Gott / Jesus Christus

Die Herrlichkeit Christi in Johannes 17

Fortsetzung von Heft 07, Seite 22

1. Seine Herrlichkeit als Mensch, die wir sehen werden (V. 24).

In Vers 24 spricht der Herr zum letzten Mal in diesem Kapitel von einer Herrlichkeit, die Er empfängt: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.“

Der Sohn beschäftigt sich in Liebe und Fürsorge mit denen, die der Vater Ihm gegeben hat. Jetzt geht es jedoch nicht mehr um ihre Stellung in der feindlichen Welt, sondern um ihren Platz im Vaterhaus. Seinen Jüngern hat Er schon vorher, am Anfang Seiner Reden im Obersaal, gesagt: „Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet“ (Joh 14,3). Ihnen galt diese Beschreibung der ewigen Zukunft derer, die an den Sohn Gottes glauben. Er würde im Vaterhaus mit seinen vielen Wohnungen eine Stätte für sie bereiten und wiederkommen, um sie zu sich zu holen.

Aber nun spricht Er als Sohn zum Vater: „Vater, ich will …“ In göttlicher Allmacht redet Er in inniger Gemeinschaft mit Seinem Vater über unsere ewige Sicherheit und Herrlichkeit! Sein Wille entspricht hier wie immer vollkommen dem Willen des Vaters. Es ist die göttliche Einheit des Willens – und der Liebe, wie sich zeigen wird.

In Johannes 14 erklärt der Herr das Weilen der Seinen bei Ihm im Vaterhaus mit den Worten „damit, wo ich bin, auch ihr seiet“. Hier heißt es dagegen, „damit sie meine Herrlichkeit schauen“. Dort geht es um die ewige Gemeinschaft, hier um den ewigen Gegenstand ihrer Freude und Anbetung. Beide Aussagen gewähren uns einen Einblick in die wunderbare Atmosphäre des Vaterhauses.

„Meine Herrlichkeit, die du mir gegeben hast“

Der Herr sagt hier nicht wie in Vers 22 „die Herrlichkeit“, sondern „meine Herrlichkeit“. Der Unterschied ist wichtig. Das Wort „meine“, das hier zudem in stark betonter Form steht (vgl. Joh 10,27; 14,15; 14,27; 15,11), weist darauf hin, dass es sich um eine Herrlichkeit handelt, die Ihm allein zusteht und gehört.

Andererseits sagt Er von dieser Herrlichkeit genau wie in Vers 22: „die du mir gegeben hast“. Aufgrund seiner Leiden und seines Todes für uns hat Er sich das Anrecht darauf erworben und sie auch empfangen. Sie ist die gerechte Belohnung dafür, dass Er in all seinen Leiden den Vater vollkommen verherrlicht hat. Auch diese Herrlichkeit, die Ihm allein gehört, hat Er vorher nicht besessen; sie ist Ihm vom Vater gegeben.

Der Vater hat Ihm eine Herrlichkeit gegeben, die Er mit uns teilen wird, aber auch eine Herrlichkeit, die Ihm allein gehört und die wir anschauen werden.

Aber hier sagt Er nicht, dass Er sie den Seinen geben wird, sondern dass sie sie anschauen werden. Der Vater hat Ihm eine Herrlichkeit gegeben, die Er mit uns teilen wird, aber auch eine Herrlichkeit, die Ihm allein gehört und die wir anschauen werden.

Wieder können wir zum besseren Verständnis die bereits zitierte Stelle im ersten Johannesbrief, Kapitel 3,2, heranziehen. Dort schreibt derselbe Verfasser unter der Leitung des Heiligen Geistes im letzten Teil des Verses: „… wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ Was „ihm gleich sein“ bedeutet, haben wir bereits bei der Betrachtung von Vers 22 gesehen. Es betrifft die Herrlichkeit, die Christus als der verherrlichte Mensch uns geben wird, wenn Er unseren Leib der Niedrigkeit zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit umgestalten wird.

Die Worte „denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ gehen jedoch darüber hinaus. Sie entsprechen den Worten: „damit sie meine Herrlichkeit schauen“. Christus zu sehen, wie Er ist, geht dabei wohl noch weiter, als seine Herrlichkeit zu schauen, die der Vater Ihm gegeben hat.

