Haggai – Der Bote und seine Botschaft

3.

Die dritte Botschaft (Kap. 2,1-9)

Der Überrest war erweckt worden, um zu „arbeiten am Hause Jehovas“. Es besteht jedoch an einem Tag des Verfalls die ständige Gefahr, den Mut im Werk des Herrn zu verlieren, und zwar wegen der Unscheinbarkeit der sichtbaren Ergebnisse und ihrer geringen äußeren Erfolge. Um dieser Gefahr zu begegnen und den Überrest zu ermuntern, in der Arbeit am Haus Gottes fortzufahren, wird eine neue Botschaft durch den Propheten gesandt. Der Überrest wird aufgefordert, einen Blick zurückzuwerfen auf die Herrlichkeit dieses Hauses in der Vergangenheit (V. 1 -3), er wird an seine Hilfsquellen für die Gegenwart erinnert (V. 4-7), und er wird ermuntert, die zukünftige Herrlichkeit zu betrachten (V. 6-9).

Vers 1-3: Der Überrest war in Gefahr, sich wegen seiner äußeren Schwachheit entmutigen zu lassen und den Tag kleiner Dinge zu verachten. Der Prophet versucht nicht, ihre Schwachheit herunterzuspielen; im Gegenteil, er wünscht, daß der Überrest ihr ins Auge sieht, indem sie ihre eigene Arbeit mit der vergangenen Herrlichkeit des Hauses vergleichen. Salomo seinerzeit hatte das Haus in Umständen der Kraft und der Wohlfahrt gebaut ohne auf Widerstand zu stoßen. Und einige unter ihnen konnten sich an die Herrlichkeiten dieses Hauses erinnern. Nun aber war ein Überrest zum Wiederaufbau berufen in Umständen, die durch Schwachheit und Armut gekennzeichnet waren; zudem gab es Widerstand der Feine und Schmach. So schien die Arbeit des Überrestes „wie nichts“ zu sein im Vergleich zu der früheren Herrlichkeit des Hauses. Aber trotzdem vollführten sie das Werk des Herrn nach den Gedanken des Herrn an einem Tag des Ruins. Deshalb war es ein Werk, an dem der Herr Gefallen fand und verherrlicht wurde (Kap. 1,8).

Heute ist es ebenso. Die großen Grundsätze des Hauses Gottes an einem Tag des Verfalls festzuhalten wird ohne Ansehen vor der Welt sein. Und in den Augen vieler Christen wird es „wie nichts“ geachtet. Weil wir wissen, daß das Fleisch sich immer Wichtigkeit und Ansehen beimessen will, sind solche Umstände der äußeren Schwachheit ein Prüfstein für den Glauben. Wie schwer ist es doch einzusehen, daß das Werk Gottes und Seines Christus immer in Schwachheit vollbracht wird! Die Leiter des Volkes sahen in Petrus und Johannes ungelehrte und ungebildete Männer. Die Schwachheit des Paulus in Korinth war ein Stein des Anstoßes für seine Freunde und ein Gegenstand des Spottes für seine Feinde, für ihn aber ein Grund zum Rühmen. Die Kraft des Herrn wird in Schwachheit vollbracht: Alles muß auf der Kraft Gottes beruhen, anders kann das Werk Gottes nicht nach Seinen Gedanken ausgeführt werden.

Vers 4. 5: So wird also der Überrest trotz seiner äußeren Schwachheit ermuntert, stark zu sein für das Werk des Herrn. Zu diesem Zweck werden sie nun an ihre gegenwärtigen Hilfsquellen erinnert.

Zunächst die Gegenwart des Herrn: „Ich bin mit euch, spricht Jehova der Heerscharen.“ An einem Tag der Schwachheit werden sie ermuntert, stark zu sein. Jedoch müssen sie daran denken, daß die Quelle ihrer Kraft der Herr ist, Seine Gegenwart. So werden auch wir heute angesichts der Feinde ermahnt, „stark zu sein in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke“ (Eph 6,10).

