Ermutigung

Die Ressourcen des Gerechten

„Was ist die Hoffnung des Ruchlosen, wenn Gott abschneidet, wenn er seine Seele herauszieht? Wird Gott sein Schreien hören, wenn Bedrängnis über ihn kommt? Oder wird er sich an dem Allmächtigen ergötzen, Gott anrufen zu aller Zeit?“ (Hiob 27,8-10)

Seine Freunde werfen Hiob wiederholt vor, wie ein Gottloser zu denken und zu reden. Hiob weist diese Anschuldigungen jedoch entschieden zurück. Er kann kein Gottloser sein, denn er kennt vier herrliche Segnungen, die dem Ruchlosen völlig fremd sind:

• Er hat eine Hoffnung angesichts des Todes.

• Er schreit zu Gott in der Bedrängnis.

• Er ergötzt sich an dem Allmächtigen.

• Er betet ständig zu Gott.

Hoffnung angesichts des Todes

Der Gottlose hat keine Hoffnung, die über den Tod hinausgeht. Wenn die Zeit gekommen ist, dass Gott seinen „Lebensfaden“ abschneidet[1], wird seine Hoffnungslosigkeit offenbar. Sein gesamter Lebensinhalt wird vernichtet. Und er hat nichts Gutes zu erwarten, wenn Gott die Seele aus seinem Körper herauszieht.

Anders sieht es bei dem Gerechten aus. Er hat im Tod eine Zuflucht (Spr 14,32). Er weiß, dass er Gott in Auferstehung begegnen wird (Hiob 19,25-27). Da wir Christen die volle Offenbarung Gottes kennen, ist die Hoffnung auf die Auferstehung noch viel klarer als zur Zeit des Alten Testaments. Gerade im Angesicht des finsteren Todes darf sie hell hervorstrahlen.

Schreien zu Gott in Bedrängnis

Wenn der Gottlose in Schwierigkeiten gerät, kann er nicht damit rechnen, dass Gott ihn erhört, da ihm die lebendige Beziehung zum Allmächtigen fehlt. In Jeremia 11,11 wird das eindrucksvoll beschrieben: „Darum, so spricht der HERR: Siehe, ich bringe über sie ein Unglück, dem sie nicht werden entgehen können; und sie werden zu mir schreien, aber ich werde nicht auf sie hören.“

Der Gerechte erlebt etwas anderes: „In meiner Bedrängnis rief ich zum HERRN, und ich schrie zu meinem Gott; er hörte aus seinem Tempel meine Stimme, und mein Schreien vor ihm kam an seine Ohren“ (Ps 18,7). Diese Erfahrung hat Hiob in seinem langen Leben zweifellos auch gemacht, obgleich der Himmel ihm augenblicklich verschlossen schien und sein Schreien scheinbar verhallte (vgl. Hiob 30,20). Doch bald würde Gott sein Schweigen brechen und ihn mit einem ungeahnten Segen überschütten. Hiobs Schreien nach Antwort, Hilfe und Barmherzigkeit blieb nicht unerhört.

Tiefe Freude an Gott

Der Gottlose kennt zwar den zeitlichen Genuss der Sünde, doch diese Freude ist meist nur von kurzer Dauer und wird rasch von den bitteren Folgen der Sünde abgelöst. Wie oberflächlich und armselig ist so ein Leben! Zophar hat zu Recht festgestellt, dass der Jubel der Gottlosen kurz ist und die Freude der Ruchlosen schnell vorübergeht (vgl. Hiob 20,4.5).

Doch der Gerechte kennt die Quelle echter Freude: das Ergötzen an dem Allmächtigen. „Ergötzen“ beschreibt eine tiefe Freude in der Gemeinschaft mit Gott. Eliphas stellte Hiob diese Freude mit folgenden Worten vor: „Und lege das Golderz in den Staub und das Gold von Ophir unter den Kies der Bäche, so wird der Allmächtige dein Golderz und dein glänzendes Silber sein. Denn dann wirst du dich an dem Allmächtigen ergötzen und zu Gott dein Angesicht erheben. Du wirst zu ihm beten, und er wird dich erhören; und deine Gelübde wirst du bezahlen“ (Hiob 22,24-27). Paulus lebte in dieser Freude, die selbst durch Gefängnismauern nicht erdrückt werden konnte. Er schrieb darum: „Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!“ (Phil 4,4).

Ständig zu Gott beten

Der Gottlose findet keinen Zugang zu Gott im Gebet, weil ihm das Vertrauen fehlt. So versucht er stets – in Freude und Not, in Schwäche und Bedürftigkeit -, das Leben selbst zu meistern. Er kennt weder göttliche Wegweisung noch himmlischen Trost und muss darum scheitern.

Was auch geschieht, der Gerechte weiß, wohin er sich wenden kann. So betete Hiob in seinen Klagen immer und immer wieder zu Gott. Und der Apostel Paulus mahnt uns, dass wir zu aller Zeit mit allem Gebet und Flehen im Heiligen Geist beten sollen, wachend und anhaltend (Eph 6,18). Was für eine Gnade ist es, dass der Himmel uns jederzeit offensteht!

Die Ressourcen der Gerechten

Inmitten seines Leidens wird Hiob sich wieder bewusst, wie viel innere Kraft, Hoffnung und Freude er aus seiner Beziehung zu Gott schöpfen kann. Das mag durch den enormen Leidensdruck noch verdunkelt sein, aber es ist gut, dass er sich an seine Ressourcen erinnert.

Auch wir sollten – insbesondere, wenn unser Lebensweg schwierig wird – daran denken, wie reich wir durch die Gemeinschaft mit Gott beschenkt sind. Wir haben eine stabile Hoffnung, einen ewigen Trost, eine tiefe Freude und die Gewissheit, dass Gott alle unsere Gebete hört. Gibt uns das nicht neuen Mut?



Fußnoten:

  1. Das ist das Bild eines Webers, der die Fäden abschneidet, mit denen das Gewebe am Webstuhl festgehalten wird (Jes 38,12). Das macht der Weber dann, wenn seine Arbeit beendet ist.

Gerrid Setzer

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2025, Heft 11, Seite 11

Bibelstellen: Hiob 19,25-27; 27,8-10; Sprüche 14,32; Jeremia 11,11; Psalm 18,7; Jesaja 38,12; u. a.;

Stichwörter: Freude, Gerechte, Hiob, Hoffnung