Was wir weiter aus 1. Johannes 3,2 lernen, ist die Tatsache, dass wir Ihm gleich sein werden, damit wir Ihn sehen können, wie Er ist. In der Sprache von Johannes 17 heißt das: Er gibt uns eine Herrlichkeit, die Er als Mensch empfangen hat (V. 22), damit wir seine andere Herrlichkeit, die Er ebenfalls als Mensch im Himmel empfangen hat, anschauen können (V. 24). Die Herrlichkeit, die wir anschauen werden, übertrifft die Herrlichkeit, die Er uns geben wird. Denn Gottes Wort macht ganz klar, dass Er als verherrlichter Mensch im Himmel eine mit großer Herrlichkeit verbundene Vorrangstellung hat, die Er nicht mit uns teilen wird, die wir aber zu unserer ewigen Freude anschauen und wofür wir Ihn anbeten werden (Off 5,12).

Denken wir nur an die Herrlichkeit, die mit jedem der folgenden Merkmale verbunden ist, die den Herrn als Mensch in Ewigkeit kennzeichnen werden:

  • Nur Er ist das „Lamm Gottes“, das durch Seinen Tod am Kreuz die Sünde der Welt weggenommen hat und jetzt inmitten des Thrones als das „Lamm wie geschlachtet“ Seinen einzigartigen Platz einnimmt und in Seiner Herrlichkeit von allen Erlösten angebetet wird (Joh 1,29; Off 5,6-14).
  • Nur Er hat den Namen empfangen, „der über jeden Namen ist“ und vor dem sich jedes Knie beugen und bekennen wird, dass Jesus Christus Herr ist – zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil 2,9-11)!
  • Nur Er ist „Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“ (Ps 110,4; Heb 5,6; 7,24). „So hat auch der Christus sich nicht selbst verherrlicht, um Hoherpriester zu werden, sondern der, der zu ihm gesagt hat: ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt‘“ (Heb 5,5).
  • Nur Er ist der „Erstgeborene unter vielen Brüdern“ (Röm 8,29). Die Erlösten werden zwar dem Bild des Sohnes (als Mensch) gleichförmig sein, aber Er allein ist der Erstgeborene, der in allem den Vorrang hat (wenn an dieser Stelle im Römerbrief auch nicht vom Anschauen seiner Herrlichkeit die Rede ist).

Es gibt noch weitere herrliche Züge unseres Herrn, die die Herrlichkeit offenbaren, die Ihm allein gebührt, und die wir doch gewürdigt sind anzuschauen. Wir werden sie im Vaterhaus bewundernd betrachten können.

„Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“

Wenn auch der Sohn in diesem Kapitel aus seiner freiwillig auf sich genommenen Stellung als Mensch zu Seinem Vater spricht, kann doch sein Einssein als ewiger Sohn mit dem ewigen Vater nicht verborgen bleiben. So auch hier.

Die Herrlichkeit, die Er als „meine Herrlichkeit, die du mir gegeben hast“, bezeichnet, ist eine besondere, von Ihm als Mensch erworbene Herrlichkeit, die Er vor seiner Menschwerdung nicht besaß. Sie anzuschauen wird unser großes Vorrecht sein. Doch die einfachen und dennoch so unendlich tiefen Worte „ihn sehen, wie er ist“ (1. Joh 3,2) gehen wohl noch weiter als die Worte „meine Herrlichkeit … schauen“ (Joh 17,24). Sie führen uns zur Person des Sohnes Gottes selbst, nicht nur zu seiner Herrlichkeit. Wir werden nicht nur seine herrliche Ausstrahlung sehen, sondern Ihn selbst!

Wir werden nicht nur seine herrliche Ausstrahlung sehen, sondern Ihn selbst!

