Liebet nicht die Welt

Jehova hatte zu Abram gesagt: „Geh aus deinem Lande und aus deiner Verwandtschaft, und komm in das Land, das ich dir zeigen werde“ (Apg 7,3). Dies war ein persönlicher Ruf; aber die Familienbande waren so stark, daß auch Tarah, sein Vater, ein Götzendiener (Jos 24,2), und sein Neffe Lot mitziehen. Die Gruppe macht in Haran halt. Der Vater muß erst sterben, ehe der Gott der Herrlichkeit Abram nach Kanaan ziehen läßt. „Und Lot ging mit ihm“ (1. Mo 12,4). Er war ein Gläubiger, ein „Gerechter“, wie die Schrift bezeugt (2. Pet 2,7. 8), aber die Stellung, die er abgesondert von der Welt annimmt, ist nicht so sehr die Frucht eines persönlichen Glaubens an Gott. Sie resultiert vielmehr aus dem Einfluß, den Abram noch auf ihn hat.

Man kann sich einer Gruppe Reisender anschließen, sein Verhalten dem wirklich im Glauben Wandelnden anpassen, ohne im geringsten das gleiche Ziel anzustreben. Aber der Rad des Glaubens ist für das Fleisch ohne Reiz. In der Stunde der Prüfung erweist es sich als unfähig, daran festzuhalten.

Lot folgt dem Abram durch das Land der Verheißung. Für eine Zeit teilt er das Leben dieses Gläubigen, der den Charakter des Fremdlings und Wanderers auf Erden verwirklicht. Abram empfängt Verheißungen. Er baut einen Altar und richtet sein Zelt nahe bei Bethel „nach dem Gebirge“ auf, bevor er gen Süden zieht. Täglich ist Lot Zeuge dieses Wandels mit Gott. Aber der Glaube Abrams wird auf die Probe gestellt. Der Patriarch verläßt den Weg der Abhängigkeit. Er hat sich schon von Bethel entfernt, „immer weiter ziehend nach dem Süden“, und, da die Hungersnot auf dem Lande lastet, geht er nach Ägypten hinab, immer von Lot gefolgt. Dort verliert Abram den Charakter eines Anbeters und Zeugen. Er kann nicht mehr mit göttlicher Hilfe rechnen. Aus Menschenfurcht handelt er sehr bald unaufrichtig und wird schließlich vom Pharao zurückgesandt. Gott bedient sich dieses demütigenden Mittels, um ihn zurückzubringen. Abram zieht herauf nach dem Süden, dann bis nach Bethel, „bis zu dem Orte, wo im Anfang sein Zelt gewesen war … zu der Stätte des Altars“ (1. Mo 13,3. 4). Lot ist noch immer bei ihm; ihre Güter haben sich sehr vermehrt, und bald entsteht daraus Zank zwischen den Hirten. Abram, völlig wiederhergestellt, fühlt wohl die Gefahr. Die in Ägypten erworbenen Reichtümer dürfen in der Hand des Feindes kein Mittel zur Zerstörung des Zeugnisses werden, das den im Lande wohnenden Ungläubigen, den Kanaanitern und Perisitern, abgelegt werden soll (1. Mo 13,7). In der Tat sollten diese Umstände eine aufschlußreiche Rolle spielen. Gewiß, bis dahin wohnten Lot und Abram zusammen, aber wären ihre Beziehungen durch eine wirkliche Gemeinschaft gekennzeichnet gewesen, hätten die Streitigkeiten der Knechte kaum auf ihre Herren übergegriffen.

Zu oft kommt man dahin, seinen Bruder in Christo um die geistigen oder sogar die materiellen Güter zu beneiden. Das ist eine offene Tür für Spaltungen. Die Korinther waren „in allem Wort und aller Erkenntnis“ (1. Kor 1,5) reich gemacht worden, aber daraus ergaben sich „Neid und Streit“ (1. Kor 3,3), und sie blähten sich „für den einen, wider den anderen“ auf (1. Kor 4,6. 7).

Abram offenbart die Wirklichkeit seines Glaubens. Die Güter haben sich vermehrt, aber er hängt sein Herz nicht daran. Er ist der Ältere, besteht jedoch nicht auf seinen Rechten. Es liegt viel Sanftmut in seinen Worten: „Laß doch kein Gezänk sein zwischen mir und dir…, denn wir sind Brüder!“ (1. Mo 13,8). Seine ganze weitere Haltung Lot gegenüber beweist, daß er nicht den geringsten Groll hegt. Abram ist bereit, auf die lieblichen, aber trügerischen Verheißungen einer dem Gericht entgegenreifenden Welt zu verzichten. Er erwartet „die Stadt, welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“ (Heb 11,10).

