Joseph

Kapitel 4: Erhöhung und Herrlichkeit (1. Mo 41)

In diesem Teil der Geschichte Josephs gelangen wir zu dem Zeitabschnitt, in dem Gott Seinen Plan bezüglich der Herrlichkeit und Erhöhung Josephs wie auch der Herrschaft Ägyptens enthüllt. Und wenn diese großartige Geschichte entfaltet wird, sehen wir darin im Vorbild Gottes Vorsatz der Erhöhung Christi und Gottes Plan für die Regierung der Welt.

Die Werkzeuge Gottes

Die Pläne Gottes müssen jedoch zu Seiner Zeit durch Seine Werkzeuge und auf Seine Weise ausgeführt werden. Joseph hatte wahrscheinlich eine umgehende Freilassung erwartet, nachdem der Mundschenk wieder in seine Stellung am Hofe Pharaos eingesetzt war. Aber zwei ganze Jahre müssen vergehen, bevor Gottes Zeit da ist. Wenn die rechte Zeit gekommen ist, ist auch das letzte Werkzeug in der Hand Gottes bereit, das Werk zu vollenden, das zur Erhöhung Josephs führt. Gott hatte schon den Obersten des Pharao, den Kerkermeister des Pharao und den Mundschenk des Pharao benutzt, nun wird Er den Pharao selbst benutzen. Ferner muß es auch auf die Weise Gottes geschehen. Es wird ein Traum sein, ein Nachtgesicht (Hiob 4,13), wodurch Er den Geist Pharaos beunruhigen und das schlummernde Gedächtnis des Mundschenken wecken wird (V. 8. 9).

Der Verstand des Menschen

Zuerst offenbart Gott, was Er im Begriff steht auszuführen, aber dennoch können die Menschen sich die Offenbarungen Gottes nicht zunutze machen. Gott spricht durch einen Traum zu Pharao, durch das Schreiben auf die Wand in den Tagen Belsazars, durch „große Freimütigkeit“ in unseren Tagen (2. Kor 3,12); aber wie in vergangenen Tagen so gehen auch heute die Weisen dieser Welt in ihren Bemühungen, das Wort Gottes auszulegen, völlig fehl. So ließ auch Pharao „alle Schriftgelehrten Ägyptens und alle seine Weisen rufen“, nur um feststellen zu müssen, daß keiner da war, der die Träume „dem Pharao deutete“ (V. 8). Das von Natur überhebliche Denken des Menschen macht ihn blind für die einfache Tatsache, daß die Mitteilungen Gottes nur durch Gott selbst gedeutet werden können.

Zuverlässige Deutung

Indem so die „Weisheit der Weisen“ zunichte geworden und der „Verstand der Verständigen“ hinweggetan wurde (1. Kor 1,19), greift Gott auf diesen Mann, den Er sich aufbewahrt hat, zurück, einen Mann, „in welchem der Geist Gottes ist“ (V. 38). Aber der Mann Gottes ist in den Augen der Welt immer von geringem Ansehen. Der Mann, der dazu bestimmt ist, eine Macht auszuüben, die kein Mensch vorher oder nachher jemals ausgeübt hat, schmachtet zu dieser Zeit in einem Gefängnis und zählt zu den Unedlen und Verachteten dieser Welt (1. Kor 1,28). Dennoch ist er der von Gott Auserwählte, „auf daß er das Starke zu Schanden“ und „das, was ist, zunichte mache“ (1. Kor 1,27. 28).

So geschieht es, daß Joseph aus dem Kerker in die Gegenwart des mächtigsten Herrschers der Erde gebracht wird. Pharao, in der Sprache des natürlichen Menschen, sagt sogleich: „… ich habe von dir sagen hören, du verstehst einen Traum, ihn zu deuten“ (V. 15). Joseph bekennt offen: „Das steht nicht bei mir.“ Joseph in sich selbst war dazu genauso unfähig wie die weisen Menschen Ägyptens. Sie mögen tatsächlich in aller Weisheit Ägyptens unterrichtet sein, sie mögen die höchste Position am Hofe Pharaos innehaben; Joseph hingegen ist „ein hebräischer Jüngling, ein Knecht“ (V. 12) in einem Kerker. Aber weil Gott mit ihm ist, kann er die Weisheit der Weisen übertreffen, kann er ohne Furcht in der Gegenwart Pharaos stehen und mit der größten Überzeugung sagen: „Gott wird antworten, was dem Pharao zum Heil ist“ (V. 16). Er sagt nicht: „Gott kann dem Pharao antworten“, wie wahr das auch gewesen wäre, aber der Glaube, der über das hinausgeht, was Gott tun kann, stellt bestimmt fest, daß Gott es tun wird.

