Anbetung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Schon viele haben Schwierigkeiten bei dem Gedanken gehabt, daß nach der Entrückung der Versammlung wieder Tier-Opfer auf Erden dargebracht werden sollen. Die Schwierigkeiten haben in der Hauptsache ihren Grund in der Annahme, daß der jüdische Opferdienst ein für allemal abgeschafft worden sei, nachdem der Herr Jesus auf dem Kreuz das vollkommene Opfer dargebracht hat. Dennoch wird in der Schrift nirgends gesagt, daß der durch Mose gebotene Opferdienst für immer weggetan sei. Gewiß sind alle, die in der jetzigen Zeit der Gnade an den Herrn Jesus glauben, dem Gesetz getötet worden, und die, die berufen worden sind, mit Christus außerhalb des Lagers zu sein, haben notwendigerweise dem Tempel und seinem Ritual ein für allemal den Rücken gekehrt. Daß es aber wieder Opfer geben wird, wird z. B. in Hesekiel 43,18-27 so klar gelehrt, daß dies jeder, der sich unter Gottes Wort beugt, völlig annimmt. Auch Jesaja 66,23 und Maleachi 1,11 deuten auf dieselbe Tatsache hin. Weiter zeigt uns Hesekiel 44,15 und 16, daß die Söhne Zadoks wieder in ihren priesterlichen Dienst und ihre priesterlichen Funktionen als ein heiliges Priestertum eingesetzt werden, um Opfer darzubringen; denn der Herr wird den Bund eines ewigen Priestertums, den Er mit Pinehas schloß, nicht widerrufen.

Aber die gedankliche Schwierigkeit ergibt sich wahrscheinlich daraus, daß man zu wenig den wesentlichen Unterschied versteht, der zwischen dem Charakter der Anbetung derer besteht, die irdische Verheißungen und eine irdische Berufung haben, und uns, die wir eine himmlische Berufung und himmlische Segnungen besitzen und schon auf Erden an einer Anbetung teilhaben, wie wir sie im Himmel fortsetzen werden. Wir haben kein Ritual, in welchem Tier-Opfer und buchstäblicher Weihrauch ihren Platz haben; nein, wir bringen geistliche Schlachtopfer dar, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum. Deshalb brauchen wir auch keinen sichtbaren Altar, und die Sprache der Ältesten im Himmel (Offb. 5) ist schon jetzt den Christen auf Erden angemessen, die in Geist und Wahrheit anbeten, denn sie beten den Vater (Joh 4,23) und durch den Geist Gottes (Phil 3,3) an. Somit ist völlig klar, daß kein Unbekehrter an solch einem Dienst teilhaben kann. Nur Kinder können den Vater anbeten, nur solche, die Teilhaber der Errettung geworden sind, können durch den Geist Gottes dienen und anbeten, und solche nennt der Herr wahre Anbeter.

Aber in den Tagen vor dem Kreuz war es gänzlich anders. Die Menschen nahten Gott durch Opfer, und Israel, Gottes auserwähltes Volk, nahte dem Altar mit seinen Opfern, ohne daß damit die Frage erhoben wurde, ob der einzelne von neuem geboren war oder nicht. Als Gottes irdisches Volk sollten sie Ihn anerkennen, und indem sie es taten, wurde das Handeln Gottes in Seiner Regierung für eine gewisse Zeit von ihnen abgewendet. Christen bringen ihre Opfer, die Frucht ihrer Lippen, nicht dar, um das göttliche Mißfallen abzuwenden oder ihre Annahme bei Ihm zu erreichen. Sie beten an, weil der göttliche Zorn von ihnen abgewendet worden ist und sie in dem Wert des Sühnungstodes Seines Sohnes als Angenommene vor Ihm stehen. Vor dem Kreuz wurde Gott als der Schöpfer und als Jehova angebetet, und als solcher wird Er auch später wieder angebetet werden. In diesem Sinn konnten Ihn auch Unbekehrte vor alters anbeten.

Die Wiederbelebung des durch Mose gebotenen Opferdienstes braucht keine Schwierigkeiten bei dem Leser der Heiligen Schrift hervorzubringen. Opfer können sowohl zurückerinnernd als auch vorausschauend sein. Das Blut der Stiere und Böcke besaß keinen wirklichen Wert (Heb 10,4); sein Wert lag nur darin, daß es vorbildlich auf das Blut Christi hindeutete. Wenn nun später im Tausendjährigen Reich wieder das Blut von Opfertieren vergossen werden wird, so wird es in Erinnerung an das ein für allemal vergossene Blut Christi sein. Es liegt wirklich keine Schwierigkeit in dem Gedanken, daß Opfer nicht nur einen vorbildlichen, vorausschauenden Charakter tragen, sondern daß sie auch rückwirkend an das erinnern, was geschehen ist. Und da für jene, deren Segnungen mit der Erde verbunden sind, die normale Art und Weise der Anbetung in dem Darbringen von Opfern besteht, so verwundert es nicht, daß dies auch wieder so sein wird, wenn das irdische Volk wieder als Volk Jehovas anerkannt werden wird.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1986, Seite 372

Bibelstellen: Jes 66, 23

Stichwörter: Anbetung, Opfer