Wasser zu Wein – wie Jesus seine Herrlichkeit offenbarte

Johannes 2,1-11

Dieser Abschnitt beschreibt den Anfang der Wunder – oder Zeichen, wie sie im Johannes-Evangelium genannt werden -, die der Herr Jesus in Kana in Galiläa wirkte. Durch dieses Zeichen offenbarte Er „seine Herrlichkeit“, eine wahrhaft göttliche Herrlichkeit. Der Anlass zu diesem Zeichen war ein Hochzeitsfest, zu dem Er und auch Seine Jünger eingeladen waren. Seine Mutter war ebenfalls anwesend.

Wie lehrreich ist die Gnade, die mit diesem Zeichen in Liebe und Heiligkeit eine Einrichtung beleuchtet, die Gott im Paradies eingesetzt hat, die aber durch den Sündenfall zu Leichtfertigkeit und Zügellosigkeit herabgewürdigt werden kann: die Ehe! Auch das Gesetz scheiterte daran, den ursprünglichen Zustand wieder herbeizuführen. Der Herr allein verteidigt die Ehe entsprechend den Gedanken Gottes, die Er vor der Einsetzung des Gesetzes geäußert hat (1. Mo 2; Mt 19).

Für diejenigen, die Maria vergöttern, ist das Verhalten des Herrn ihr gegenüber schwer zu verstehen. Es ist zum bleibenden Nutzen aufgeschrieben worden, dass Seine Mutter zu Ihm sagte: „Sie haben keinen Wein“, als es an Wein mangelte, und dass Er darauf antwortete: „Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Joh 2,3.4). Wer meint, aus diesen Worten spräche Respektlosigkeit, irrt; solche Menschen verstehen nicht, dass der Sohn Gottes mit allem Ernst einer Bevormundung widersprach, als es um die Herrlichkeit Gottes ging.

Er wurde gesandt, um den Willen Gottes, Seines Vaters, zu tun, und nicht, um Seiner Mutter zu gefallen, die in freundlicher Fürsorge einer Familie, die sie offenbar gut kannte, in ihrer misslichen Lage helfen wollte. Christus hatte schon als Jugendlicher von zwölf Jahren Joseph und Maria, die voller Unruhe nach Ihm gesucht hatten, bezeugt, dass Er Sich Seiner Sohnschaft im höchsten Sinn bewusst war (Lk 2,49). Jetzt, zu Beginn Seines öffentlichen Wirkens, verweist Er Maria, die nun offenbar allein zurückgeblieben war, in die Schranken. Nicht einmal Seine Mutter darf mit einem Wunsch – auch wenn er noch so gut gemeint war – die Verherrlichung Seines Vaters verhindern.

Maria verstand das und sagte deshalb zu den Dienern: „Was irgend er euch sagen mag, tut“ (V. 5)! Sie war nur die bescheidene Dienerin des Herrn, während Menschen sie in gotteslästerlicher Weise zur Himmelskönigin machen wollen und ihr fälschlicherweise die Ehre zusprechen, die dem ewigen Sohn gebührt. Ihn, nicht sie, sollen wir vor allem hören. So sagte es auch die Stimme des Vaters auf dem heiligen Berg: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört“ (Mt 17,5). Kein Gedanke der gefallenen Natur ist unwürdiger, als an der Gnade Dessen zu zweifeln, in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnt, oder sich vorzustellen, dass Er, der einzige Mittler, Marias Vermittlung bedurft hätte, damit Seine Liebe angeregt oder gestärkt würde. Er ist Selbst voller Gnade und Wahrheit; und Er ist auch in der Lage, diejenigen völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, „indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Heb 7,25). Im Gegensatz dazu ist Maria weder in der Lage zu erretten noch für andere einzutreten, und weil sie, wie andere Menschen auch, ein Sünder war, musste sie für sich selbst bitten, um durch Glauben errettet zu werden. Deshalb lesen wir bei ihrer letzten Erwähnung in der Heiligen Schrift in Apostelgeschichte 1,14: „Diese alle [die Apostel] verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.“ Was für ein Gegensatz zu dem, was die Kirche in so kurzer Zeit aus Maria gemacht hat! Wie schnell wandten sich die Menschen von Dem ab, der sie in der Gnade Christi gerufen hatte, und hin zu einem anderen Evangelium, das kein anderes ist, sondern Verdrehung!

