Dies ist das ewige Leben

Gerechtigkeit – Merkmal der Kinder Gottes

1. Johannes 2,28 – 3,10

(Fortsetzung von Seite 288)

Zweiter Gegensatz: Gerechtigkeit tun – Sünde tun

Der Apostel fährt in der Beschreibung der beiden Familien fort, und es scheint, dass er in den folgenden Versen den Höhepunkt seines Gegenstandes in diesem Teil seines Briefes erreicht.

„Kinder, dass euch niemand verführe! Wer die
Gerechtigkeit tut, ist gerecht, wie er gerecht ist“ (1. Joh 3,7).

Mit der liebevollen und doch ernsten Anrede „Kinder“ (gr. teknía) wendet er sich wieder an alle Glieder der göttlichen Familie. Er sieht die akute Gefahr ihrer Verführung, und zwar in einem ganz bestimmten Punkt. Wie wir dem Nachfolgenden und auch dem bereits Gesagten entnehmen können, ging sie von antichristlichen Verführern aus, die es mit der Sünde nicht ernst nahmen. Sie behaupteten zwar, geistliches Leben zu besitzen, leugneten jedoch die Notwendigkeit praktischer Heiligkeit. Ja, sie verstiegen sich zum Teil sogar zu der Anmaßung, keine Sünde zu haben (vgl. 1. Joh 1,8). Sie meinten, gerecht zu sein, ohne die Gerechtigkeit zu tun.

Ob es solche Menschen nicht auch heute gibt – Menschen, die sich über jede Befleckung erhaben dünken, solange sie nur fest davon überzeugt sind, dass das, was sie tun, gut und geistlich ist? Manche reden von einem „höheren Leben“, das sie der Möglichkeit des Sündigens enthebt. Wenn Christus alle Sünden weggenommen hat, warum dann überhaupt noch darüber reden?

Gerecht, wie Er gerecht ist

Nun, die Heilige Schrift zeigt uns hier wie an anderer Stelle einen wichtigen Grundsatz: dass das Verhalten einer Person das Ergebnis dessen ist, was eine Person ist. Und so wird mit Blick auf die Verführer mit ihren luftigen Theorien betont: „Wer die Gerechtigkeit tut (wörtlich: Der die Gerechtigkeit Tuende), ist gerecht, wie er gerecht ist.“ Mit anderen Worten: Nur der ist gerecht, der die Gerechtigkeit tut.

Was das Tun von Gerechtigkeit bedeutet, haben wir bereits in Verbindung mit dem 29. Vers von Kapitel 2 gesehen. Es ist die Beschreibung eines bleibenden, gewohnheitsmäßigen Zustands einer Person – eines Zustands, der die Folge davon ist, dass die Person die Natur Christi empfangen hat. Deswegen ist es für einen Gläubigen typisch und auch normal, dass er die Gerechtigkeit tut und die Wesenszüge Christi offenbart, weil Christus sein Leben ist.

In Kapitel 2,29 war das Tun von Gerechtigkeit der Beweis dafür, dass jemand aus Gott geboren ist. Hier belegt es, dass die betreffende Person gerecht ist. Es ist interessant, wie der Apostel Johannes die beiden Dinge zusammenbringt. Normalerweise ist ja die neue Geburt und die neue Natur mit ihren offenkundigen Folgen sein eigentliches Thema. Aber er weist auch auf die Rechtfertigung hin, wie an dieser Stelle: „gerecht, wie er gerecht ist.“ Während zuvor Gott als gerecht vorgestellt wird (Kap. 2,29), so bezieht es sich jetzt auf den Herrn Jesus. Jesus Christus ist „der Gerechte“ (Kap. 2,1), und wer mit Ihm in lebendiger Verbindung steht, was durch das Tun der Gerechtigkeit beglaubigt wird, ist in den Augen Gottes gerecht, wie Christus gerecht ist. Allezeit ruhte und ruht das Auge Gottes mit Wohlgefallen auf Seinem Sohn, dem Gerechten. Jetzt ruht es auch auf uns mit Wohlgefallen, weil Er unser Leben ist. Unendliche, beglückende Tatsache!

Aus dem Teufel

Aber jetzt kommt der große, fatale (verhängnisvolle) Gegensatz vor uns:

„Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an“ (1. Joh 3,8a).

„Wer die Sünde tut“ (wörtlich: Der die Sünde Tuende) beschreibt ebenfalls, wie auch schon in Vers 4, einen andauernden, charakteristischen Zustand des Menschen ohne Christus. Das ist typisch für ihn: Er sündigt – nicht als Einzeltat, sondern grundsätzlich, fortwährend. In sittlicher Hinsicht ist er damit „aus dem Teufel“; das heißt, er teilt seinen Charakter mit dem Teufel. Er ist nicht nur sündig, sondern ist „aus dem Teufel“ und hat ihn zum Führer, zum Gott. Nie wird der Mensch sich das eingestehen, und doch ist es so. Johannes sagt nicht: „… ist aus dem Teufel geboren“, denn das würde Leben in sich schließen. Alles aber, was vom Teufel kommt, ist nur Tod. Er ist der Vater (Joh 8,44) all derer, die „die Sünde tun“, und so sind sie tatsächlich „die Kinder des Teufels“ (1. Joh 3,10).

Denn das macht die Natur des Teufels aus: Er sündigt von Anfang an. Wir haben diese Wendung „von Anfang an“ schon öfter in diesem Brief vor uns gehabt, schon ganz zu Beginn (Kap. 1,1). Diese Formulierung wird von Johannes konstant benutzt, um die Offenbarung einer Person oder Sache zu zeigen, von der gesprochen wird, sie sei gut oder böse. Im Fall des Teufels wird damit der Zeitpunkt beschrieben, von dem an er nicht mehr zufrieden war, ein Engel Gottes zu sein. Von dieser Zeit an offenbart er sich in seinem Charakter als Teufel – dadurch, dass er (beständig, fortwährend) sündigt.

