszüge des Herrn als Gott und Mensch so eng zusammenstellt. Kein Mensch lebte je in solch einer vollkommenen Abhängigkeit zu Gott wie der Herr Jesus als gehorsamer Knecht, der immer („jeden Morgen“) bereit war, in Abhängigkeit auf Gott zu hören („er weckt mir das Ohr“).

Das Sterben des vollkommenen Dieners

Das durchbohrte Ohr des hebräischen Knechtes redet im Vorbild vom Tod des Herrn Jesus am Kreuz. Der hebräische Knecht wollte aus Liebe nicht frei ausgehen; so hat der Herr Jesus „die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben“ (Eph 5,25). Er diente und starb aus Liebe zu Seinem Gott und Vater und zu den Seinen. Sein Gehorsam war auch durch den Tod nicht zu bezwingen. Lieber wollte Er sterben, als Gott ungehorsam zu sein! Was für eine Liebe zu Gott und zu uns liegt doch diesem Gehorsam des Herrn Jesus zugrunde!

So hat also der Gehorsam des Herrn Sein ganzes Leben als Diener gekennzeichnet, anfangend von Seiner Menschwerdung bis hin zu Seinem Sterben auf Golgatha. In Verbindung mit Seiner Geburt als Mensch kam dieser Gehorsam insbesondere durch Seine Erniedrigung zum Ausdruck. Während Seines Lebens zeigte er sich in der steten Abhängigkeit zu Gott. Und in Seinem Sterben ist Sein Gehorsam besonders in der grenzenlosen Liebe zu Gott und uns erkennbar. Dies zeigen uns die drei angeführten Stellen.

Wenn wir dann noch bedenken, dass der Dienst des Herrn Jesus noch heute im Himmel fortbesteht, dadurch dass Er dort für uns tätig ist und sich für uns verwendet – dann bewundern wir noch mehr Seine Hingabe und Liebe, die diesen vollkommenen Diener im Gehorsam bis in den Tod führten.

M. Wö.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2005, Seite 278

Bibelstellen: Ps 40, 6; Jes 50, 4; 2Mo 21, 6

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