Fragen und Antworten

Wachen – Schlafen

Frage: In 1. Thessalonicher 5, Vers 10, wird gesagt: „… auf daß wir, sei es daß wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben.“ Was ist mit wachen und schlafen gemeint?

Antwort: Der Apostel Paulus hatte schon in den Versen 6 und 7 von wachen und schlafen gesprochen, allerdings in einem ermahnenden Sinn. Die Gläubigen sollten nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein. Ganz klar hat hier das Wachen und Schlafen eine sittliche Bedeutung. Aus dieser Tatsache ist vielfach der Schluß gezogen worden, daß auch in Vers 10 diese Bedeutung vorliegen müsse. Doch dieser Schluß erscheint mir zumindest voreilig.

Grundsätzlich müssen wir lernen, daß die Heilige Schrift nicht selten dieselben Wörter benutzt, aber mit ihnen nicht immer denselben Sinn verbindet. Erst der Zusammenhang macht oft klar, was ihre wahre Bedeutung in dem einen oder anderen Fall ist. Dafür liefert unser Abschnitt geradezu ein Musterbeispiel.

Denn es ist für mich unvorstellbar und tatsächlich dem ganzen Geist des Wortes Gottes zuwider, daß Gott derart leichtfertig mit dem sittlichen Zustand des Gläubigen umgehen und gleichsam sagen könnte: „Es macht nicht sehr viel aus, ob ihr gerade wachsam seid und auf den Herrn Jesus wartet oder ob ihr wie die Welt in einem geistlichen Schlaf seid: ihr werdet trotzdem zusammen mit Ihm leben.“ Das wäre der Sinn der Worte in Vers 10, wenn wachen und schlafen auch hier eine sittliche Bedeutung hätten.

Eine zweite Deutung wäre immerhin möglich: daß der Heilige Geist von dem natürlichen Schlaf redet und andeuten will, daß es keinen Unterschied macht, ob wir gerade schlafen oder wachen, wenn der Herr Jesus kommt. Aber die Flachheit und Banalität (Alltäglichkeit) dieses Gedankens scheint mir ebenfalls der Heiligen Schrift unwürdig zu sein.

Viel näher liegt da der Gedanke, den der Apostel schon in Kapitel 4 geäußert hatte. Wenn der Herr Jesus zur Entrückung der Heiligen kommt, wird es nämlich zwei Gruppen von Gläubigen geben. Die eine besteht aus Entschlafenen, den Toten in Christo, die andere setzt sich aus lebenden Gläubigen zusammen, „wir, die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn“ (Verse 15-17). In Kapitel 5 finden wir diese beiden Gruppen wieder. Sie werden hier als solche beschrieben, die schlafen oder wachen. Wachen oder schlafen – das ist die Beschreibung des Zustandes des Gläubigen, was seinen Leib angeht, ob er tot oder lebendig ist. Wenn ein Gläubiger entschlafen ist, schläft sein Leib. Stets bezieht sich das Schlafen auf den Körper, niemals redet die Heilige Schrift von einem Schlafen der Seele. Und wie erhebend ist dieser Gedanke: Der Herr Jesus ist für uns gestorben, damit wir, ob wir bereits entschlafen sind oder noch in unserem Körper leben, zusammen mit Ihm leben!

Das war ja auch das Problem der jungen Gläubigen aus Thessalonich gewesen: Sie waren in Sorge um ihre heim-gegangenen Brüder und Schwestern und befürchteten, jene könnten des Segens verlustig gehen, wenn der Herr Jesus kommen würde. Hier wie in Kapitel 4 erfahren sie nun, daß ihre Sorge völlig unbegründet war. Heimgegangene wie noch auf der Erde lebende Heilige werden, wenn der Augenblick dazu gekommen ist, zusammen mit Ihm leben, droben in der Herrlichkeit. Wunderbare Gnade! Alles, was leben in Wahrheit bedeutet, alle Freuden und Empfindungen des ewigen Lebens, werden wir dann mit Ihm teilen und zusammen mit Ihm genießen. In der Tat ein Grund, einander zu ermuntern und zu erbauen (Vers 11)! Tun wir es? ChB

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1991, Seite 150

Bibelstellen: 1Thes 5, 10

Stichwörter: Schlafen, Wachen