Gepfanzt an Wasserbäche

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Wie ein Baum

„Und er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles, was er tut, gelingt“ (V. 3).

Wo die zweifache Glückseligkeit, die negative (V. 1) und die positive (V. 2), verwirklicht wird, stellen sich ein kostbarer Charakter und ein gesegnetes Ergebnis ein.

Wie ein Baum würde der Mann sein, der seine Wurzeln im lebendigen Wasser hat. Der „Baum“ ist ein Bild von Lebenskraft, Schönheit und Fruchtbarkeit. Wir finden ihn auch in einer ähnlich lautenden Stelle im Propheten Jeremia: „Gesegnet ist der Mann, der auf den Herrn vertraut und dessen Vertrauen der Herr ist! Und er wird sein wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt und sich nicht fürchtet, wenn die Hitze kommt; und sein Laub ist grün, und im Jahr der Dürre ist er unbekümmert, und er hört nicht auf, Frucht zu tragen“ (Jer 17,7.8).

Der Gläubige, der seinen Weg in Gemeinschaft mit Gott geht, der seine Wurzeln im Bach der Gnade Gottes hat und durch das Wort mit Christus beschäftigt ist, bringt Frucht für Gott. Das ist das große Ziel Gottes mit den Seinen. Wenn der Herr Jesus von Sich als dem wahren Weinstock und von Seinen Jüngern als den Reben spricht, sagt Er schließlich: „Hierin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt“ (Joh 15,8).

Die Frucht wird in den verschiedenen Lebensumständen von unterschiedlicher Art sein. Heute mag Vertrauen und Ausharren gefragt sein, morgen Tatkraft und Aktivität. Stets aber wird es etwas sein, was den Vater verherrlicht. „Frucht zu seiner Zeit“ – wie gesegnet, wenn es uns in der Kraft des Heiligen Geistes geschenkt ist, die rechte Frucht zur rechten Zeit zu bringen.

Das grüne, nicht verwelkende „Blatt“ spricht vom Bekenntnis – von einem bleibenden Bekenntnis zu Christus. In Offenbarung 22 sehen wir in dem Baum des Lebens Christus selbst in der Zeit des Tausendjährigen Reiches. Und von diesem Baum wird gesagt, dass er „jeden Monat seine Frucht gibt; und die Blätter sind zur Heilung der Nationen“ (V. 2). Auch hier also verschiedenartige Frucht und außerdem Blätter – Frucht zum Genuss der himmlischen Heiligen in Herrlichkeit und die Blätter zum Heil der Nationen auf der Erde.

Nach dem Charakter des Gerechten („Baum“) wird uns nun noch gezeigt, was für ein Ergebnis aus allem für ihn hervorfließt: „Alles, was er tut, gelingt.“ Glückseliges Teil! War es nicht geradeso mit Joseph? „Und der Herr war mit Joseph, und er war ein Mann, dem alles gelang“ (1. Mo 39,2). Am Ende des Kapitels finden wir diesen Gedanken noch einmal: „Der Oberste des Gefängnisses sah nicht nach dem Geringsten, das unter seiner (Josephs) Hand war, weil der Herr mit ihm war; und was er tat, ließ der HERR gelingen“ (V. 23). Lasst uns nur danach trachten, dass der Herr mit uns ist! Dann wird Er auch uns Gelingen geben in allem.

Einmal wird auch ein gläubiger Überrest aus Israel die Wahrheit dieser Worte bestätigt finden. „Und dein Volk, sie alle werden Gerechte sein, werden das Land besitzen auf ewig, sie, ein Spross meiner Pflanzungen, ein Werk meiner Hände, zu meiner Verherrlichung“ (Jes 60,21).

Die Gottlosen

In den ersten beiden Versen haben wir vom Wandel des Gerechten gehört. Wie aber beurteilt Gott den Wandel der Gottlosen? Was sagt Er zu dem, wie sie sich verhalten? Knapp, sehr knapp ist die Antwort:

„Nicht so die Gottlosen“ (V. 4 a).

Zwei Wörter genügen dem Heiligen Geist, um den Lebenswandel der Gottlosen zu charakterisieren: „Nicht so.“ Es ist gleichsam die Antithesis (der Gegensatz) zu Vers 1 und 2.

Die Gottlosen sind in ihrem typischen Verhalten das vollständige Gegenteil der Gerechten. Anders als Letztere haben sie nicht Gott in ihren Gedanken, sondern folgen dem Rat der Menschen. Sie kennen nichts anderes. Ihr Weg ist mit Sünde befleckt, selbst wenn sie meinen, Gutes zu tun. Und in der Gemeinschaft mit Spöttern fühlen sie sich wohl. Das Wort Gottes bedeutet ihnen nichts, ja sie verwerfen es. So ist ihr Sinnen und Trachten nach unten gerichtet; alles Gebilde der Gedanken ihres Herzens ist nur böse den ganzen Tag (vgl. 1. Mo 6,5).