Lot erweist sich unfähig, ihm eine geistliche Antwort zu geben. Er hätte protestieren oder beteuern können, daß er die Gesellschaft dieses Glaubensmannes zu sehr schätzte, um eine Trennung von ihm akzeptieren zu können. Es wäre viel besser gewesen, er hätte seine Herden verlassen und wäre bei dem Erben der Verheißungen Gottes geblieben (Ps 119,63). Bei ihm ist nicht die Entschlossenheit einer Ruth zu finden, als sie erklärt: „Wohin du gehst, will ich gehen“ (Rt 1,16). Lot drängt auch seinen Onkel nicht zu wählen, wie er es getan hätte, wenn er dessen geistliche Reife erkannt und anerkannt ´hätte. Er hebt alsbald die Augen auf, jedoch nicht zum Himmel, denn er sucht in diesem entscheidenden Augenblick seines Lebens nicht Gottes Willen. Daher ist es nicht verwunderlich, daß seine Blicke sich auf sichtbare, aber vergängliche Dinge richten (2. Kor 4,18). Die Ebene des Jordan verführte ihn. Sie war überall „ganz bewässert, bevor Jehova Sodom und Gomorra zerstört hatte“ (1. Mo 13,10). Sie bot alles, was das natürliche Herz verführen kann. Welch einfaches Mittel, seine irdischen Güter noch zu mehren! Er würde nicht mühsam Brunnen graben müssen, um die Herden zu tränken. Diese Ebene war so fruchtbar, daß sie an den Garten Jehovas erinnerte. Aber sie erinnerte Lot auch an das Land Ägypten, wohin er Abram, leider, gefolgt war. Der Reiz einer trügerischen Welt bestimmt seine Wahl. Mangels einer beständigen Gemeinschaft mit Gott entgeht ihm vollkommen der Charakter ihrer Bewohner. Im Unterschied zu dem Psalmisten (Ps 119,59.101) sind viele Christen in ihrem Kommen und Gehen wenig vor Gott geübt. Die Lust der Augen kann uns wie Lot zu einem beschämenden Ende führen (Gal 6,7. 8).

Beachten wir, welche tiefe Spuren der Fall Abrams hinterlassen hat! Von Ägypten brachte er eine Magd mit, Hagar, die ihm sehr bald zum Fallstrick wurde; und die geheimen Lüste im Herzen Lots mochten in diesem Land eine bestimmte Wendung genommen haben.

Wie oft haben unsere Verfehlungen demütigende und dauernde Folgen für das Verhalten unserer Brüder, selbst wenn Gott uns in Seiner Gnade wiederherstellt! Unsere Fehler sind für sie ein Stein des Anstoßes.

Lot wählt für sich die Ebene des Jordan, trennt sich von seinem Onkel und zieht gen Osten. Dies ist der erste Schritt auf einem Weg, auf dem sich der wohltuende Einfluß Abrams nicht mehr auswirken wird. Es ist ein Weg, auf dem er immer mehr im Schlamm dieser Welt versinken und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohren wird (1. Tim 6,10). Bis zum Ende seines Lebens wird er „seine gerechte Seele quälen“, weil er die sichtbaren Dinge der Gemeinschaft mit dem Herrn vorzog.

Abram wohnt nun in Kanaan, Lot aber errichtet seine Zelte bald bis nach Sodom hin. Es scheint nicht von Anfang an sein Plan gewesen zu sein, sich dort niederzulassen. Aber ist es nicht auch oft so mit den Kindern Gottes? Sie hatten zunächst nicht die Absicht, mit Ungläubigen ein ungleiches Joch einzugehen, dann machen sie einige Schritte in die Welt hinein und sehen sich schließlich unwiderruflich gebunden. Ihr Wunsch, sich von dem zu trennen, wovon sie wissen, daß es dem Willen Gottes entgegen ist, stumpft ab, und ihre geistliche Kraft nimmt ständig ab.

Möglicherweise entspringt diese so folgenschwere Entscheidung Lots dem Einfluß seiner Frau. Später sieht sie sich, trotz des Gebots der Engel, nach der verfluchten Stadt um und wird zu einer Salzsäule (1. Mo 19,26). Es ist offensichtlich, daß sie dort ihr Herz gelassen hat. Sie hat nicht geglaubt, daß Gott die Stadt zerstören werde. Ihr Unglaube zieht den Ungehorsam nach sich; fast gerettet, verfällt sie dem Gericht Gottes.

