Nachhaltiger Dienst

Der herrschende Zeitgeist hat Christen immer schon mehr oder weniger beeinflusst. In den Tagen der ersten Christen sehen wir dies bei den Korinthern. Sie wohnten in einer Stadt, die für ihre Üppigkeit, ihren Reichtum und für ihre Zügellosigkeit bekannt war. Schon bald tauchten diese Sünden auch wieder unter ihnen auf (vgl. 1. Kor 4,8; 5,1). Eines der hervorstechendsten Merkmale heutzutage ist die allgemeine Oberflächlichkeit. Auch fehlt es an jener Vollmacht und an jenem ernsthaften Vorsatz, die aus tiefer Überzeugung kommen. Und nirgends sind diese traurigen Kennzeichen so schädlich wie in der Versammlung Gottes.

Wir werden wahrscheinlich nicht deshalb versagen, ein Zeugnis für Gott zu sein, weil wir zu wenig wissen, sondern eher deshalb, weil wir, obwohl wir viel wissen, von unserem Wissen nicht völlig ergriffen sind und demzufolge unsere Empfindungen schwach sind. Wir ähneln eher einem breiten, flachen See als einem zwar schmalen, jedoch tiefen Brunnen. Doch nur ein Mann mit Tiefgang und Überzeugung ist nützlich im Dienst für Gott.

Esra war ein Mann, der seine Zeitgenossen stark beeinflusste. Im kläglichen Überrest Israels, der aus Babylon zurückkehrte, zeigte sich Versagen und Gesetzesübertretung, und die alte Sünde, nämlich ihre Vermischung mit den Einwohnern des Landes, drohte sie erneut zu verderben. Sie befanden sich wirklich in einer schwierigen Lage. Esra rief nun keinen Ausschuss zusammen; er brachte keine ausgeklügelten Pläne vor, die diesen Missstand beheben sollten; nein, er hatte göttliche Empfindungen über diese sündigen Dinge und war damit beschäftigt, wie sehr sie Gott schmerzen mussten. So tief war sein Empfinden, dass er seine Kleider zerriss, sich die Haare ausraufte und betäubt dasaß. Und als er das volle Ausmaß dieser Dinge erkannt hatte, fiel er auf seine Knie und legte ein bemerkenswertes Bekenntnis ab: Mein Gott, ich schäme mich und scheue mich, mein Angesicht zu dir, mein Gott, zu erheben!“ (Esra 9,3-6). Mit Esra wurden auch andere aus dem Volk erschüttert (Esra 9,4).

Und als Gott in Esra noch tiefere Buße und ein Bekenntnis bewirkt hatte, strahlte Seine Kraft so aus Esra hervor, dass „sich zu ihm aus Israel eine sehr große Versammlung von Männern und Frauen und Kindern [versammelte]; denn das Volk weinte sehr“ (Esra 10,1). Eine nationale Reinigung war die Folge: Sie reinigten sich von ihren falschen Verbindungen, und darum breitete sich die Sünde der Vermischung nicht weiter aus.

Es besteht ein großer Gegensatz zwischen den lauten und erfolglosen Bemühungen des Menschen und der ruhigen Schlichtheit und Gnade einer vom Himmel gesandten Bewegung! Und diese Bewegung wird durch einen Mann ausgelöst, der göttliche Empfindungen hat.

Bei Jona sehen wir dasselbe. Er war einer der erfolgreichsten Prediger des Altertums. Obwohl er zu einem Volk großer Bosheit sprach und eine Gerichtsbotschaft (die stets unbeliebt ist) verkündete, brachten seine schlichten Worte erstaunliche Ergebnisse: Bis auf den letzten Mann suchten die Einwohner von Ninive das Angesicht Gottes und kehrten von ihren bösen Wegen um (Jona 3,5-9).

„Noch vierzig Tage, dann wird Ninive umgekehrt!“, rief Jona. Warum hatte die Botschaft solch eine außergewöhnliche Kraft? Kam das nicht daher, weil Jona seinen Auftrag ausführte als jemand, der gerade selbst seine eigene „Umkehrung“ erfahren hatte? Jona hatte durch Erfahrung gelernt, was es bedeutete, von Gott „umgekehrt“ zu werden. Als im Bauch des Fisches alle Wogen und Wellen Gottes über ihn hinweggingen, muss sich dieses qualvolle Erlebnis unauslöschlich in seine Seele eingebrannt haben. Als daher dieser Mann Umkehr predigte, lag in seinen Worten eine Kraft, eine Schärfe, eine Dringlichkeit, die man sonst nicht kennt.

Es wäre besser für uns, eine einzige Lektion in der Schule Gottes wirklich zu lernen, als dass wir uns mit vielem nur oberflächlich beschäftigen.

F. B. Hole

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2014, Heft 12, Seite 353

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