Nur auf Gott vertraue still meine Seele!

Es ist ein kostbares Wort aus dem 62. Psalm, über das nachzusinnen immer recht, immer angebracht ist – besonders jedoch zu Beginn eines neuen Jahres, das dunkel vor uns liegt:

„Nur auf Gott vertraue still meine Seele! denn von ihm kommt meine Erwartung“ (Vers 5).

Gerade weil die Tage vor uns in Dunkel gehüllt, gerade weil sie böse und voller Prüfungen sind, brauchen wir Gottvertrauen. Hast du im vergangenen Jahr manche Not durchgemacht und hast somit Furcht vor weiteren Schwierigkeiten im neuen? Hast du Leiden aus dem alten Jahr mit in das neue hinübergenommen? Beschwichtige deine Seele: „Nur auf Gott vertraue still meine Seele!“

Ist nicht die gnädige Fürsorge Gottes, deines Vaters, jeder Schwierigkeit, wie und wo sie sich erheben mag, wenigstens ebenbürtig? Kann deine Not, können deine Bedürfnisse über die Macht Seiner helfenden Hand hinausgehen? Nein, absolut nein! Aber sag Ihm, was dich drückt; breite deine Umstände einfältig, ernstlich vor Ihm aus; sage Ihm alles – und sei es unter Tränen! Halte nichts zurück! Er liebt es, Ihn ehrt es, wenn man Ihm völlig vertraut. Er ist denen, die Ihn suchen, ein Belohner. So warte im Vertrauen auf Ihn auf Seine Antwort! Wahrscheinlich wird Seine Antwort nicht auf jene Weise erfolgen, die du erwartet hast, wird sie nicht durch jenes Mittel erreicht werden, an das du dachtest, aber sei dessen gewiß kommen wird sie.

Gewiß sind deine Bedürfnisse und Schwierigkeiten eine Wirklichkeit, aber ebenso wirklich ist, daß Gott sie vollkommen kennt, Er kennt auch dich und – liebt dich „Euer himmlischer Vater weiß“ – welch ein Frieden spendendes, tröstliches Bewußtsein‘ Deine Not ist da, ist dringend Weiß Er es nicht? Sein Liebe wird hindurch helfen Er liebt zu geben In Seiner Sorgfalt für dich überblickt Er alles – den Anfang und das Ende, Er kennt auch die Ursache deiner Ängstlichkeit Aber sind nicht alle Hilfsquellen in Ihm? Er hat die Haare deines Hauptes alle gezahlt Er ernährt die Sperlinge Er kleidet die Lilien des Feldes in Schönheit, und sie wachsen, ohne sich zu muhen Sie zeigen dem Christen, was er sein, was er tun sollte Aber über diesem allen gab Er Seinen Sohn in den Tod, für dich und mich Konnte Er mehr Sein Liebe zeigen? Und sollte Er uns mit Ihm nicht auch alles schenken? Hat Er uns nicht Grund genug gegeben, Ihm völlig zu vertrauen, auch für die vor uns liegende Wegstrecke?

„In deiner Hand sind meine Zeiten“ (Ps 31,15) Welch ein Trost liegt auch dann‘ Ob sie dunkel oder strahlend sind, ob es Zeiten der Trübsal, der Trauer, der Einsamkeit, der Krankheit oder gar des Todes sind – sie sind in Seiner Hand Es ist eine allmächtige Hand, es ist eine unsagbar zärtliche Hand, die Sein, in der deine Geschicke sind und die dich sanft leitet Das ist genug für den Glauben „Deine Wohnung ist der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme“ (5. Mo 33,27) Stutze dich ganz, stutze dich fest auf sie‘ Bedenke, die Arme, die dich umfangen, sind Arme vollkommener Liebe und Macht!

Zudem gibt Er nicht nur Tage der Prüfung, sondern auch Tage der Freude und des Frohsinns, auch sie sind in Seiner Hand Sie haben in Seinen Wegen mit uns ebenso ihren festen Platz wie erstere Aber es ist wahr Licht und Finsternis, Wolkendunkel und Sonnenschein, Tranen und Fröhlichkeit sind in dem Leben jedes einzelnen Gläubigen auf seltsame Weise miteinander vermischt und verwoben Unser Leben gleicht einem verwobenen Netzwerk Wer kann seinen verschlungenen Faden nachspüren, wer kann seine Geheimnisse kundtun und seine scheinbaren Widersprüchlichkeiten erklären? Aber die Zuversicht des Glaubens ist dies, daß Er, unser Gott, den Faden unseres Lebens in Seiner Hand halt Vor Ihm ist alles licht, wie finster und verworren und unerklärlich es auch für uns sein mag Wie unlösbar das Rätsel auch sein mag, erkläre alles mit Seiner Liebe, die deine Seele sehr wohl kennt! Der Charakter Seiner Wege mit uns ist einfach das Spiegelbild Seines Wesens – Licht und Liebe.