Wenn der Herr in Vers 5 darum bittet, dass der Vater Ihn bei sich selbst mit der Herrlichkeit verherrlichen möge, die Er als ewiger Sohn bei Ihm hatte, ehe die Welt erschaffen wurde, sagt Er nichts davon, dass wir Anteil daran haben sollen. Das Geheimnis des ewigen Sohnes Gottes, der es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein (Er war es!), sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, ja bis zum Tod am Kreuz gehorsam wurde, der jetzt als Erstgeborener aus den Toten in allem den Vorrang hat und zugleich der ewige, eingeborene Sohn im Schoß des Vaters ist – es ist von uns Menschen nicht zu ergründen. Deshalb sagt Er auch: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“ (Mt 11,27).

Wenn wir dieses Geheimnis auch nicht erkennen können, dürfen wir es aber doch betrachten, und zwar da, wo es seine ewige Vollendung hat: im Haus des Vaters. Das scheint wohl in den Worten „ihn sehen, wie er ist“ enthalten zu sein. Wir sehen nicht nur den verherrlichten Menschen zur Rechten Gottes, sondern den ewigen Sohn, soweit Er für uns erkennbar ist. Weisen Seine letzten Worte in Vers 24 nicht gerade darauf hin, wenn Er – für uns ein wenig unvermittelt – sagt: „denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“?

Diese Gedankenverbindung zeigt erneut die untrennbare Einheit von Menschsein und Gottheit in der herrlichen Person Jesu Christi, unseres Erlösers und Herrn. Er war auf der Erde „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“. Er ist das ewige Wort, das Fleisch wurde, unter uns gewohnt und uns die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes, der im Schoß des Vaters ist, offenbart hat (Joh 1,1.14-18; 3,13). Wer außer Ihm hätte so sprechen können?

Wer außer Ihm kann den Titel tragen „der Sohn seiner Liebe“ (Kol 1,13)? Wer außer Ihm kann sagen: „Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“? Der geliebte Sohn des Vaters ist unser Erretter geworden. Er wird die Seinen, bekleidet mit seiner Herrlichkeit, in die reine, heilige und herrliche Atmosphäre des Vaterhauses einführen, damit sie dort seine Herrlichkeit anschauen, genießen und zugleich sich ewig an der Person erfreuen, die das alles bereitet hat: der Sohn Gottes, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat.

Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wir, wenn es offenbar wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

1. Johannes 3,2

Der Herr Jesus will uns bei sich haben, wo Er ist, wobei seine Verherrlichung als Mensch mit der ewigen Liebe des Vaters zu Ihm gewissermaßen zu einem herrlichen Strom zusammenfließt. Nichts Geringeres kann seinem Wunsch der Liebe für die Seinen entsprechen. Es ist die Herrlichkeit, die nur die Seinen schauen und ewig genießen dürfen. Diese zu betrachten, ist eine uns vorbehaltene Freude, die vollständig außerhalb und über der Schöpfung steht. Er wird sie uns geben, weil der Vater Ihn geliebt hat vor Grundlegung der Welt.

Wenn wir bald in vollkommener Anbetung rings um unseren Erlöser Jesus Christus, das geschlachtete Lamm inmitten des Thrones Gottes, geschart sein werden, wird es uns immer gegenwärtig sein, dass dieses Lamm der ewige Sohn im Schoß des Vaters ist, von Ihm geliebt und von Ihm zuvor erkannt – „vor Grundlegung der Welt“! Und als solche, die in Ihm auserwählt sind „vor Grundlegung der Welt“, werden wir dann durch Ihn unseren Gott und Vater in Vollkommenheit preisen und anbeten.

Zusammenfassung:

Der Vater hat dem Herrn Jesus eine Herrlichkeit gegeben, die Er mit uns teilen wird. Er hat Ihm aber auch eine Herrlichkeit gegeben, die Ihm allein gehört. Die Herrlichkeit, die wir anschauen werden, übertrifft die Herrlichkeit, die Er uns geben wird. Der Herr Jesus hat als verherrlichter Mensch im Himmel eine Vorrangstellung, die wir nicht mit Ihm teilen, aber sehr wohl bewundern werden.

 

Arend Remmers

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2016, Heft 8, Seite 25

Bibelstellen: Johannes 17,24; 1. Johannes 3,2

Stichwörter: bewundern, Herrlichkeit Christi, Mensch

Reihe: Die Herrlichkeit Christi in Johannes 17