Wie Spreu

Was für ein Charakter leitet sich nun aus dem übereinstimmenden Wandel der Gottlosen ab? Die Weiterführung des Verses gibt darüber die erschütternde Auskunft:

„… sondern sie sind wie die Spreu, die der Wind dahintreibt“ (Vers 4 b).

Vernichtendes Urteil! „Wie die Spreu“ – völlig wertlos, leicht und windgetrieben. Es wird an das im Osten vertraute Bild einer Tenne gedacht, in der Getreide „geworfelt“, das heißt, in die Luft geworfen wird, um es von Unreinigkeiten, besonders der Spreu zu reinigen. Während die schweren Getreidekörner zu Boden fallen, treibt der starke Zugwind die leichte Spreu davon. – Die Menschen ohne Gott mögen sich mehr oder weniger als „Schwergewichte“ fühlen, in den Augen Gottes sind sie so leicht wie die Spreu. Was mit dieser „Spreu“ weiter geschieht, führt uns in erster Linie in die jüdische Szene; doch gilt es grundsätzlich für alle Menschen, die „los von Gott“ sind: Kommt einmal die Zeit der Abrechnung, wird der Wind des Gerichts Gottes sie aus dem Reich hinaustreiben.

Johannes der Täufer spricht davon, wenn er, auf den Herrn Jesus hinweisend, sagt: „… dessen Worfschaufel in seiner Hand ist, und er wird seine Tenne durch und durch reinigen und seinen Weizen in die Scheune sammeln, die Spreu aber wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer“ (Mt 3,12). Wenn der Tag des Sohnes des Menschen kommt, wird eine Trennung zwischen Gerechten und Gottlosen erfolgen. „In jener Nacht“, erklärt der Herr, „werden zwei auf einem Bett sein; der eine wird genommen und der andere gelassen
werden. Zwei Frauen werden zusammen mahlen, die eine wird genommen, die andere aber gelassen werden“ (Lk 17,34.35). Diejenigen, die „gelassen“ werden, sind die Gerechten. Sie werden in das Reich Gottes auf der Erde eingehen. Bei den anderen, die „genommen“ werden, handelt es sich um die Gottlosen. Sie werden aus dem Reich „hinausgeblasen“.

„Darum werden die Gottlosen nicht bestehen im Gericht, noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten“ (V. 5).

Auf den Weg der Gottlosen folgt als Ergebnis Gericht. Das ist grundsätzlich so und ist wahr von ungläubigen Juden wie von ungläubigen Christen. Nicht nur werden sie im Gericht selbst keinen Bestand haben, sondern sie werden auch in der Gemeinde der Gerechten, bei der sie sich bis dahin noch aufgehalten haben mögen, nicht bestehen können. Am Tag des Gerichts der Lebendigen wird der „König“ die „Schafe“ von den „Böcken“ scheiden. Sein Urteil über Letztere wird ein schreckliches, ihr Los ein furchtbares, ewiges sein: „Geht von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist … Und diese werden hingehen in
die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben“ (Mt 25,31-46).

Zwei Wege – zwei Endpunkte

„Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten; aber der Weg der Gottlosen wird vergehen“ (V. 6).

Zunächst eine Bemerkung zur interessanten Struktur oder Ausdrucksform dieses letzten Verses. Zwei Sätze stehen sich gegenüber, wobei jeder Satz auch die Ergänzung seines Gegensatzes in dem anderen Satz mit einschließt – eine Form hebräischer Poesie, der wir in den Psalmen öfter begegnen. Folgende Bedeutung ergibt sich: Der Herr kennt den Weg der Gerechten, der erhalten bleibt und bewahrt wird; ebenfalls kennt der Herr den Weg der Gottlosen, der aber vergehen wird.

Es ist ein großes Glück, zu wissen, dass der Herr den Weg der Seinen kennt, dass Er von jeder Einzelheit Kenntnis nimmt. Wie an anderer Stelle gesagt wird: „Der Herr kennt die Tage der Vollkommenen, und ihr Erbteil wird ewig sein“ (Ps 37,18). Dieser Weg wird sich nicht eines Tages in nichts auflösen. Vielmehr wird er für immer Bestand haben – insofern nämlich, als er uns zu einem ewigen, herrlichen Ziel führt.