Zweitens bleibt das Wort Gottes mit all seiner Kraft, gerade wie damals, als sie aus Ägypten auszogen. Was uns betrifft: Werden wir nicht besonders daran erinnert, daß wir an einem Tag des Ruins die inspirierten Schriften haben, die uns, wie groß auch die Verfehlungen der bekennenden Christenheit seien, leiten, damit „der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“ (2. Tim 3,16. 17)?

Drittens fügt Jehova zu ihrer Ermunterung hinzu: „Mein Geist besteht in eurer Mitte“ (V. 5). Einst hatte es eine große Entfaltung der Macht Gottes gegeben, als er „schalt das Schilfmeer, und es ward trocken; und er ließ sie durch die Tiefen gehen wie durch eine Wüste“ (Ps 106,9). In ihren gegenwärtigen Umständen gab es nichts was mit dieser wunderbaren Machtentfaltung hätte verglichen werden können. Sicher, sie waren aus Babylon befreit worden; aber ihr Weg war nicht gekennzeichnet „des Tages durch eine Wolkensäule“ oder „des Nachts durch eine Feuersäule“; kein Fels war geschlagen worden, ihren Durst zu löschen, kein Manna ihnen gegeben worden, ihren Hunger zu stillen. Alle äußerlichen Zeichen der Macht waren verschwunden, aber durch die Gnade Gottes blieb der Geist mit derselben Kraft, wenn er sich auch nicht durch äußere Dinge, sondern als eine geistliche Kraft erwies, die den Glauben befähigte, sich über alle Feinde zu erheben und über die Herrlichkeit Gottes zu wachen.

Heute ist es nicht anders. Der Herr sagte über den Geist der Wahrheit: „Er wird bei euch sein in Ewigkeit“ (Joh 14,16). Seine Macht entfaltet sich nicht mehr nach außen, wie am Tage der Pfingsten, durch Wunder und Gaben der Sprachen; aber Er ist stets gegenwärtig, um uns in die ganze Wahrheit zu leiten, uns das Kommende zu verkündigen und von den Dingen Christi zu nehmen und uns mitzuteilen. Und wenn wir, wie damals der Überrest, die Grundsätze des Hauses Gottes festzuhalten suchen, werden wir finden, daß die Gegenwart des Herrn zugesichert wird, daß das Wort Gottes da ist, um uns zu leiten, und auch der Geist Gottes, um uns dieses Wort zu öffnen und unsere Herzen auf Christus hinzulenken. Dann werden wir trotz aller Schwierigkeiten dieser Tage Mut fassen, da der Herr Jesus auch uns zuruft: „Fürchtet euch nicht!“ (V. 5).

Vers 6-9: Nachdem die Erinnerung an die Herrlichkeit des Hauses in der Vergangenheit wachgerufen ist, gibt ihnen das Wort Jehovas durch den Propheten erneut Ermunterungen, indem ihre Gedanken auf das Kommen des Christus und die zukünftige Macht und Herrlichkeit Seiner Erscheinung gelenkt werden. Gegenwärtig schien das Haus Gottes „wie nichts“ im Vergleich mit seiner „ersten Herrlichkeit“. Aber der Glaube wird aufgefordert, seine Arbeit in Verbindung mit der kommenden Herrlichkeit zu betrachten. Christus – das Ersehnte aller Nationen _ kommt, und an diesem Tage werden alle Werke der Menschen, die heute so beeindruckend sind, erschüttert werden. Das Reich Christi wird durch Gericht eingeführt, und die Reiche der Menschen werden beiseite gesetzt werden. Dann wird das Haus Gottes mit Seiner Herrlichkeit erfüllt sein, und die letzte Herrlichkeit des Hauses wird größer sein als die erste.

Zur Zeit des Überrestes erschienen die Reiche dieser Welt sehr imposant, die Arbeit des Überrestes am Haus Gottes dagegen sehr unscheinbar. Aber was auch das äußere Erscheinungsbild sein mochte, der Überrest hatte sich in Wirklichkeit einem bleibenden Werk gewidmet, das mit der ganzen Herrlichkeit des Herrn offenbar werden wird, wenn die mächtigsten Reiche der Erde in Staub zerfallen sein werden. An diesem Tag der Herrlichkeit wird man erkennen, daß dieser schwache Überrest am Tage seiner größten Schwachheit in Wirklichkeit verbunden war mit den souveränen Ratschlüssen Gottes, die bald in Herrlichkeit entfaltet werden.