Nach der Heiligen Schrift hat derjenige, der Sein Wort hört und Dem glaubt, der Ihn gesandt hat, ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen (Joh 5,24). Und dieses Leben ist ein Leben des Gehorsams und der Liebe, wie es
1. Johannes 5,12 deutlich zeigt: „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.“ Jemand, der „dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm“ (Joh 3,36). Praktischer Gehorsam kommt aus der Unterordnung unter Seine Person hervor und beweist, dass jemand sich im Glauben dem Herrn wirklich unterworfen hat.

Noch war Seine Stunde, dass Er in die tiefsten Tiefen hinabsteigen sollte, um Gott zu verherrlichen, nicht gekommen, und noch weniger die Stunde, dass Er zur Rechten Gottes erhöht würde, wenn Ihm alles unterworfen sein wird. Er war hier, um in aller Abhängigkeit ein Zeugnis zu geben, wie es Seinem Vater gefiel. Und ein würdiges Zeugnis folgte.

Es waren nach der Reinigungssitte der Juden sechs steinerne Wasserkrüge aufgestellt worden, von denen jeder zwei oder drei Maß fasste (wahrscheinlich das jüdische Bat, ca. 39,3 Liter). Christus sagte nun: „Füllt die Wasserkrüge mit Wasser!“ (V. 7). Als die Diener die Krüge bis zum Rand gefüllt hatten, forderte Er sie auf: „Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister!“ (V. 8). So wurden die Diener, der Speisemeister und auch der Bräutigam unwiderlegbare Zeugen des Werkes, das Christus gewirkt hatte. Der Bräutigam hatte außerdem etwas Beachtenswertes getan, indem dass er völlig gegen die damalige Gewohnheit handelte: Anstatt den schlechten Wein auszuschenken, wenn die Gäste schon reichlich getrunken hatten, hatte er bis zuletzt den guten Wein aufbewahrt.

Doch es war nicht der erste Mensch, der so Gnade offenbarte, sondern der zweite Mensch, Christus. Er offenbarte Seine Herrlichkeit – legte aber nie Seinen Charakter als Diener ab, den Er angenommen hatte. So weigerte Er sich immer, sowohl den Honig der menschlichen Liebenswürdigkeit als auch den Sauerteig zuzulassen. So wie Er Nathanael Seine Allwissenheit bewiesen hatte, so bewies Er hier Seine Allmacht. Das Wasser wurde zu Wein, und zwar zu gutem Wein, wie alle sehen und schmecken konnten und sich vor der Offenbarung Seiner Herrlichkeit zu beugen hatten. Ihn abzulehnen, ist nur zur Schande und zum Verderben der Menschen, die starrköpfig sind und Gott oder Seinen Sohn unter keinen Umständen haben wollen – auch wenn die göttliche Herrlichkeit ihren Glanz in einem menschlichen Körper zeigt und in tiefer Gnade auf alle unsere Bedürfnisse mit unwiderstehlicher Macht eingeht. So ist der Herr Jesus. Und Er spricht immer noch durch das Evangelium zu jedem Menschen. Lehne Ihn, der aus dem Himmel spricht, nicht ab!

Der Apostel sagt: „Das Wort ist dir nahe, in deinem Mund und in deinem Herzen; das ist das Wort des Glaubens, das wir predigen, dass, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst“ (Röm 10,8.9). Es ist zwar kein sichtbares Wunder, wenn jemand durch Glauben von der Verdammnis gerettet wird, aber es ist ein größeres Wunder, als Wasser zu Wein zu machen. Es ist das Wunder der Gnade und zugleich das Wunder der göttlichen Gerechtigkeit durch die Erlösung. Und es ist ein Wunder, das Gott Tag für Tag an allen, die glauben, zur Ehre Seines Sohnes zeigt. Weise Den nicht zurück, der redet und dir auf dieser Erde nahe ist – den Sohn des Menschen, der jetzt in der Herrlichkeit ist, der kam, um zu suchen und zu erretten, was verloren ist: Jesus. Er ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Glückselig sind alle, die Ihm vertrauen.

W. Kelly

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2014, Heft 5, Seite 151

Bibelstellen: Jo 2,1-11