Joseph

Kapitel 4: Erhöhung und Herrlichkeit (1. Mo 41, Fortsetzung)

Herausragende Bedeutung

Alles erschien in den Augen Pharaos gut, und er schickt sich an, die durch Joseph von Gott gegebenen Ratschläge auszuführen. So geschah es, daß „der Abgesonderte unter seinen Brüdern“ (5. Mo 33,16) auf den Platz höchster Herrschaft „über das ganze Land Ägypten“ gesetzt wird (V. 41). Die Verwerfung durch seine Brüder und die Demütigung, die er ertragen hatte, die niedrige Stellung, in der er sich bewährt, und die Leiden, die er erduldet hatte, führten schließlich zu dem Platz der Erhöhung und finden eine Antwort in den mannigfaltigen Herrlichkeiten, die ihm als dem Herrn von allem zuteil wurden. Zudem, wenn die Tage seiner Leiden ein Vorbild jener weit tieferen Leiden und Verwerfung Christi waren, dann kündet auch seine Herrschaft von den weit größeren Herrlichkeiten Christi als dem hocherhobenen Menschen. In den Lebensbildern der großen Heiligen des Alten Testaments erfreut es den Heiligen Geist, die Überlegenheit Christi vorausahnen zu lassen; durch herrliche Psalmen und packende Prophezeiungen wird Seine Erhöhung vorhergesagt. Und wenn Er, nachdem jetzt alle Seine Leiden erfüllt sind, zur Rechten Gottes erhöht ist, dann nimmt der Heilige Geist mit noch größerer Freude von dem, was Christus betrifft, und entfaltet uns Seine verschiedenen Herrlichkeiten, die Er als der Eine über allem hat.

Würdiger Vorrang

Im Epheserbrief lernen wir, daß der Ratschluß Gottes die Erhöhung Christi zum Ziel hat, denn wir lesen dort von „seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst, … alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist.“ Und in Übereinstimmung mit diesem Vorsatz hat Er Ihn bereits zu Seiner Rechten gesetzt „in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen“ (Eph 1,20-22).

Im Kolosserbrief lernen wir, daß die Herrlichkeit Seiner Person den Platz der Erhöhung erfordert. Wenn Er „das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung“, Der, durch den alle Dinge geschaffen wurden, der vor allen und der Erhalter von allem ist, dann muß Er allerdings in allen Dingen den Vorrang haben (Kol 1,15-18).

Im Philipperbrief bewirkt Seine tiefe Erniedrigung Seine Erhöhung, denn wir lesen dort, daß Er „sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam ward bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist“ (Phil 2,7-9).

Im Hebräerbrief bereiten Ihn Seine Leiden für Seine Erhöhung zu. Der, der über alles gesetzt ist – gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre – wurde zuerst durch Leiden vollkommen gemacht (Heb 2,9.10).

Im Petrusbrief lernen wir, daß Seine Kostbarkeit in den Augen Gottes durch Seine Erhöhung bezeugt wird. Der „Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar…“ ist zum Eckstein geworden (1. Pet 2,4. 7).

Ferner sagt uns Johannes, daß, wenn andere an den Segnungen und an der Herrlichkeit Seiner Erhöhung teilhaben sollten, Leiden und Tod der Weg zur Erhöhung sein müssen. Wenn der Augenblick gekommen war, daß der Sohn des Menschen verherrlicht werden sollte, dann war das auch der Zeitpunkt, wo das Weizenkorn in die Erde fallen und sterben mußte, oder es bliebe für immer allein.

Passende Einführung

Wenn Joseph nun in eine Vorrangstellung eingeführt wird, muß notwendigerweise alles dieser Stellung entsprechen. Die Gefängniskleider sind abgelegt, als der Kerker mit alledem, was er mit sich brachte, hinter ihm liegt. Der königliche Ring, die feine Leinwand und die goldene Kette (V. 42) verkünden seinen hohen Rang; und das alles ist in einem noch viel tieferen und geistlicheren Sinn wahr von Christus und Seiner Erhöhung. Das Gewand der Erniedrigung und Armut, in das Er sich aus Gnaden hier kleidete oder das Menschen aus Verachtung Ihm anlegten, ist für immer beiseite getan. Die Dornenkrone wird durch eine Krone der Herrlichkeit ersetzt werden, das Rohr durch das königliche Zepter und der Leibrock ohne Naht durch das glänzende Gewand, das weißer ist als Schnee. Auf der Erde erschien Er als der „Arme“, im Himmel leuchtet die Herrlichkeit Gottes in Seinem Angesicht. Er ist nicht nur in der Herrlichkeit, sondern Er ist verherrlicht.

Berechtigte Schlußfolgerung

Alle sind aufgerufen, sich vor dem erhöhten und mit Herrlichkeit bekleideten Joseph niederzuwerfen (V. 43), und keiner darf unabhängig von ihm handeln. „Ohne dich soll kein Mensch seine Hand oder seinen Fuß aufheben im Lande Ägypten“ (V. 44), sagt Pharao. Wenn Joseph der Höchste ist, sind alle aufgefordert, sich zu unterwerfen.