Klare Einsicht

Daß sie den Geist Gottes besitzen, das macht den unermeßlichen Unterschied zwischen den Kindern Gottes und den Weisen dieser Welt aus. Viele mögen tatsächlich eine große Gelehrsamkeit besitzen, wohl versorgt mit dem Wissen, das diese Welt anbieten kann, und zudem eine hohe Stellung in der religiösen Welt innehaben. Aber wenn sie nicht von neuem geboren sind, sind sie nur natürliche Menschen, ohne den Geist. Sie können nicht einmal die Dinge sehen, die zum Reich Gottes gehören, geschweige denn in dieses gerechte Reich eintreten.

Göttliches Verständnis

Nachdem Joseph den Bericht des Pharaos über seinen Traum gehört hat, ergreift er das Wort und teilt dem Pharao eine dreifache Botschaft von Gott mit. Zuerst sagt er zweimal: „Was Gott tun will, hat er dem Pharao kundgetan“ (V. 25. 28). Die Weisen Ägyptens hatten sicherlich ihre Vorstellung bezüglich der Zukunft Ägyptens und gestalteten ihre Politik und ihre Pläne in Übereinstimmung mit ihren eigenen Ideen – so wie auch heute die Führer dieser Welt, seien es politische, religiöse, geistige, kapitalistische oder gewerkschaftliche, ihre verschiedenartigsten Theorien über die zukünftige Regierung dieser Welt haben. Aber von dem größten Imperialisten, den man sich je denken könnte, bis zu dem allerniedrigsten Bolschewisten ist allen eines gemeinsam – alle Überlegungen der Menschen schließen Gott aus der Welt Gottes aus. Die Menschen wollen nicht anerkennen, daß Gott der „Gott Himmels und der Erde ist“. Gott wird für den Himmel gutgeheißen, über den der Mensch nichts weiß und der ihm gleichgültig ist. Aber was die Erde betrifft, dem Mittelpunkt allen Trachtens des Menschen, muß diese in Übereinstimmung mit dem Wunschbild des Menschen regiert werden, ein Wunschbild, das dem Willen des Menschen den höchsten Platz gibt und Gott völlig ausschließt. Dennoch hat Gott Seine Pläne für die zukünftige Regierung der Welt, und über diese Pläne hat Er uns nicht im unklaren gelassen. In den Tagen Pharaos lesen wir: „Was Gott tun will, hat er den Pharao sehen lassen.“ Uns hat Er es heute noch viel deutlicher durch direkte Offenbarungen gezeigt, „was nach diesem geschehen muß“- (Offb. 4,1).

Gott stand im Begriff, Ägypten durch einen Mann regieren zu lassen, der von seinen Brüdern verachtet und von der Welt hinausgeworfen und vergessen wurde. Aber Gott hat uns kundgetan, daß es das Wohlgefallen Seines Willens ist, alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist (Eph 1,9. 10). Der Eine, der, als Er in diese Welt eintrat, nicht einmal in einer Herberge Raum fand (Lk. 2,7), der, als Er diese Welt durchschritt, ein Fremdling war, der nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlegte, der am Ende Seines Weges an ein Kreuz zwischen zwei Übeltäter genagelt wurde, das ist der Eine, von dem Gott gesagt hat: „… und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“ (Jes 9,6).

Menschliche Unbeständigkeit

Außerdem erfährt Pharao aus dem Mund Josephs eine zweite Wahrheit. Gott hat nicht nur einen Plan für die Regierung Ägpytens, sondern die Sache ist auch „von selten Gottes fest beschlossen“ (V. 32).

