Gerechtigkeit und Frieden

Gedanken zu Psalm 85

Hier sehen wir die jüdischen Auserwählten, die voller Vorfreude über den Segen jubeln, der über ihr Land und Volk kommen wird. Sie geben so am Tag der Drangsal ihrem innigen Wunsch Ausdruck, in der vollen Gewissheit, dass er in Güte erfüllt werden wird.

Sie erkennen hier das große Ergebnis dieser Güte: „Wahrheit wird sprossen aus der Erde, und Gerechtigkeit herniederschauen vom Himmel“ (Ps 85,12). So gibt der Herr seinen Segen und das Land bringt seinen Ertrag. Außerdem hat es den Anschein, dass sie verstehen, auf welcher Grundlage das Königreich eingeführt werden wird. Wir wissen, dass es dieselbe Grundlage ist, durch die wir selbst als arme Menschen aus den Nationen jetzt gesegnet werden (Röm 11,31). Es ist durch das Kreuz Christi, wo sich in der Tat Güte und Wahrheit begegnet sind und sich Gerechtigkeit und Frieden geküsst haben (vgl. Röm 3,26).

Denn es ist „Wahrheit“, die den Tod forderte (1. Mo 2,17), und „Güte“, die sich mit nichts anderem als Leben und Segen zufriedengibt. Der Tod wurde der Wahrheit entsprechend erduldet und dem Sünder wird Leben und Freiheit der Güte entsprechend gewährt. Außerdem küsst „Gerechtigkeit“ den „Frieden“ und „Frieden“ küsst die „Gerechtigkeit“. Anstatt die Gegenwart des anderen nicht ausstehen zu können, begrüßen sie einander. Das ist möglich, weil der Gerechtigkeit mehr als Genüge dadurch getan worden ist, dass der, der Frieden herbeiführt, sich am Kreuz geopfert hat. Der Friede ist vollständig zufrieden, weil er sich dem Sünder auf einer Basis anbieten kann, die der Gerechtigkeit ganz entspricht und sie vollständig erfüllt hat. Diese Herrlichkeiten werden einmal in beständiger Schönheit im Reich hervorstrahlen, das durch das großartige Kreuz eingeführt wird. Überall dort, wo vorher alles im Streit gegeneinander war, herrscht dann völlige Harmonie.

Im Gegensatz zu „Wahrheit“, die aus der Erde sprossen wird, und „Gerechtigkeit“, die vom Himmel herniederschauen wird, herrscht allerdings in unserer heutigen Haushaltung Rebellion und Sünde vor – wobei Gnade von oben herabstrahlt.