Und so auch heute. „Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge“ (Phil 2,10). Der Christ ist erfreut, sich während der reichen Jahre der Gnade beugen zu dürfen; die Welt wird gezwungen werden, sich in den Jahren der Hungersnot zu beugen.

Geteiltes Erbe

Am Tag seiner Erhöhung erweist sich Joseph als ein wahrer Offenbarer der Geheimnisse – als Zaphnath-Pahneach*) (V. 45).

*) Anmerkung des Übersetzers: Für dieses Wort gibt es drei Bedeutungen (siehe auch Fußnote der Elberfelder Übersetzung): „Retter der Welt“, „Erhalter des Lebens“ und „Offenbarer der Geheimnisse“ („der das Verborgene erklärt“).

Die Weisen Ägyptens mit all ihrer Gelehrsamkeit konnten weder Geheimnisse deuten noch die Zukunft kundtun. Auch Gott hat Seine Geheimnisse, die selbst Propheten, Priestern und Königen unerforschlich und verborgen bleiben. Sie hatten herrliche Dinge über Christus zu sagen, aber es gab Geheimnisse, die voraussetzten, daß Christus gekommen war – der Offenbarer der Geheimnisse. Wenn Christus erhöht ist, dann ist tatsächlich das größte Geheimnis von allen geoffenbart – das Geheimnis von Christus und der Versammlung, Seiner Braut aus den Heiden, von der wir, da es nun enthüllt ist, in Joseph und Asnath ein schwaches Vorbild sehen können. Von seinen Brüdern verworfen, die in dem weitentfernten Kanaan zurückgeblieben sind, ist Joseph, ohne daß es ihnen bekannt ist, auf einen Platz höchster Ehre erhöht. Dort empfängt er eine Braut aus den Heiden, die seinen Platz der Herrlichkeit teilt. Auch Christus, auf dieser Erde durch Israel verworfen, läßt dieses Volk unter der Schuld ihrer Sünde und nimmt einen Platz im Himmel ein. Während dieser Zeitepoche, in der Er zur Rechten Gottes ist, wird die Versammlung aus den Nationen herausgerufen und Ihm gegeben, um die Herrlichkeit Seines Königreiches mit Ihm zu teilen.

Große Ernte

In den Jahren des Überflusses benutzt Joseph seinen Platz der Herrschaft, um für Ägypten eine große Ernte einzubringen. Er beschäftigt sich während der Jahre des Überflusses mit der Ernte Ägyptens und wird in den Jahren der Hungersnot mit den Menschen Ägyptens handeln (V. 36-49).

Heute, in den Jahren der Gnade, geht die Welt durch ihre „sieben Jahre des Überflusses“, in denen die Gnade Gottes den Segen „händevoll“ spendet. Die Menschen der Welt mögen die Segnungen, die die Gnade vor ihre Tür legt, gänzlich mißachten und ihren Weg völlig unbekümmert um die Zukunft einrichten. Anscheinend nutzten die Menschen aus Ägypten die Jahre des Überflusses nicht aus, um für die Jahre der Hungersnot zurückzulegen. Wir lesen nicht, daß sie irgendwelche Nahrung zusammentrugen. Es war Joseph, der durch das Land zog und Speise sammelte. Und so ist es heute der erhöhte Christus, der in den Tagen der Gnade – im Bilde gesprochen – Seelen als Ernte einbringt. Er geht durch das Land, um Sein Volk aus der Welt herauszusammeln. Aber wenn die Zeit der Gnade abgelaufen ist, wird Er mit den Menschen der Welt handeln.

Vollkommene Genugtuung

Die beiden Söhne, die Joseph geboren werden, zeugen ebenso von Christus. Manasse bedeutet, wie wir wissen, „der vergessen macht“ und Ephraim „doppelte Fruchtbarkeit“. Von seinen Brüdern verworfen, war sein Weg von Leiden und Mühsal gekennzeichnet gewesen, aber Joseph hat seine große Belohnung und wird fruchtbar in dem Land seines Leidens. Auch mit Christus ist es nicht anders. Sein Volk von alters her mag Ihn verachten, ablehnen und Ihn zu den Missetätern zählen; aber in den Tagen Seiner Verwerfung, „wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen“, ja fürwahr, „von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen“ (Jes 53,10. 11). Israel konnte sagen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Mt 27,25), und sie werden den Becher der Schuld bis zur Neige leeren, aber Christus hat durch ihre Verwerfung nichts verloren. Seine „Mühsal“ hat die herrliche Antwort in einer großen Ernte von Seelen, die während der Zeit Seiner Verwerfung durch Israel aus der Welt herausgerufen werden. Die Zeit, in der Er von Israel „vergessen ist“, ist die Zeit, in der Er Frucht aus den Nationen sammelt.

Dir, dem Retter, der nicht scheute diese Pein, nicht wich zurück, Dir gehört die Meng‘ zur Beute, Dir verdankt sie all ihr Glück.
Dich, der einst mit Sund‘ beladen an dem Kreuz gelitten hat, Dich erheben Myriaden ewig für die größte Tat.
(Wird fortgesetzt)
H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1987, Seite 218

Bibelstellen: 1Mo 41, 37-52

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