Die Eheschließung ist für das gegenwärtige Leben gewiß die wichtigste Wahl, die ein Kind Gottes zu treffen haben mag. Wenn diese Vereinigung „im Herrn“ geschiebt, wenn sie die Frucht eines Wandels in Gehorsam und Abhängigkeit von Gott ist, wird daraus ein reicher Segen für die Eheleute hervorgehen. Wenn aber nicht, dann wird darauf eine geistliche Verarmung und sehr viel Not folgen. Der Apostel warnt uns: „Der Verheiratete aber ist für die Dinge der Welt besorgt, wie er dem Weibe gefallen möge“ (1. Kor 7,33). Ein verheirateter Christ kann sehr wohl insgeheim von der Frau seines Herzens dahin beeinflußt werden, anderen Göttern zu dienen, beginnend mit den Reichtümern (5. Mo 13,6), oder aber auch umgekehrt im Glauben nach einem Gott gemäßen Erbe zu trachten (Ri 1,14. 15).

Wie dem auch sei, vor Gott trug Lot die Verantwortung für seine Wahl. So ist es auch bei jedem Christen, der sich, und sei es selbst unter dem Einfluß der Seinen, von der Welt umgarnen läßt.

In dieser Ebene des Jordan bricht plötzlich Krieg aus. Satan ist immer auf dem Plan, um unter den Menschen, die er in seiner schrecklichen Knechtschaft hält, Hochmut, Neid und Ehrgeiz anzustacheln. Lot hat lange Zeit in der Gesellschaft Abrams die Fürsorge und den Schutz Gottes genossen. Nun aber wird er gefangengenommen, „denn er wohnte in Sodom“ (1. Mo 14,12). Von seinem Zelt ist schon keine Rede mehr; selbst den Anschein eines Fremdlings, der er nicht mehr ist, hat er verloren. Zweifellos kennt er, als er sich Sodom so bedenklich nähert, den wahren Charakter seiner Bewohner nicht: Sie sind „böse und große Sünder vor Jehova“ (1. Mo 13,13). Aber hätte der Gerechte sich nicht schnellstens von diesen Menschen trennen müssen, nachdem er es bemerkt hatte (2. Tim 2,19)? Ganz offensichtlich hatte er sich an sie gewöhnt, wenn auch sicher nicht ohne innere Qual. Da läßt Gott es in Seinen Regierungswegen zu, daß er gefangen weggeführt wird, aber gleichzeitig wacht Gott in Seiner Gnade darüber, daß Abram, der Hebräer, davon erfährt. Diesem Mann des Glaubens fehlt es weder an Energie noch an brüderlicher Liebe. Er kennt die Gedanken Gottes und läßt „seine Geübten, seine Hausgeborenen, ausrücken“. Er verfolgt den Feind, schlägt ihn und bringt Lot, „seinen Bruder“, und alle seine Habe zurück.

Diese Prüfung war für den auf den Wegen der Welt verirrten Lot eine Gelegenheit, die er hätte ergreifen sollen. Denn nicht von Herzen plagt und betrübt der Herr die Menschenkinder (Klage). 3,33). Lot hätte erkennen müssen, daß er einem Weg des Kummers gefolgt war, und hätte seine Verbindungen zu diesen Ruchlosen freiwillig abbrechen müssen, deren Wandel seine gerechte Seele quälte. Noch war Zeit, an den Ort zurückzukehren, wo im Anfang sein Zelt gewesen war. Er konnte seinen Platz als Fremdling und Anbeter in Gemeinschaft mit Gott und dessen Diener Abram wieder einnehmen. Was diesen betrifft, so weigerte er sich, aus der Hand des Königs von Sodom irgend etwas zu nehmen (1. Mo 14,23). Lot aber nahm die Gelegenheit nicht wahr kehrtzumachen, um auf dem Weg praktischer Gerechtigkeit zu gehen, auf dem die, die Gott lieben, beständiges Gut erben (Spr 8,20. 21).

So erlaubt Gott oft, daß Kindern Gottes, die unter den Folgen ihrer Entfremdung vom Herrn seufzen, eine geistliche Hilfe gebracht wird. Werden diese Mahnungen in Herz und Gewissen angenommen, wird daraus eine wahre Wiederherstellung hervorgehen, und der Weg des Gehorsams gegen Gott wird wiedergefunden. Wenn aber nicht, können sie nur in ihrer Verirrung weitergehen, Schande auf den Namen des Herrn bringen und die, die ihnen zu Hilfe kommen wollten, betrüben.

