Rehabeam

2. Chronika 11

Wir können sicher sein, daß niemals in der Geschichte der Kirche ein Tag, mag er noch so dunkel und schwierig sein, kommen wird, an dem kein Licht in Gottes Wort vorhanden ist, den Gläubigen, der auf dem Wege des Gehorsams zu wandeln wünscht, zu leiten. Wir mögen infolge Unwissenheit oder Eigenwillen den Weg verfehlen, wir mögen ihm gegenüber infolge Mangels an Hingabe gleichgültig sein, wir mögen aus Mangel an Glauben vor ihm zurückschrecken, dennoch ist Licht für den Weg da für solche, die es suchen und in Gehorsam gegenüber dem Wort zu wandeln wünschen. Dieses Licht nun wird man nicht nur im Neuen Testament in Form der Belehrung finden, sondern auch im Alten Testament in einer Art Illustration. Wir wollen daher eine alttestamentliche Szene betrachten, die uns helfen wird, die großen unveränderten Grundsätze Gottes zu begreifen, die uns am Tage der Spaltung und Zerstreuung unter dem Volke Gottes leiten sollten.

Bis zu den Tagen Rehabeams war das Volk Israel in einem Reich vereinigt gewesen; mit dem Beginn seiner Regierung wurde es geteilt. Gewährt uns die Geschichte dieser Teilung irgendwie Licht im Hinblick auf die furchtbaren Spaltungen, die das Volk Gottes in unseren Tagen zerstreut haben? Wir glauben, daß dies so ist.

Zuerst mögen wir fragen: Was war die Wurzel dieser Teilung? Die eigentliche Teilung fand in den Tagen Rehabeams statt, aber um ihre Wurzel zu entdecken, müssen wir bis zu den Tagen Salomos zurückgehen. So liegt im Hinblick auf jede Trennung unter dem Volke Gottes der wahre Grund gegenüber der eigentlichen Trennung oft weit zurück. 1. Könige 10,26-29 zusammen mit Kapitel 11 dieses Buches werden uns die Wurzel dieser großen Spaltung in Israel vor Augen führen. Alles ist auf den Verlust der Hingabe an Gott und auf das Abweichen vom Worte Gottes zurückzuführen. Um den wahren Charakter dieses Versagens zu erfassen, müssen wir uns daran erinnern, daß das Gesetz Moses sehr bestimmte Anweisungen für den König gab. In 5. Mose 17,14-20 wird der König einerseits vor Weltlichkeit und andererseits vor Ungehorsam gegenüber dem Wort gewarnt. Der König sollte sich die Rosse nicht mehren; er sollte das Volk nicht veranlassen, nach Ägypten zurückzukehren, denn Jehova hatte gesagt: „Ihr sollt fortan nicht wieder dieses Weges zurückkehren.“ Er sollte sich die Weiber nicht mehren, und Silber und Gold sollte er sich nicht sehr mehren. Anderseits sollte er eine Abschrift des Gesetzes schreiben und „alle Tage seines Lebens darin lesen“, um die Furcht Jehovas zu lernen, und alle Worte des Gesetzes zu beobachten.

Wenn wir jetzt zum 10. und 11. Kapitel des ersten Buches der Könige zurückkehren, finden wir, daß der König Salomo versagt. Er mehrt sich die Rosse, er veranlaßt etliche des Volkes, nach Ägypten zurückzukehren; er mehrt sich die Weiber und mehrt sich sehr Silber und Gold. Während überdies viel von Salomos Reichtum, Weisheit und Pracht geschrieben ist, wird uns nie gesagt, daß er das Gesetz Jehovas las. So muß Jehova ihm schließlich sagen: „Du hast meinen Bund nicht beobachtet und meine Satzungen, die ich dir geboten habe“ 1.Kön. 11,11).

Hier nun entdecken wir die Wurzel der Spaltung in Israel und – können wir das nicht sagen? – die Wurzel aller Spaltungen, die unter dem Volke Gottes stattgefunden haben. Erst beraubt angerichtete Weltlichkeit das Volk Gottes der treuen Ergebenheit, und dann folgt Ungehorsam gegenüber dem Worte Gottes.

Wegen dieser Dinge sagt Gott dem Salomo, daß das Reich in zwei Teile zerrissen werden wird. Wir müssen uns jedoch daran erinnern, daß die Teilung nicht einfach nur wegen des Versagens des Königs, sondern auch um des Versagens des Volkes willen eintreten würde. Wenn der Prophet Achija Jerobeam mitteilt, daß das Reich in Kürze geteilt werden würde, sagt er nichts über das Versagen Salomos, sondern spricht nur von dem Versagen des Volkes. Die Teilung würde kommen, sagt Jehova, „darum, daß sie mich verlassen und sich niedergebeugt haben vor Astoreth. .. und nicht auf meinen Wegen gewandelt haben, zu tun, was recht ist in meinen Augen, und meine Satzungen und meine Rechte zu beobachten“ (1. Kön 11,31-33).

