Joseph

Kapitel 8: Dienst (1. Mo 45,9-24)

Joseph hat sich seinen Brüdern zu erkennen gegeben, ihre Furcht vertrieben, ihre Vergangenheit geordnet und ihre Zukunft gesichert. Die Liebe Josephs hat seine Brüder in die liebliche Gemeinschaft mit ihm gebracht, denn wir lesen: „Und er küßte alle seine Brüder… und danach redeten seine Brüder mit ihm“ (V. 15). Nun können wir lernen, daß die Vertrautheit der Liebe für den Dienst der Liebe zubereitet. Diejenigen, die Joseph für sich gewonnen hat, möchte er für seinen Dienst gebrauchen. Seine Brüder sollen seine Zeugen werden.

Die Zubereitung zum Dienst

In gleicher Weise handelt der Herr mit dem Besessenen. Bekleidet und vernünftigt sitzt er zu den Füßen des Herrn – freigemacht durch das Wort des Herrn. Die Anweisung des Herrn bereitet ihn für seinen Dienst zu, denn der Herr sagt: „Kehre in dein Haus zurück und erzähle, wieviel Gott an dir getan hat“ (Lk 8,29. 35. 39). So handelt der Herr auch mit Seinen Jüngern am Abend des Auferstehungstages. Wie Joseph in der Gegenwart seiner Brüder, so gibt sich der Herr den verängstigten und erschrockenen Jüngern zu erkennen. Er spricht zu ihren beunruhigten Herzen das Wort des Friedens. Dann gibt Er ihnen den großen Auftrag und redet von dem hohen Vorrecht, Seine Zeugen zu sein (Lk 24,48; Apg 1,8).

Das Vorbild für den Dienst

Wie bei den Brüdern Josephs, dem Besessenen und den Jüngern am Auferstehungstag, muß auch bei uns die Zubereitung zum Dienst dem Dienst vorangehen. Wir sind oftmals mehr darauf bedacht, gebraucht zu werden, als darin geübt, dem, was der Herr will, zu entsprechen und zu jedem guten Werk bereit zu sein. Zudem können wir nur dann zum Dienst zubereitet werden, wenn wir mit Christus allein sind und in der Gemeinschaft mit Ihm und in dem Bewußtsein Seiner Liebe von Seiner Gesinnung lernen.

Wie ergreifend wird dies in der schönen Szene zwischen Joseph und seinen Brüdern dargestellt, als er, abgesondert von allen anderen, seine Brüder küßt, und sie danach mit ihm reden (V. 15). Je mehr wir für den Herrn geheiligt leben, desto mehr werden wir für den Dienst zubereitet. Diejenigen, die in der rechten Weise dienen wollen, müssen zuerst zu Seinen Füßen sitzen und Sein Wort hören. Nur durch die verborgene Gemeinschaft mit Ihm können wir Seine Gesinnung lernen und so, entsprechend Seiner Anweisung, dienen. So war es auch mit den Brüdern Josephs. Die Anweisungen, wie sie zu dienen hatten, kamen von Joseph und nicht von den Brüdern. Als Joseph von Dienst spricht, setzen sie sich nicht gegenseitig zum Dienen ein, noch bestimmen sie, wie sie dienen wollen, noch zu wem oder wohin sie gehen, noch was sie sagen sollen. Der Auftrag zum Dienst und jede Einzelheit des Dienstes erhalten sie direkt von Joseph.

Die Bereitschaft im Dienen

Als erstes betont Joseph die Dringlichkeit ihres Auftrags. „Eilet“ (V. 9) heißt das Wort, mit dem er sie sendet. Das ist auch die Ermahnung in der heutigen Zeit, den letzten Tagen. „Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit“ (2. Tim 4,2).

Der Ort des Dienstes

Er weist sie nicht nur an, wie sie ziehen, sondern, als zweites, auch wohin sie ziehen sollen. Er sagt: „Ziehet hin, gehet nach dem Lande Kanaan“ (V. 17). Sie sollen gerade in dem Land Zeugen für Joseph sein, in dem er in den Tagen seiner Erniedrigung nur Böses für Gutes und Haß für seine Liebe geerntet hatte. Dort hatten sie ihn seiner Ehre beraubt, in eine Grube geworfen und für zwanzig Silberstücke verkauft.