Im Laufe dieses Berichts der Schrift bekommt Abram einen neuen Namen: Abraham. Er sieht die Verheißungen Gottes sich erfüllen, wird Mitwisser Seiner Gedanken und verwendet sich zugunsten anderer. Lot aber sitzt als Richter im Tore Sodoms. Trotzdem erkennt er, daß die zur Zerstörung der Stadt gesandten Engel keine gewöhnlichen Menschen sind. Er erhebt sich, um sie zu empfangen und beugt sich nieder. Er dringt in sie, bei ihm einzukehren, um so mehr, da er zweifellos für ihre Sicherheit fürchtet. Aber sie nehmen erst nach langem Zögern seine Gastfreundschaft an. Im Unterschied zu Sarah (1. Mo 18,6) ist Lots Frau an dem Empfang der Besucher nicht beteiligt. Übrigens mag man sich fragen, welche Atmosphäre wohl in diesem Heim geherrscht haben mag, um das spätere Verhalten seiner Bewohner beurteilen zu können.

Welche ernste Frage ergibt sich daraus für uns! Könnte der Herr immer die Freimütigkeit haben, in mein oder dein Haus einzutreten? Und fühlen sich die Seinen darin immer wohl?

Lot versteht, daß er seinen Gästen ungesäuertes Brot anbieten muß. Das ist eine Frucht des göttlichen Lebens in ihm, die, im Gegensatz zu der schrecklichen moralischen Unordnung, die diese Wohnstätte umgibt, ihren wahren Sinn erhält. Lot ist wohl der einzige Gerechte in dieser Stadt: Der Herr kennt, die Sein sind. Aber während Abraham für Gott abgesondert ist, hat Lot sich von Gott abgesondert, indem er sich auf den Sitz der Spötter gesetzt hat. Sein Verhalten, seine Worte während der nun folgenden unheilvollen Stunden zeigen, wie niedrig von nun an sein geistlicher Zustand ist. Er versucht, seine Gäste zu beschützen, und in dieser Absicht geht er so weit, die mit Ungerechtigkeit beladenen Bewohner Sodoms „meine Brüder“ zu nennen. Dafür erntet er nur Verachtung, Beleidigungen und Drohungen: „Der eine da ist gekommen, als Fremdling hier zu weilen, und will den Richter machen?“ Nur das Eingreifen der Engel, dieser „dienstbaren Geister“, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen“ (Heb 1,14), rettet ihn. Wenn Lot gedacht hatte, durch seinen Einfluß und seinen Rat die zu bessern, die sich in solch einem Treiben der Ausschweifung wohlfühlten (siehe 1. Petrus 4,3. 4), so war für ihn der Augenblick gekommen festzustellen, daß seine Bemühungen vergeblich und sein Leben vergeudet war.

Abraham, und nach ihm alle Kinder Gottes, die sich vom Bösen abwenden, sind allein für den Herrn dieser verborgene Schatz, den Sein Herz begehrte. Im Geiste, auf dem Berge, können sie in Gemeinschaft mit Gott verständnisvolle Fürsprache einlegen. Abraham, der immer an Lot dachte, hatte gefragt: „Willst du denn den Gerechten mit dem Gesetzlosen hinwegraffen“ (1. Mo 18,23)?

Es waren keine zehn Gerechte in der Stadt. Das lange zurückgehaltene Gericht wird ausgeführt werden (Jes 28,21), aber zuvor muß Lot, wie durchs Feuer gerettet, hinausgehen. Bevor dieser Gerechte nicht in Schutz vor dem kommenden Zorn gebracht ist, können die Engel nichts tun. „Meine Schafe … ich gebe ihnen ewiges Leben … und niemand wird sie aus meiner Hand rauben“ (Joh 10,28). Welche Sicherheit für die Seinen strömt doch aus den Worten des Herrn Jesus! Wenn Er uns zu sich erheben wird, wird alles Seine Gnade sein. Aber wie wird Er unseren Dienst für Ihn hier auf Erden bewerten (siehe 2. Petrus 1,11)?

Gott gedenkt Abrahams (1. Mo 19,29), und Seine Gesandten warnen Lot vor dem unvermeidlich gerichtlichen Charakter ihres Auftrages: „Jehova will die Stadt verderben“ (1. Mo 19,14). Wie unvergleichlich anders waren die lieblichen Mitteilungen, deren Gegenstand Abraham, der Freund Gottes, gewesen war (1. Mo 18,17-19)! Die Gemeinschaft, der sich ein gehorsames Kind Gottes erfreuen kann, ist jemandem, der sich in einer weltlichen Atmosphäre aufhält, absolut unbekannt. Das Verständnis der Gedanken Gottes ist von einem treuen Wandel nicht zu trennen.