Der Mensch ohne Gott empfängt seine Sinnesart (Neigung) von dem Bösen. Dieser Gedanke ist gewiss erschreckend. Dennoch wird, wie soeben angedeutet, nicht gesagt, dass der Teufel seine Natur dem Menschen mitteilt. Das kann nur Gott tun, so dass Menschen „Teilhaber der göttlichen Natur“ werden können (2. Pet 1,4). Das ist der Grund, warum nicht gesagt wird: „… aus dem Teufel geboren.“ Der Teufel kann zwar einem Menschen eine Handlung aufdrängen, aber er kann nicht sich selbst mitteilen. Er ist nicht in irgendeiner Weise der Ursprung von irgendjemandes Existenz. Schon Augustin hat gesagt: „Der Teufel machte keinen Menschen, er zeugte keinen Menschen, er schuf keinen Menschen.“ Aber da er die Quelle des Bösen ist, steht der Mensch, der in der Sünde lebt, in einer unheilvollen geistlichen Verbindung mit ihm: Die Gewohnheit seines Lebens ist dieselbe, wie sie für den Teufel typisch ist. So ist der Teufel geistlicherweise sein Vater, und er gehört dessen Familie an. Diese „Vaterschaft“ ist total verschieden von der Vaterschaft Gottes, weil sie destruktiv (zerstörend) ist. Während Gott Neues – neues Leben, neue Menschen – schaffen kann, ist der Teufel nur die Quelle der Sünde. Und die, die ihm durch beständiges Sündigen folgen, sind „aus ihm“, sind in diesem Sinn seine „Kinder“. Erschreckender Gedanke!

Die Vernichtung der Werke des Teufels

Vor diesem dunklen Hintergrund erscheint uns die Fortsetzung unseres Verses in unserem Brief wie ein heller Lichtstrahl am Horizont:

„Hierzu ist der Sohn Gottes offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte“ (V. 8b).

Zum ersten Mal in diesem Brief wird hier der Herr Jesus mit Seinem vollen Titel als der „Sohn Gottes“ eingeführt. Bislang war von Ihm nur als dem „Sohn“ die Rede, wohl auch zur Abgrenzung von den Kindern Gottes. Aber um den Gegensatz zum Teufel umso deutlicher hervorzuheben, wird der volle Titel des Herrn gebraucht. Wenn der Teufel sich darin offenbart, dass er sündigt und andere zur Sünde verleitet, so ist der Sohn Gottes dazu offenbart worden, damit Er die Werke des Teufels vernichte. Er, der eine ewige Beziehung zu Gott hat und selbst ewig und Gott, der Sohn, ist, ging von dem Vater aus und kam in die Welt, um die Werke des Widersachers Gottes und der Menschen zu zerstören.

Diese Feststellung knüpft an das in Vers 5 Gesagte an, geht jedoch darüber hinaus. Er ist nicht nur offenbart worden, um unsere Sünden wegzunehmen, sondern auch um all das zu beseitigen, was der Feind an Bösem hervorgebracht hat. Dass diese Offenbarung nicht nur Sein Kommen in diese Welt, sondern auch Seinen Sühnungstod am Kreuz von Golgatha mit einschließt, hatten wir schon in Verbindung mit Vers 5 gesehen. Sein Tod ist die Grundlage dafür, dass Er die Werke des Teufels vernichtet. Diese „Vernichtung“ erstreckt sich durchaus auf die jetzige Zeit, auf die Gläubigen heute (V. 5). Er befreit Sein Volk von der Macht der Sünde und des Satans, damit sie in dieser Welt zum Preis Seiner Herrlichkeit leben können.

Doch ist das alles? Sicherlich nicht. Es ist mit dieser Vernichtung der Werke des Teufels so ähnlich wie mit dem Vergehen der Finsternis in Kapitel 2,8. Im Blick auf den Gläubigen sind die Werke des Teufels bereits zunichte gemacht. Wunderbare Gnade! Aber die Welt ist noch voll der Folgen des teuflischen Wirkens. Es wird eines neuen Himmels und einer neuen Erde bedürfen, um sie gänzlich zu beseitigen.

Indes spricht unser Vers nicht davon, dass einmal alle Menschen von den Folgen der Sünde befreit werden. Weder hier noch an anderen Stellen der Heiligen Schrift wird solch einem Gedanken Raum gegeben. Vielmehr unterstreicht hier der textliche Zusammenhang die Tatsache, dass der Mensch durch sein Verharren in der Sünde es ablehnen kann, aus den Ergebnissen des Werkes Christi für sich selbst Nutzen zu ziehen. Gerade die Hervorhebung dessen, dass es vor Gott zwei Familien gibt, ist ein Appell an das Gewissen jedes Einzelnen: Zu welcher Familie gehörst du? Das wird über dein ewiges Los entscheiden.

Lassen wir uns also auf keine Weise verführen! Zwischen den beiden Familien liegt eine Kluft – so weit wie die zwischen Himmel und Hölle. Es gibt zwar Betrüger, die behaupten, sie hätten sie überbrückt. Aber dies bleibt bestehen: Entweder gehören wir zur Familie der Kinder Gottes oder zur Familie des Teufels. Etwas dazwischen gibt es nicht.

(Wird fortgesetzt) Ch. Briem

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2008, Heft 10, Seite 314

Bibelstellen: 1Joh 3, 7.8