Zu unserem Trost benutzt der Hebräerbrief diese Prophezeiung, um das jetzige Volk Gottes auf dem Weg des Glaubens zu erhalten. Er erinnert uns daran, daß die sichtbaren Dinge, so großartig sie in der heutigen Welt sein mögen, erschütterlich sind und deswegen auch verschwinden werden. Aber das Volk Gottes steht in Verbindung mit einem unerschütterlichen Reich. Deshalb heißt es: „Laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht!“ (Heb 12,26-29). Wenn wir für Gott arbeiten und Ihm nach Seinen Gedanken dienen, dann wird unsere Arbeit, wie schwach sie auch erscheinen mag, Bestand haben, selbst wenn die Erde vergangen sein wird.

Im Lichte der Wahrheit von dem Haus Gottes und damit würdig unserer Berufung zu wandeln, wird vor der Welt ohne große Aufmerksamkeit und Beachtung bleiben. Und an diesem Tag des Verfalls kann Verachtung und Schmach seitens eines großen Teils des Volkes Gottes hinzukommen, der die Bequemlichkeit und die beeindruckende Seite der menschlichen, religiösen Systeme vorzieht. Aber an einem Tag zukünftiger Herrlichkeit wird offenbar werden, daß diese verachteten Gläubigen die Gedanken Gottes besaßen. Obwohl sie eine „kleine Kraft“ hatten, an jenem Tag werden sie einen Ehrenplatz als „Säulen“ im Tempel Gottes haben (Offb. 3,8. 12).

Die vierte Botschaft (Kap. 2,10-19)

Die vierte Botschaft enthält eine Wahrheit von großer Wichtigkeit, die zu beherzigen wir guttun. Sie zeigt klar, daß die Wurzel jeden Versagens des damaligen Überrestes, wie auch des heutigen Volkes Gottes, sich in einem schlechten sittlichen Zustand findet. Außerdem werden wir gewarnt, daß eine äußere Aktivität im Dienst des Herrn Keinen Erfolg haben kann, wenn sie nicht mit einem geziemenden sittlichen Zustand verbunden ist. Des weiteren lernen wir, daß dieser sittliche Zustand nur in Absonderung von dem aufrechterhalten bleiben kann, was uns als in Widerspruch zu Gottes Wort stehend bekannt ist. Anders konnte sich der Überrest nicht in geziemender Weise mit dem Werk des Herrn beschäftigen, als nur in Trennung von allem, was nach dem Gesetz verunreinigt ist. Heute, inmitten der Unreinigkeiten der Christenheit, ist der Gläubige, der den Namen des Herrn anruft, gehalten, sich von aller Ungerechtigkeit fernzuhalten und sich zu reinigen von jedem Gefäß zur Unehre, wenn er „nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet“ sein will.

Vers 11-13: Die Frage, die Jehova den Priestern stellt, bringt zwei wichtige Wahrheiten ans Licht, die das tägliche Leben jener bestimmen sollen, die Seinen Gedanken an einem Tage des Ruins entsprechen wollen. Einerseits lernen wir, daß eine heilige Sache nicht das rein macht, was sie berührt, andererseits, daß eine unreine Sache alles verunreinigt, was mit ihr in Berührung kommt. Daraus folgt, daß der geläufige Gedanke, wir könnten die Welt durch eine Verbindung mit ihr reinigen oder dem Volke Gottes dadurch helfen, daß wir uns mit den verderbten Systemen verbinden, in dessen Mitte es sich befindet, eine Illusion, ja, sogar positiv Böses ist. Denn so handeln bedeutet nicht nur, daß wir anderen keine Hilfe sind, sondern wir verunreinigen uns selbst, weil Unreines das verunreinigt, was es berührt.

Vers 14-17: Ach! der Überrest hatte nach diesem falschen Grundsatz gehandelt, und die Arbeit ihrer Hände war deswegen in den Augen Jehovas verunreinigt. Daraufhin hatte Jehova ihnen gegenüber in Seiner regierenden Zucht gehandelt, indem Er sie geschlagen hatte mit „Kornbrand und mit Vergilben und mit Hagel“.