Wenn sich ein Christ mit der Welt verbindet, fügt er seiner Seele, aber auch denen, die ihn umgeben, den größten Schaden zu. Lot war nicht allein in Sodom, auch seine Frau und seine Töchter, von denen schon einige mit den Einwohnern dieses Ortes verbunden waren, befanden sich dort. Die Engel üben Gnade und bieten dem ganzen Hause Lots Rettung an. Aber als Lot zu seinen Schwiegersöhnen sprach, war er in ihren Augen wie einer, der Scherz treibt. Sein ganzes Leben strafte seine Worte Lügen. Leider hatte er nicht inmitten dieses Volkes wie ein Fürst Gottes gelebt (siehe 1. Mose 23,6).

Was soll man von fleischlich und weltlich gesinnten Gläubigen sagen, die in die Angelegenheiten des Lebens verstrickt sind? Wie könnten sie ihre Umgebung darauf aufmerksam machen, daß die Welt gerichtet wird und daß man sich unter den Schutz des Blutes Christi stellen und vom Bösen trennen muß? Das durch das Wort Gottes bestimmte Verhalten des Apostels Paulus empfahl sich selbst jedem Gewissen der Menschen vor Gott (2. Kor 4,2). Ist das auch bei uns der Fall?

Für Lot ist es hart, seinen ganzen Besitz, die Frucht seiner Arbeit, seinen Platz in der Gesellschaft und vielleicht seine Verbindungen zu verlassen (Hes 16,49). Er zögerte … man muß ihn, seine Frau und seine beiden unverheirateten Töchter sozusagen von dieser Stadt losreißen. Gott seinerseits verherrlicht Seine Gnade und Liebe. Der Morgen dämmert herauf, ein Tag wie jeder andere, denken die Menschen dieser Welt: „Sie aßen, sie tranken … es regnete Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte alle um“ (Lk 17,28. 29). „Rette dich um deines Lebens willen … bleibe nicht stehen in der ganzen Ebene; rette dich auf das Gebirge“ (1. Mo 19,17). Aber Lot zieht es nicht nach dem Gebirge, er möchte wieder in einer Stadt wohnen, so klein sie auch sei. Er möchte etwas von dieser, ihm vertraut gewordenen Welt behalten, so wenig es auch sein mag. Der bloße Gedanke an ein Leben des Glaubens erfüllt sein Herz mit dunklen Vorahnungen. „Der Unglaube betrachtet immer das Teil des Glaubens als das schrecklichste, was man wählen kann: Für ihn ist auf diesem Weg alles Finsternis“ (JND).

Gott erfüllt den Wunsch Lots, Zoar betreffend. Er wird uns nicht zwingen, einen Segen zu empfangen, den wir nicht wünschen. Aber schließlich bekommt Lot Angst, auch dort zu wohnen. Um in Sicherheit und ohne Furcht zu leben, muß man in Gemeinschaft mit Gott sein. So wohnt er dann erbärmlich in einer Höhle, fern von Abraham und fern von seinem Gott.

Was für eine Warnung ist doch das Leben Lots, dieses Heiligen, der dem Ruf Gottes untreu war! Keine Spur von Wiederherstellung ist bei ihm zu finden, sondern im Gegenteil ein Verfall, der immer deutlicher wird. Sein Weg, der beim Aufbruch dem des Abraham so ähnlich zu sein scheint, ist am Ende so ganz anders. Er hat nicht den guten Kampf gekämpft, den Glauben nicht bewahrt und seine Krone verloren. Später wird auch Demas den jetzigen Zeitlauf liebgewinnen und Paulus verlassen, dessen Leben und Dienst Christus als einzigen Gegenstand hatte.

Dieser ernste Bericht über Lots Leben ist uns aufbewahrt worden „zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist“ (1. Kor 10,11).

Wie eng sind doch manche Christen in der Praxis mit dem jetzigen Zeitlauf verbunden, und wie wenig mit einem verherrlichten Christus! Laßt uns doch solche sein, die, auf den starken Arm ihres Heilandes und Herrn gestützt, den „Pfad der Gerechten“ gehen, der „wie das glänzende Morgenlicht ist, das stets heller leuchtet bis zur Tageshöhe“!

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1982, Seite 331

Bibelstellen: Apg 7, 3

Stichwörter: Abraham, Lot