„Wir wissen aber, daß denen, die Gott heben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind“ (Rom 8,28) Fuhre alle Dinge, die guten wie die böse scheinenden, direkt zu der eigentlichen Quelle zurück – zu Gott, zu dem Gott, der Seinen eingeborenen Sohn gab, und dort ruhe aus‘ Der Schatten spendende Wunderbaum war zu seiner Zeit ebenso von Gott gegeben wie der nagende Wurm (Jona 4). Die Beschäftigung mit zweitrangigen Ursachen oder Mitteln ist töricht und macht unglücklich, denn sie schließt Gott aus den Umständen aus, und das ist Unglaube. Keine Not kann dich erreichen, keine Krankheit dich treffen, es sei denn, Er habe sie gerufen. Haben dich deine Freunde verlassen? „Von MIR aus ist diese Sache geschehen.“ Hast du gar das Liebste auf Erden durch den Tod verloren? Es ist an Ihm vorübergegangen. Er sitzt selbst am Schmelztiegel (Mal 3,3), macht ihn nicht heißer, als es zur Läuterung des Goldes nötig ist. Er wird mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen. Ja, alle Dinge wirken zum Guten mit (sie sollen es nicht nur), auch die, die wir selbst verschuldet haben – wenn wir nur offen und aufrichtig vor Ihm sind. Dann kann Er selbst aus den Fehlern, die wir gemacht haben, Gutes hervorkommen lassen, zum Segen für uns und andere.

Der Herr Jesus war der „Mann der Schmerzen“, Er war und ist mit Leiden vertraut. Wir müssen unser Leid, unsere Nöte und Schwierigkeiten nicht allein tragen. Der schrecklichste Sturm kann uns ebenso wenig verschlingen wie Ihn. Während die Wellen hochgehen und das Schiff zu zerschlagen drohen, schläft Er bei uns im Schiff (Markus 4,37-41). Christus ist bei uns in unseren Umständen – im wildesten Sturm, in der dunkelsten Nacht. Deswegen laßt uns – auch im Hinblick auf die kommenden Tage des neu angebrochenen Jahres – sagen:

„Nur auf Gott vertraue still meine Seele! denn von ihm kommt meine Erwartung.“

Kommen trotzdem dunkle, trübsinnige Gedanken in deiner Seele auf? Verscheuche sie! Sie sind nicht von Dem, der Licht und Liebe ist. Zweifel – das Gegenstück von Gottvertrauen – haben stets den Teufel zum Ursprung.

Sorge dich auch nicht darum, was kommen könnte! Wie viel Sorgen machen wir uns unnötigerweise! Vielleicht siehst du am Horizont eine Wolke, „klein wie eines Mannes Hand“, emporsteigen, und du befürchtest, daß sie wohl bald deinen ganzen „Himmel“ verfinstern werde. Aber unter der Umsicht und Güte Gottes zieht sie wieder so unmerklich vorüber, wie sie gekommen war. Guter und treuer Gott, Du bist so viel besser und gütiger, als wir oft glauben!

„Wüsten-Lektionen“ sind sowohl für uns als auch für andere bestimmt. Lerne sie deswegen gut, damit du als Frucht der Trübsal andere mit dem Trost trösten kannst, mit dem du selbst von Gott getröstet worden bist (2. Kor 1,4)! Gestatte deiner Seele nicht, sich im Leid in selbstsüchtiger Weise von anderen abzukapseln! Gott wendete die Gefangenschaft Hiobs, als er für seine Freunde betete (Hiob 42,10), und „mehrte alles, was Hiob gehabt hatte, um das Doppelte“.

Drangsal kann uns nicht von der Liebe Gottes trennen, aber – o köstlicher Gedanke! – bald, gar bald, wird uns die Liebe Gottes auf ewig von jeder Drangsal trennen und uns in die ewige Glückseligkeit bringen. Sein Name sei schon jetzt und immer und ewiglich dafür gepriesen in Christo Jesu, unserem Herrn!

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1985, Seite 1

Bibelstellen: Ps 62, 5

Stichwörter: Prüfung, Vertrauen