Natürlich kennt der Herr auch den Weg der Gottlosen, ist Er doch der allwissende Gott, dem nichts entgeht, sei es gut oder böse. Doch dieser Weg wird vergehen, wie auch die Welt vergeht und ihre Lust (1. Joh 2,17). Es wird davon keine Substanz mehr vorhanden sein, nichts Greifbares, auf das man bauen könnte. Die Dinge, deren man sich rühmte und für die man lebte, sind nicht mehr da, haben sich verflüchtigt. Es bleibt von allem nichts übrig. Mit einem Wort, dieser Weg führt ins Leere, ins absolute Nichts. Das ist eine zutiefst bewegende Feststellung.

In der Tat, Gottes Wort zeigt uns zwei Wege – es gibt nur diese zwei: zwei Wege und zwei Endpunkte. Am Schluss der Bergpredigt greift der Herr Jesus diese ernste Wahrheit auf und bringt sie anhand einiger Bilder eindringlich vor das Herz der Menschen (Mt 7,13-27).

Da sind zwei Wege, ein breiter und ein schmaler. Viele bewegen sich auf dem ersten, den zweiten finden nur wenige. Die Endpunkte des einen wie des anderen sind total verschieden, so verschiedenartig wie die Wege selbst: Verderben – Leben.

Es gibt Menschen, die gleichen einem faulen Baum, der nur schlechte Früchte bringt. Auf ihrem Weg findet sich keine Frucht für Gott. Andere dagegen sind mit einem guten Baum mit guten Früchten vergleichbar. Nur von den Ersteren zeigt hier der Herr das Ende: Axt und Feuer.

Viele Menschen bekennen sich äußerlich zum Herrn, geben sogar vor, in Seinem Namen für Ihn tätig zu sein, aber sie haben keine innere Lebensverbindung mit Ihm. Im Gegensatz zu ihnen stehen solche Menschen, die sich nicht mit einem Lippenbekenntnis begnügen, sondern den Willen Seines Vaters tun, der in den Himmeln ist. Die Endpunkte? Die Gottesfürchtigen gehen ein in das Reich der Himmel. Die bloßen Bekenner schickt der Herr als Übeltäter von Sich fort. Er hatte nie eine Beziehung zu ihnen.

Und schließlich stellt der Herr den Weg des „klugen Mannes“ dem des „törichten Mannes“ gegenüber. Beide hören die Worte des Herrn, aber nur der Kluge tut sie auch. Beide bauen ein Haus. Man kann für „Haus“ auch Leben, Glück, Zukunft, Hoffnung, Sicherheit sagen. Der Kluge findet eine sichere Grundlage für sein Haus im Wort Gottes, das er nicht nur hört, sondern auch befolgt. Auf dieses Wort des Herrn stützt er sich im Glauben. Die Torheit des anderen zeigt sich darin, dass er sich nicht um eine geeignete Grundlage für sein Haus kümmert. Kann es eine größere Torheit geben, als sein „Haus“, sein ganzes Leben, sein Wohl und Wehe in den Sand zu setzen?

Auch hier können die Folgen, die Endpunkte beider Wege, unterschiedlicher nicht sein. Das „Haus“ des klugen Mannes wird trotz Platzregen, Strömen und stürmischen Winden Bestand haben. Jeder, der das Wort des Herrn Jesus gehört und Dem geglaubt hat, der Ihn gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht (Joh 5,24). Gewiss, der Sturm des Gerichts wird an jenem Haus rütteln, aber es wird nicht fallen. Insofern hat jeder gläubige Christ „Freimütigkeit an dem Tag des Gerichts“ (1. Joh 4,17). Wohl dem, der in seinem Leben auf das Wort des Herrn vertraut hat! Denn so wie dieses Wort in Ewigkeit bleibt (1. Pet 1,25), so bleibt auch der in Ewigkeit, der diesem Wort vertraut und den Willen Gottes tut (1. Joh 2,17).

Die Folgen für das Tun des törichten Mannes sind tragisch. Nicht nur gehen mit seinem Tod alle seine Pläne zugrunde (Ps 146,4), sondern es gibt auch noch ein Danach: „… danach aber das Gericht“ (Heb 9,27). Das sind dann die Ströme, die kommen, und die Winde, die an jenes Haus stoßen werden. Es wird ihnen nicht standhalten können, sondern fallen. Und der Herr fügt die erschütternden Worte hinzu: „Und sein Fall war groß.“ Wie schrecklich, einmal bekennen zu müssen: „Meine Tage sind vorüber, zerrissen sind meine Pläne, das Eigentum meines Herzens“ (Hiob 17,11)! „Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen“ (Off 20,15). Was für ein Fallen jenes Hauses, das einst trotz allem persönlichen Einsatz nur auf den Sand gebaut war!

Zwei Wege – zwei Endpunkte! Welchen Weg hat der Leser gewählt?

Ch. Briem

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2012, Heft 7, Seite 216

Bibelstellen: Ps 1,3.4