So war es auch beim Abschied des auferstandenen Herrn von Seinen sich freuenden Jüngern. Sie erhalten nicht nur den Auftrag, allen Nationen Buße und Vergebung der Sünden zu predigen, sondern werden auch angewiesen, wo sie beginnen sollen. Das Wort des Herrn heißt: „Anfangend von Jerusalem“ (Lk 24,47). Das Zeugnis sollte an dem dunkelsten Fleck der Erde und unter den schlimmsten Sündern beginnen, dort, wo der Herr für dreißig Silberlinge verkauft, Seiner Kleider beraubt, durch eine Dornenkrone verspottet und an ein Kreuz zwischen zwei Räuber genagelt worden war. Ein alter Diener des Herrn hat einmal gesagt: „Es ist, wie wenn der Herr gesagt hätte: Erzählt es ihnen, obwohl sie meiner Lehre widersprochen, meine Gottheit verlästert, mein Leben genommen haben … und obwohl sie versucht haben, meinen Namen zu beschmutzen, indem sie mich einen Betrüger nannten. Geht nach Jerusalem, beginnt dort, und bezeugt ihnen das Wunder der Güte und Gnade, damit sie erkennen müssen, daß es nichts Größeres geben kann als ihre Sünde, mit Ausnahme meiner Barmherzigkeit und Gnade, denn wo,die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden‘ (Röm 5,20) … Beginnt in Jerusalem, und nachdem die rettende Wirkungskraft meiner Gnade sich dort erweist, wird keiner die Möglichkeit seiner eigenen Errettung anzweifeln können.“

Der Plan für den Dienst

Als drittes hören sie von Joseph, zu wem sie die Botschaft bringen sollen. „Ziehet hinauf zu meinem Vater“ lautet die Antwort Josephs (V. 9). Der, den sie so schrecklich getäuscht und vor dem sie alles Wissen um Joseph verleugnet haben, ist gerade der, vor dem sie Zeugnis von Joseph ablegen müssen.

Auch bei Christus und Seinen Jüngern ist es nicht anders. Die Frau von Sichar ging zu den Menschen der Stadt zurück, um vor denen, die ihr Verhalten in ihrem bisherigen Leben genau kannten, ein herrliches Zeugnis für Christus abzulegen. Genau an dem Ort ihrer Sünde muß sie ein Zeugnis von Dem ablegen, der sie von der Sünde freigemacht hat (Joh 4,28. 29). Auch Petrus zeugt von Christus vor denen, in deren Gegenwart er Ihn einst in schändlicher Weise verleugnet hatte. Außerdem sendet Joseph seine Brüder nicht nur zu dem Vater, sondern sogar zu den Kindern des Vaters und zu den Kindern seiner Kinder, denn Joseph sagt gewissermaßen: Erzählt ihm, daß diese gute Nachricht für „alles, was du hast“, gilt (V. 10). Auch heute noch heißt die Botschaft: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und Haus“ (Apg 16,31).

Die feste Überzeugung im Dienst

Als viertes werden die Brüder Josephs mit einer ganz bestimmten Botschaft zurückgeschickt mit der vollen Autorität, Josephs Won zu sein. Zu Beginn sollten sie sagen: „So spricht dein Sohn Joseph.“ Es ist gut, wenn wir uns daran erinnern, daß die Macht, die hinter der Botschaft des Evangeliums steht, die Autorität ist, mit der sie verkündet wird. Das geht aus den Worten „dies sagt der Herr“ hervor.

Die Bestimmtheit im Dienst

Als fünftes war das große Thema der Botschaft Joseph und seine Herrlichkeit. Berichtet meinem Vater – kann Joseph sagen -, daß Gott mich „zum Herrn von ganz Ägypten gemacht“ hat. Und er fügt hinzu: „Und berichtet meinem Vater alle meine Herrlichkeit in Ägypten und alles, was ihr gesehen habt“ (V. 9. 13). Das ist auch heute noch die Botschaft, die allein der Not der Welt begegnen kann. Petrus verkündete dies den Juden zu Pfingsten ohne eine Spur von Unsicherheit und sagte: „Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, daß Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.“ Vor den Nationen kann er wiederum sagen, daß Christus „aller Herr“ ist (Apg 2,36; 10,36). Und wir haben immer noch das Vorrecht, die Herrlichkeiten des Einen zu verkünden, der Herr von allem ist – seien es Seine persönlichen Herrlichkeiten als der ewige Sohn, Seine moralischen Herrlichkeiten als Der, an dem alles lieblich ist, oder Seine „amtlichen“ Herrlichkeiten als König der Könige und Herr der Herren.