Vers 18. 19: Wir können jedoch sehen, daß, wie groß der Fall des Volkes Gottes sein mag, es gesegnet wird, wenn es Buße tut und im Gehorsam gegen das Wort handelt. Von dem Zeitpunkt an, da der Überrest die Arbeit am Haus Gottes wieder aufnimmt, kann Jehova ihnen sagen: „Von diesem Tage an will ich segnen.“ Diese ernste Warnung, die zugleich eine große Ermunterung ist, hat sie dem Volk Gottes heute nichts zu sagen? Auf der einen Seite werden wir gewarnt, daß im praktischen Wandel jeder Verstoß gegen das Licht, das Gott uns über die Grundsätze Seines Hauses gegeben hat, Seine Züchtigung auf uns bringt. Auf der anderen Seite werden wir, wenn wir im Licht der Wahrheit und im Gehorsam gegen Sein Wort handeln, gesegnet werden.

Die fünfte Botschaft (Kap. 2,20-23)

Die letzte Botschaft ist an Serubbabel gerichtet, und deswegen hat sie, obwohl es ein Wort großer Ermunterung für den ganzen Überrest ist, besonders den Mann zum Gegenstand, der ein Werkzeug in den Händen Gottes war, um das Volk zum Gehorsam gegen Sein Wort zu führen.

Das Volk war damals unter der Herrschaft eines dieser Reiche der Nationen, denen die Regierung der Welt anvertraut worden war. Damals wie heute benutzten diese Nationen ihre Macht, alle die zu zermalmen, die sich ihrem Willen entgegenstellten. Angesichts all dieser Macht des Bösen sollte der Überrest einzig dem Wort Gottes gehorchen und in einfältigem Glauben das Werk Jehovas betreiben. Es war nicht ihre Aufgabe, sich der Welt zu widersetzen oder deren Macht umzustürzen oder ihre Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen. Jehova verkündet ihnen, daß, wenn Er es für gut befände, Er sich mit all dem Bösen beschäftigen würde, das diese Welt regiert. Sein Wort sagt: „Ich werde den Himmel und die Erde erschüttern. Und ich werde den Thron der Königreiche umstürzen und die Macht der Königreiche der Nationen vernichten; und ich werde die Streitwagen umstürzen und die darauf fahren.“

Es geziemt dem Volk Gottes heute nicht zu versuchen, die Welt zu verbessern. Das ist das Werk des Herrn im Gericht, wenn Er kommt „inmitten seiner heiligen Tausende“, um das Gericht über die Gottlosen auszuführen. Unser Teil ist, in einfältigem Gehorsam gegen das Wort für den Glauben zu kämpfen, uns zu erbauen auf unseren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geiste, uns zu erhalten in der Liebe Gottes, indem wir die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwarten zum ewigen Leben(Juds 3. 14. 15. 20. 21).

Vers 23: Indem Serubbabel dem Wort Gottes gehorchte, das Werk Jehovas fortführte und das Gericht der Welt der Macht Gottes überließ, sollte er nicht nur eine gegen wärtige Segnung, sondern auch Lohn in der Zukunft empfangen. Am Tage der Herrlichkeit würde er einen besonderen Ehrenplatz haben als der Erwählte Jehovas.

In unseren Tagen ist es nicht anders. Dem Wort des Herrn zu gehorchen, den Dienst des Herrn nach den Gedanken des Herrn zu betreiben an einem Tag der Schwachheit und der Schmach, dem Widerstand der Feinde ausgesetzt, mag „wie nichts“ erscheinen in de Augen des großen religiösen Bekenntnisses. Aber di gesegnete Folge davon wird der Lohn am Tag der zukünftigen Herrlichkeit sein. Dem, der nur „eine kleine Kraft“ hat, der jedoch das Wort des Herrn bewahrt und Seinen Namen nicht verleugnet, sagt der Herr: „Wer überwindet, den werde ich zu einer Säule machen in dem Tempel meines Gottes, und er wird nie mehr hinausgehen; und ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen“ (Offb. 3,12).

H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1983, Seite 275

Bibelstellen: Hag 2

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