Christus der Bräutigam

(Hld 5,10-16)

Es ist wohl unmöglich, die volle Bedeutung jedes einzelnen in der Heiligen Schrift gebrauchten Symbols ganz zu verstehen. Dennoch ist es sehr wichtig, den so vielfältigen Gebrauch der Symbole in der Heiligen Schrift überhaupt zu erkennen. Es gibt verschiedene Symbolgruppen, z.B. eine Zahlen-, Farben-, Material-, Geschöpf- und Organ-Symbolik. Ohne ein gewisses Verständnis über die Bedeutung der Symbole in der Heiligen Schrift bleiben uns manche Teile des Wortes Gottes verschlossen. Das ist nicht nur der Fall in bezug auf viele Abschnitte des Alten Testamentes, sondern auch des Neuen Testamentes. So ist z.B. das Buch der Offenbarung ein Buch voller Symbole.

Wenn Gott sich in Seinem Wort auf so vielfältige wunderbare Weise der Symbole als Wahrzeichen und Sinnbilder bedient, sollten wir diese mit großer Ehrerbietung betrachten und dabei bedenken, daß Gott uns dadurch Seine Gedanken verständlicher machen will.

Auch das Hohelied, aus dem wir nun einen kurzen Abschnitt betrachten möchten, ist ein kurzes, wunderbares Buch, in dem sehr viele Symbole gebraucht werden. In Hohelied 5,10-16 beschreibt die irdische Braut, das ist der jüdische Überrest zukünftiger Tage, den Herrn Jesus als Messias und König in Seiner Schönheit und Herrlichkeit. Sie wendet sich nicht an Ihn selbst, sondern beschreibt ihren Geliebten den Töchtern Jerusalems. Diese prophetische und symbolische Beschreibung des Herrn Jesus als Messias und König Israels möchten wir mit der größten Ehrerbietung ein wenig näher betrachten.

„Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden“ (Vers 10). Hier finden wir gleich zwei Farben und ein Zahlensymbol. Die Farbe „weiß“ spricht als Symbol von der vollkommen fleckenlosen Reinheit, Heiligkeit und praktischen Gerechtigkeit des Herrn Jesus, wie dieses auch schon in Seinem Leben der Erniedrigung als Mensch auf dieser Erde gesehen worden ist. „Rot“ kann sowohl purpur- als karmesinrot sein und hat deshalb zwei unterschiedliche Bedeutungen, denn es spricht sowohl von der königlichen Herrschaft des Herrn Jesus über Israel im Tausendjährigen Reich als auch von der Entfaltung Seiner Herrlichkeit in dieser Welt; besonders aber weist die rote Farbe auf Sein vergossenes Blut hin. Die Zahl „Zehntausend“ wird oft im Vergleich oder in der Multiplikation mit anderen Zahlen – manchmal sogar mit sich selbst – gebraucht, um etwas außergewöhnlich Großes, Erhabenes herauszustellen.

„Sein Haupt ist gediegenes, feines Gold, seine Locken sind herabwallend, schwarz wie der Rabe“ (Vers 11). Hier beginnt die eigentliche Beschreibung Seiner Person, denn das, was vorher von Ihm gesagt wurde, kann als eine Überschrift dieser Beschreibung betrachtet werden. Auffallend ist, daß der Herr Jesus in der Heiligen Schrift, wie hier oder in Offenbarung 1,17, beginnend mit dem Haupt, von oben nach unten beschrieben wird, wohingegen dies z.B. bei Absalom von unten nach oben geschieht, von dem es heißt: „Und in ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm“ (2. Sam 14,25). Das Haupt spricht von Oberhoheit und Gold von göttlicher Herrlichkeit, aber feines gediegenes Gold, wie es hier genannt wird, spricht von der Gottheit an und für sich, während das Haar auf Unterwürfigkeit und die schwarze Farbe des Haares auf jugendliche Frische hindeutet.

In Vers 12 heißt es: „Seine Augen wie Tauben an Wasserbächen, badend in Milch, eingefaßte Steine.“ Die Augen sprechen von Einsicht, Tauben von der Einfalt in positivem Sinn (Mt 6,22; 10,16), Wasserbäche von Klarheit, Milch von Unverfälschtheit (1. Pet 2,2), eingefaßte Steine – es sind wohl Edelsteine – von der Widerspiegelung göttlicher Herrlichkeit (1. Kor 3,12; Off 21,11).

„Seine Wangen wie Beete von Würzkraut, Anhöhen von duftenden Pflanzen; seine Lippen Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe“ (Vers 13). Wangen prägen den Ausdruck des Angesichts, und Würzkraut und duftende Pflanzen sprechen von der Lieblichkeit dieses Angesichts, Lippen wie Lilien wohl von der Schönheit der mit ihnen gesprochenen Worte, während Myrrhe ein bekanntes Symbol für Leiden ist, und von selbst ausgeflossene Myrrhe sogar von der Freiwilligkeit spricht, mit der Christus diese Leiden erduldet hat.

„Seine Hände goldene Rollen, mit Topasen besetzt; sein Leib ein Kunstwerk von Elfenbein, bedeckt mit Saphiren“ (Vers 14). Die Hände sprechen von Seinem Tun, das Gold davon, daß Er alles in göttlicher Gerechtigkeit getan hat, und die goldgelben, sonnenlichtähnlichen morgenländischen Topasedelsteine zeugen von der zukünftigen glorreichen Entfaltung dieser Gerechtigkeit und ihrer strahlenden Herrlichkeit wie die Sonne. Das weiße Elfenbein weist vielleicht darauf hin, daß der Herr Jesus Seinen heiligen, reinen Leib in den Tod geben mußte, denn Elfenbein kann man nur von einem getöteten Tier erhalten. Die Saphiredelsteine in ihrer himmelblauen Farbe deuten darauf hin, daß der Herr Jesus der Himmlische ist.

„Seine Schenkel Säulen von weißem Marmor, gegründet auf Untersätze von feinem Golde; seine Gestalt wie der Libanon, auserlesen wie die Zedern“ (Vers 15). In den Schenkeln dürfen wir ein Bild der Kraft im Wandel sehen und der weiße Marmor spricht von der Reinheit und Beständigkeit dieses Wandels, während dies alles gegründet ist auf Untersätze von feinem Gold, von dessen Bedeutung wir schon gesprochen haben. „In seiner Gestalt wie der Libanon“ läßt uns wohl an die Majestät und Pracht und die auserlesene Zeder an die große Erhabenheit des Herrn Jesus denken.

„Sein Gaumen ist lauter Süßigkeit, und alles an ihm ist lieblich“ (Vers 16). Bei dem Gaumen ist (nach einer in der Anmerkung hierzu gemachten Erklärung, in der auf Kapitel 4,11 verwiesen wird) mehr an die Worte Seiner Zunge gleich Honig und Milch als köstliche Nahrung zu denken. „Und alles an ihm ist lieblich“ ist das zusammenfassende Resultat dieser liebevollen Beschreibung des Herrn Jesus als Messias durch Seine irdische Braut, den Überrest Israels. So kann sie am Schluß ganz überwältigt von Seiner Schönheit sagen: „… das ist mein Geliebter, und das mein Freund, ihr Töchter Jerusalems.“

Möchten auch uns die erhabene Person des Herrn Jesus, Sein vollbrachtes großes Werk und dessen gesegnete Ergebnisse immer größer und kostbarer werden.

A. D. R.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1989, Seite 371

Bibelstellen: Hld 5, 10-16