Die Verkündigung im Dienst

Als sechstes lautet die Botschaft, die Joseph zu Jakob sendet: „Komm zu mir herab“ (V. 9). Wenn Joseph auch Herr von allem ist und ihm der Reichtum der Herrlichkeit für alle zur Verfügung steht, so empfangen die Segnungen doch nur die, die kommen. In seinen Händen liegt alle Macht zu segnen, aber in seinem Herzen ist auch alle Gnade, um von ihm, dem Segnenden, angezogen zu werden. Joseph sagt eigentlich zu seinem Vater: „Ich möchte, daß du bei mir bist“, denn er sagt nicht nur: „Komm“, sondern: „Komm zu mir herab.“

Der Zweck des Dienstes

Als siebtes spricht die Botschaft von den Segnungen, die jene erwartet, die kommen (V. 10. 11). Wenn Jakob kommen wird, werden die Tages des Umherwanderns vorbei sein, denn Joseph sagt: „Und du sollst im Lande Gosen wohnen.“ Entfernung und Trennung wird es nicht mehr geben, denn du sollst „nahe bei mir sein“. Kummer und Mangel werden vertrieben sein, denn „ich will dich daselbst versorgen“.

Der Herr der Herrlichkeit kann noch immer sagen: „Kommet her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). Die Seele, die zu Ihm kommt, wird erkennen, daß die Tage der Wanderschaft vorüber, die Einsamkeit des ungetrösteten Herzens beendet und der Hungersnot in dem fernen Land begegnet wurde. In der Gemeinschaft mit Christus findet das Gewissen Ruhe, das Herz Befriedigung und die Seele Nahrung.

Nachdruck im Dienst

Als letztes wird die Botschaft mit einem Wort der Warnung überbracht. Für die, die kommen, liegt unermeßlicher Segen bereit, aber denen, die es aufschieben, droht Gefahr. Deshalb sagt Joseph: „Säume nicht. .., daß du nicht verarmest, du und dein Haus und alles, was du hast“ (V. 9.11). Wieviel größer ist die Gefahr, wenn wir mit der viel wichtigeren Botschaft, die von dem verherrlichten Herrn ausgeht, leichtfertig umgehen! Der Apostel kann mit gutem Grund fragen: „Wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Errettung vernachlässigen?“ (Heb 2,3). „Denn wenn jene nicht entgingen, die den abwiesen, der auf Erden die göttlichen Aussprüche gab: wieviel mehr wir nicht, wenn wir uns von dem abwenden, der von den Himmeln her redet“ (Heb 12,25). Wenn uns die Botschaft der Gnade die Herrlichkeit und die Ruhe, die Befriedigung und den Überfluß zeigt, so warnt sie doch jene, die die Botschaft ablehnen, da nichts anderes als das Elend der Hölle ihrer wartet, wo weder Gott noch Christus, noch Hoffnung ist.

Der Inhalt des Dienstes

So lautet die Botschaft, die Joseph seinem Vater sendet und die die Botschaft des Evangeliums vorschattet, die Christus, der Herr von allem, der Welt durch die Gläubigen nahebringt.

Es ist eine dringende Botschaft: „Eilet.“

Es ist eine Botschaft, die die Erhöhung und Herrlichkeit des Herrn, der über allem ist, verkündet.

Es ist eine Botschaft der Gnade: „Komm.“

Es ist eine Botschaft, die von Segnungen für die berichtet, die kommen.

Es ist eine Botschaft, die jene warnt, die sich weigern zu kommen.

(Wird fortgesetzt) H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1987, Seite 377

Bibelstellen: 1Mo 45, 9-24

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