Der Scharfsinn des Menschen kann eine verwirrende Kette von Anschauungen und Plänen entwickeln, aber alles trägt den verhängnisvollen Stempel völliger Unbeständigkeit. Die eine Generation entfaltet ihre Anschauungen und verfolgt ihre Pläne mit ungeheurer Energie, nur damit sie durch eine folgende Generation völlig beiseite gesetzt werden. Jedoch Gott allein kann aussagen: „… der ich von Anfang an das Ende verkünde, und von alters her, was noch nicht geschehen ist“ und: „Mein Ratschluß soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun“ (Jes 46,10).

Direktes Eingreifen

Dann wird dem Pharao eine dritte Wahrheit verkündet. Die Sache ist nicht nur von „selten Gottes fest beschlossen“, sondern Gott eilt auch, „sie zu tun“ (V. 32). Gott hat einen geoffenbarten Plan. Gott hat Seinen Plan festgelegt, und was Gott geplant und festgelegt hat, wird Er auch zur Ausführung bringen. Die Menschen träumen davon, ein Friedensreich nach ihren eigenen Gedanken und durch ihre eigenen Anstrengungen, durch Bildung, Kultur, Abrüstung, Verträge und Bündnisse, zustande zu bringen, aber alles wird vergeblich sein.

Gott hat es völlig klargemacht, daß Sein tausendjähriges Friedensreich allein durch Sein direktes Eingreifen zustande kommen wird. So wie es in Josephs Tagen war, wird es auch in unseren Tagen sein: Gott wird es tun. Hat Er es nicht durch den Mund des Propheten sagen lassen: „Ich habe geredet, und ich werde es auch kommen lassen; ich habe entworfen, und werde es auch ausführen“ (Jes 46,11)? Mehr noch, Gott eilt, es zu tun. Die Zeit mag lang erscheinen, denn Gott verweilt noch in langmütiger Gnade, da Er nicht will, daß irgend welche verloren gehen. Aber so wie in den Tagen Pharaos, so ist es auch in unseren Tagen Dem, der auf dem Weg zur Herrschaft ist, gegeben, „seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muß“ (Offb. 1,1).

Deutliche Anweisungen

In Übereinstimmung mit dem festen Plan Gottes, wird Pharao auch darüber unterrichtet, wie Gott Seine Pläne ausführen wird. Den sieben Jahren des Überflusses werden sieben Jahre der Hungersnot folgen, und Pharao ist angewiesen, sich „einen verständigen und weisen Mann“ zu ersehen und ihn über das Land Ägypten zu setzen (V. 33).

Zwei Dinge kennzeichnen diesen Plan. Erstens bestimmt Gott, daß nur ein Mann über das Land gesetzt werden soll, und zweitens wird Gott die Umstände so fügen, daß alles unter die Herrschaft dieses Mannes kommen wird.

Joseph war dazu bestimmt, über alles gesetzt zu werden, und durch die sieben Jahre der Hungersnot, die den sieben Jahren des Überflusses folgen würden, würde ihm alles untergeordnet werden. Die Umstände und dieser Mann würden zusammenwirken, um den beabsichtigten Plan Gottes zustande zu bringen.

Prophetische Einsicht

Das ist auch Gottes Plan für die zukünftige Herrschaft der Welt. Nicht durch Parlamente und Kabinette, nicht durch Ratgeber und Minister wird Gott regieren, sondern durch „einen verständigen und weisen Mann“, der über alles gesetzt wird. Und alles wird unter Seine Herrschaft gebracht werden, entweder durch den Tag der Gnade oder am Tage des Gerichts – den Jahren des Überflusses oder den Jahren der Hungersnot. Nahezu zweitausend Jahre ist Gott dem tiefsten Bedürfnis des Menschen entsprechend dem Reichtum Seiner Gnade begegnet. Viele sind so unter die Herrschaft Christi gekommen, indem sie Ihn als Herrn anerkennen, zu Seiner Verherrlichung und zu ihrem Segen. Aber die Welt als Ganzes, die Gottes Gnade mißachtet und die Ansprüche Christi abgelehnt hat, wird dahin gebracht werden, sich am Tage des Gerichts, der den Jahren der Gnade folgt, beugen zu müssen. „Denn wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen Gerechtigkeit die Bewohner des Erdkreises“ (Jes 26,9).

(Wird fortgesetzt) H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1987, Seite 185

Bibelstellen: 1Mo 41, 1-36

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