Nur auf Gott vertraue still meine Seele

Psalm 62,5

Wie sehr sind wir doch geneigt, in Zeiten der Bedrängnis und der Schwierigkeiten unsere Augen auf irgendeine menschliche Hilfsquelle zu richten! Unsere Herzen sind häufig von fleischlichem Vertrauen, irdischen Erwartungen und menschlichen Hoffnungen erfüllt, während wir verhältnismäßig wenig davon wissen, wie gesegnet es ist, einfach auf Gott zu schauen. Wir sind viel eher bereit, uns überall nach Hilfe umzusehen, als einfach die Bücke auf Ihn zu richten. Wir eilen zu geborstenen Zisternen, wir stützen uns auf irgendeinen geknickten Rohrstab, obwohl wir eine unerschöpfliche Quelle und den Fels der Ewigkeiten selbst bei uns haben.

Haben wir es denn nicht immer und immer wieder erfahren, daß die Ströme der Menschen trocken sind? Wenn wir auf Menschen unser Vertrauen setzen, so werden wir sicherlich enttäuscht werden. „Lasset ab von dem Menschen, in dessen Nase nur ein Odem ist! denn wofür ist er zu achten?“ (Jes 2,22). „Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arme macht, und dessen Herz von Jehova weicht! Und er wird sein wie ein Entblößter (oder: Wachholderstrauch) in der Steppe und nicht sehen, daß Gutes kommt; und an dürren Örtern in der Wüste wird er wohnen, in einem salzigen und unbewohnten Land“ (Jer 17,5 u. 6). Diese Schriftworte zeigen uns, daß wir Leere, Trostlosigkeit und Enttäuschung erfahren werden, wenn wir auf Fleisch vertrauen, ja, daß wir einem Strauche in der Wüste gleichen werden: bar jeder Erfrischung, ohne den Tau des Himmels, ohne irgend etwas Gutes zu haben – nichts als Dürre und Unfruchtbarkeit!

Wie könnte es auch anders sein, wenn sich das Herz vom Herrn, der alleinigen Segensquelle, abgekehrt hat? Der Mensch ist nicht in der Lage, sein eigenes Herz zufriedenzustellen, nur Gott kann dies tun. Nur Er kann jedem Bedürfnis in uns entsprechen. Nie wird Er den, der Ihm vertraut, enttäuschen. Aber es ist absolut nötig, sich in aller Wahrhaftigkeit auf Ihn zu stützen. „Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt“, er vertraue auf Gott, wenn es nicht tatsächlich so ist? Ein Schein-Glaube genügt nicht! Wir brauchen einen Glauben in Tat und Wahrheit, nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis. Ist nicht ein Glaube, der mit dem einen Auge zum Schöpfer und mit dem anderen zum Geschöpf blickt, eine reine Unmöglichkeit? Stehen denn das Geschöpf und der Schöpfer auf derselben Stufe? Wahrlich nicht! Entweder wir vertrauen auf Gott, oder es bleibt nur das Geschöpf mit all den unseligen Folgen seiner Selbstzufriedenheit.

Welch ein Unterschied hingegen, wenn wir auf den Herrn bauen: „Gesegnet ist der Mann, der auf Jehova vertraut und dessen Vertrauen Jehova ist! Und er wird sein wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bache seine Wurzeln ausstreckt und sich nicht fürchtet, wenn die Hitze kommt; und sein Laub ist grün und im Jahre der Dürre ist er unbekümmert, und er hört nicht auf, Frucht zu tragen“ (Jer 17,7 u. 8). Welch eine Verheißung hat uns Gott hier gegeben! Sollten wir einem solchen Gott nicht vertrauen? Wie köstlich ist es doch, ganz und gar auf Ihn geworfen, in Ihm völlig zufriedengestellt zu sein, in Ihm alle Quellen zu finden, Ihn beständig vor den Augen unserer Seele zu haben!

Wir sollten fähig sein, mit dem Psalmisten zu sagen: „Nur auf Gott vertraut still meine Seele, von ihm kommt meine Rettung. Nur er ist mein Fels und meine Rettung, meine hohe Feste; ich werde nicht viel wanken“ (Ps 62,1 u. 2). Beachten wir das herzerforschende Wörtchen „nur“! Denken wir vielleicht, es genüge, mit den Lippen zu sagen: „Ich vertraue auf Gott“, während unser Auge auf das Sichtbare blickt? Es ist zu befürchten, daß wir oft davon reden, wir vertrauten völlig dem Herrn, während wir in Wirklichkeit die Hilfe unserer Mitmenschen erwarten. „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen? Ich, Jehova, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, und zwar um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Handlungen“ (Jer 17,9 u. 10).

Wie nötig ist es doch, daß wir die tiefsten Quellen unserer Beweggründe in der Gegenwart Gottes beurteilen! Wir sind sehr geneigt, uns selbt zu täuschen durch den Gebrauch gewisser Redensarten, die, soweit sie uns betreffen, weder Kraft, Wert noch Wahrheit besitzen. Die Sprache des Glaubens ist auf unseren Lippen, aber das Herz blickt auf Menschen; ja, wir reden mit ihnen über unseren Glauben an Gott in der Absicht, daß sie uns aus unseren Schwierigkeiten heraushelfen möchten.

Laßt uns aufrichtig sein und in dem hellen Lichte der Gegenwart Gottes wandeln, damit wir die wahre Natur der Dinge zu erkennen vermögen! Rauben wir nicht durch ein leeres Bekenntnis der Abhängigkeit von Gott Ihm die Ehre und uns den Segen, indem das Herz heimlich nach menschlichen Hilfsquellen Ausschau hält! Laßt uns nicht die tiefe Freude, den Frieden und die Segnung, die Kraft, Standhaftigkeit und den Sieg verfehlen, den der Glaube immer in dem lebendigen Gott, in dem lebendigen Christus Gottes und in dem lebendigen Worte Gottes findet! Ja, vertrauen wir „nur auf Gott“!

C.H.M.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1979, Seite 265

Bibelstellen: Ps 62, 5

Stichwörter: Vertrauen