Fragen und Antworten

Träume und Gesichte

Frage: Gibt uns Gott mitunter auch heute noch Seinen Willen durch Träume zu erkennen? Mir ist aufgefallen, daß das Wort Traum im Neuen Testament nach dem Erscheinen des Heiligen Geistes zu Pfingsten nicht mehr vorkommt. Nachdem der Heilige Geist auf die Erde gekommen war, wird nur noch von Gesichten gesprochen. Sind Gesichte dasselbe wie Träume? Offenbar konnten Gesichte jedoch am hellichten Tage gesehen werden (Apg 10,3).

Antwort: Tatsächlich ist es im Neuen Testament nur Matthäus, der von Träumen und davon spricht, daß Gott „im Traum“ Weisungen erteilte (Kap. 1,20; 2,12.19.22). Er läßt uns auch wissen, daß die Frau von Pilatus um des Herrn Jesus willen „im Traum“ viel gelitten hatte (Kap. 27,19).

Der Hinweis auf das Fehlen von Berichten über Träume nach dem Herabkommen des Heiligen Geistes weist sicher in die richtige Richtung: Gott will uns heute in der Zeit der Gnade nicht durch Träume leiten, sondern durch den in uns wohnenden Heiligen Geist. Außerdem besitzen wir das ganze geschriebene Wort Gottes, und gerade dieses Wort will Er benutzen, um uns Seinen Willen kundzutun. Dem Wort Gottes kommt – wenn es um das Erkennen Seines Willens geht – sogar die erste Bedeutung zu. Der Heilige Geist wird uns nie einen Weg

weisen, der im Widerspruch zum geschriebenen Wort steht. Wir könnten zum Beispiel nie sagen: „Der Heilige Geist drängt mich, dies oder das zu tun“, wenn die Sache nicht im Einklang mit Gottes Wort ist. Gott hat Sich uns in Seinem Wort völlig mitgeteilt, und Er möchte uns daher auch sittlich, in einer inneren Weise leiten, damit unser Weg Seinem eigenen Wesen entspricht. Dem Geleitet-Werden durch Träume fehlt dieser sittliche, innere Aspekt. Es war angemessen, als Gott Sich noch nicht in Seiner ganzen Fülle in Christus offenbart hatte.

Von manchen, meist älteren Geschwistern hat der Verfasser die Beteuerung gehört, sie hätten zu dem und dem Zeitpunkt den Herrn Jesus im Traum gesehen, und Er habe ihnen ganz deutlich das eine oder das andere gesagt. Ich weise zwar die Möglichkeit nicht vollständig zurück, daß der Herr auch heute noch in ganz bestimmten Ausnahmesituationen durch Träume bestimmte Weisungen oder Warnungen geben kann, aber im allgemeinen müssen wir doch in dieser Beziehung sehr vorsichtig sein. In den allermeisten Fällen sind Träume das Ergebnis von empfangenen, seelischen Eindrücken, die im Unterbewußtsein auf oft seltsame Weise zusammengefügt und in einem Traum widergespiegelt werden. Wir sollten absolut nichts darauf geben. Und wer unbedingt darauf beharrt, man könne im Traum den Herrn Jesus sehen, dem sei zu bedenken gegeben, daß Sich der verherrlichte Herr nicht den Menschen zeigt, auch nicht in Träumen. Stephanus und Paulus haben für kurze Augenblicke den Herrn Jesus in Seiner Herrlichkeit gesehen, aber das war etwas völlig anderes und hat nichts mit Träumen zu tun.

Überhaupt sollten wir uns nicht mit den Dingen des Unterbewußtseins und auch nicht mit Träumen beschäftigen, sondern mit den offenbarten Dingen – mit dem Herrn Jesus, mit der Heiligen Schrift. Es ist ja immer das Bemühen Satans, uns vom Herrn Jesus und Seinem Wort abzuziehen und uns mit Dingen zu beschäftigen, die in sich selbst zweifelhaft sind und unsere Seelen nur beunruhigen. In dieser Verbindung sei auch vor autogenem Training und ähnlichen Praktiken gewarnt.

Gesichte scheinen sich von Träumen darin zu unterscheiden, daß sie bewußt erlebt werden. Das machen uns die Beispiele von Kornelius und Petrus in Apostelgeschichte 10 und 11 klar. Petrus sah zwar das Gesicht in Verbindung mit einer Verzückung (Kap. 10,10; 11,5), aber er antwortete der Stimme, die zu ihm sprach, in ganz bewußter Weise. Und Kornelius zog, nachdem „der Engel, der mit ihm redete, weggegangen war“, sofort die notwendigen Konsequenzen und sandte seine Männer nach Joppe. Das Gespräch mit dem Engel war für diesen Mann des Glaubens fast wie ein normales Zwiegespräch mit einem irdischen Partner. Auch der Apostel Paulus erlebte bewußt, daß ein Engel des Herrn, ja sogar der Herr selbst in der Nacht bei ihm stand, und in beiden Fällen empfing er wichtige Mitteilungen für seinen persönlichen Weg (Apg 27,23; 23,11). Hier wird allerdings nicht von Gesichten gesprochen, sicherlich aber waren es solche.

Ich bin für mich überzeugt, daß solche Gesichte grundsätzlich auch heute noch möglich sind. Doch auch hier gilt die eben gegebene Warnung, nicht auf der Suche nach solchen Dingen zu sein, sondern vielmehr den Herrn Jesus selbst vor Augen zu haben. Im allgemeinen wird der Herr in unseren Tagen des Endes und der Schwachheit nicht durch Gesichte reden. Wir besitzen Sein Wort und Seinen Geist, das genügt. Wohl gibt man heute in manchen Bewegungen innerhalb der Christenheit vor, Gesichte und Erscheinungen des Herrn zu haben. Aber wir können versichert sein, daß es sich dabei um höchst ungesunde Dinge handelt, die nicht von Gott kommen. Und dies ist der einfache, aber untrügliche Beweis dafür: In derartigen Bewegungen werden der Herr Jesus und das Wort Gottes mehr oder weniger beiseite gesetzt und durch den Menschen und seine Einbildungen ersetzt. Grundsätzlich jedoch möchten wir die Möglichkeit offenlassen, daß der Herr einem Seiner Knechte in einer ganz besonderen Lage auch heute noch in einer übernatürlichen Weise zu Hilfe kommen mag. Halten wir indes noch einmal fest: Wir brauchen keine Träume und Gesichte für Dinge, die Gott uns in Seinem Wort klar offenbart hat. ChB

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1990, Seite 52

Stichwörter: Gesicht, Traum