Hier finden wir erneut, daß die Wurzel der Trennung Weltlichkeit ist, die sich zu anderen Göttern abwendet, und Ungehorsam gegenüber dem Worte Gottes, aber jetzt in Verbindung mit dem Volk. Die Torheit und das Versagen der Führer, wie groß sie auch immer sein mögen, würde nicht notwendigerweise eine Spaltung verursachen, wäre es nicht auf Grund des niedrigen Zustandes des Volkes Gottes im allgemeinen. „Solches ist bei dir gewesen“ verurteilt den einzelnen; „sie haben mich verlassen“ offenbart den niedrigen Zustand des Volkes, der hinter dem Versagen des Königs steht (vgl. V. 11 und 33).

Das also war die Wurzel der Teilung, aber wie kam die Teilung in Wirklichkeit zustande? Ihre Geschichte finden wir in 1. Könige 12 und 2. Chronika 10. König Salomo stirbt, und sein Sohn Rehabeam kommt auf den Thron. Augenblicklich entsteht eine Krise. Es hatte während der voraufgegangenen Jahre eine lange Geschichte harter Maßnahmen und drückender Knechtschaft gegeben, und nun erhebt sich ein Teil des Volkes im Protest dagegen. Wie wird diesem Protest durch den Führer jenes Tages begegnet? Rehabeam wird von den Alten, die reich an Erfahrung sind, geraten, daß alles gut werden würde, wenn er „gegen dieses Volk gütig und ihnen gefällig“ sein und „gütige Worte zu ihnen reden“ würde (2. Chr 10,7).

Der Rat der Alten ist geistlich; sehr viel anders jedoch ist der Rat der Natur, wie er durch die „Jungen“ gegeben wird. Sie raten Rehabeam, einen Kurs einzuschlagen, der der Natur besonders empfehlenswert erscheint, indem er eine strenge Linie verfolgt und die Autorität und Majestät des Königtums aufrechterhält. Leider folgt Rehabeam dem Rat der Natur. Er nimmt eine anmaßende und unvernünftige Haltung ein und bedroht die Protestler mit heftiger und extremer Züchtigung (1. Kön 12,12-15). Der Heftigkeit des Königs wird durch die Heftigkeit des Volkes begegnet, die den Abgesandten des Königs steinigen, und als Folge ist die Teilung vollendet (1. Kön 12,16-19).

Die Teilung allerdings nur auf Grund der Torheit Rehabeams zu beurteilen, würde bedeuten, die Gedanken Gottes völlig aus dem Auge zu lassen. Das Volk jener Tage, das die bloßen Tatsachen jenes Falles besaß, mochte den Schluß gezogen haben, daß die Teilung einzig und allein auf die Torheit Rehabeams zurückzuführen sei. Sie mochten argumentiert haben: „Hätte Rehabeam nicht eine so anmaßende und unvernünftige Haltung an den Tag gelegt, indem er drohte, uns alle durch Ausübung heftiger Zucht des Volkes Gottes in Knechtschaft zu bringen, so hätte es keine Trennung gegeben.“ Wie vernünftig derartige Argumente nun auch dem natürlichen Sinn erscheinen mochten, sie würden dennoch falsch gewesen sein. Es stimmte, daß Rehabeams Torheit der unmittelbare Anlaß für die Teilung war, aber das Wort Gottes in Gericht war lange vor den heftigen Worten des Königs ergangen, und die mächtige Hand Gottes in der Zucht war hinter der schwachen Hand des Königs. Die heilige Regierung Gottes zerriß das Reich, und der Hintergrund der Zucht Gottes war der niedrige Zustand des Volkes.

Nach der vollzogenen Spaltung finden wir, daß die weitere Geschichte Rehabeams außerordentlich lehrreich ist, indem sie uns zeigt, welche Schlingen zu vermeiden sind, und uns belehrt, welcher Weg angesichts der Spaltungen einzuschlagen ist.

Rehabeam setzt sofort alles in Bewegung, das Volk Gottes wieder zusammenzubringen, und, den zeitgemäßen Methoden entsprechend, sammelt er für diesen Zweck eine Armee. Es besteht kein Zweifel daran, daß es in Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes war, daß das Volk eins sein sollte. Sie waren eins gewesen im Beginn der Wege Gottes mit ihnen, und am kommenden Tage werden sie eins sein gemäß dem Worte des Propheten: „Und ich werde sie zu einer Nation machen im Lande, auf den Bergen Israels, und sie werden allesamt einen König zum König haben; und sie sollen nicht mehr zu zwei Nationen werden und sollen sich fortan nicht mehr in zwei Königreiche teilen“ (Hes 37,22). Es mochte daher so scheinen, als sei Rehabeam in seinen Anstrengungen, die Teilung zu beenden und das Volk Gottes zu vereinigen, gerechtfertigt.

Er hatte jedoch – und ganz Israel mit ihm – zu lernen, daß die zehn Stämme trotz der Teilung noch ihre „Brüder“ waren und daß sie nicht hinaufziehen und nicht mit ihnen streiten sollten. Überdies sagte Schemaja, der Mann Gottes, dem Rehabeam, warum sie davon abstehen sollten. Es ist, weil Gott sagte: „Von mir aus ist diese Sache geschehen.“ Gott hatte Salomo wegen seiner Weltlichkeit und seines Ungehorsams gegenüber dem Worte Gottes getadelt und zu ihm gesagt: „Darum, daß solches bei dir gewesen ist…, werde ich dir das Königreich gewißlich entreißen.“ Jetzt, wo der Schlag gefallen ist, kann Gott zu Rehabeam sagen: „Von mir aus ist diese Sache geschehen.“ Das Böse Salomos aufzuheben zu suchen mag richtig sein; die Regierungswege Gottes zu mißachten, ist sicherlich unrecht (vgl. 1. kön. 11,11 und 2. Chron. 11,4). Rehabeam und die mit ihm haben zu lernen, wie wir alle in der Tat inmitten der Spaltungen, die unsere eigene Torheit hervorgebracht hat, zu lernen haben, daß die Regierung Gottes nicht leichthin ignoriert werden kann.

Sehr weise, nahmen Rehabeam und die zwei Stämme Abstand von ihren Anstrengungen, wie wir lesen: „Und sie hörten auf die Worte Jehovas“ (2. Chr 11,4 ff.). Sie nahmen die Demütigung und den Schmerz der Teilung an und beugten sich unter die züchtigende Hand Jehovas.

Hinfort bleibt Rehabeam innerhalb des eingeschränkten Bereichs, den die Teilung hervorgebracht hat, denn wir lesen: „Und Rehabeam wohnte in Jerusalem.“ Bedeutet das nun, daß er sich zu einem Leben stillen Friedens und der Untätigkeit niederläßt? Befaßt er sich nicht länger mit den Interessen des Volkes Gottes? Weit entfernt! denn wir lesen sogleich, daß er ein Erbauer wird: „Er baute Städte zu Festungen in Juda“ (V. 5-10). Wie wir in unseren Tagen sagen mögen: Er „stärkte das Übrige“ (Offb. 3,2). Darüber hinaus sorgte er für „Vorräte von Speise und Öl und Wein“ (V. 11). Er sorgte für Nahrung für das Volk Gottes.

Was war das Ergebnis? Juda wurde zu einer Zuflucht für das Volk Gottes, wie wir lesen: „Und die Priester und die Leviten, die in ganz Israel waren, stellten sich bei ihm ein aus allen ihren Grenzen“ und „aus allen Stämmen Israels die, welche ihr Herz darauf richteten, Jehova, den Gott Israels zu suchen“, kamen zu Rehabeam. „Und sie stärkten das Königreich Juda“ (V. 13. 16. 17).

Drei Jahre lang hielt diese Wohlfahrt an, aber ach, dann verließ Rehabeam das Gesetz Jehovas (2. Chr 12,1), und das Unheil folgte eilends. Wäre er weiter im Gehorsam vorangegangen, wer kann sagen, wie viel weiteres Gedeihen bekannt geworden sein mochte!

Hat dies uns angesichts der Spaltungen innerhalb des Volkes Gottes nichts zu sagen? Sind nicht große Anstrengungen unternommen worden, die Spaltungen unter dem Volke Gottes zu beenden, Anstrengungen, die allzu oft die Verwirrung nur noch vermehrt haben? Würde es uns nicht zur Weisheit gereichen, die regierende Hand Gottes auf uns wegen unser Weltlichkeit und unseres Ab-weichens vom Wort zu erkennen, uns zu beugen unter die züchtigende Hand Gottes, die Schande und den Schmerz der Trennungen anzunehmen, in ruhigem Gehorsam gegen Gottes Wort zu verharren auf der Grundlage Gottes für Sein Volk, indem wir das Übrige zu stärken suchen und das Volk Gottes nähren? Und würden nicht die, die in Ergebenheit und Treue zum Wort entschlossen auf diese Weise handelten, eine Zuflucht für das bedrängte Volk Gottes in jeder Gegend sein? H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1984, Seite 207

Bibelstellen: 2Chr 11

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