Ein ‚Gerechter‘ am falschen Platz

(2. Pet 2,7.8)

Wenn wir das Leben Lots im Alten Testament betrachten, werden wir vermutlich kaum etwas finden, was erkennen läßt, daß er ein alttestamentlicher Gläubiger war. Nur die in der Überschrift zitierte Stelle aus dem 2. Petrusbrief bezeugt uns, daß er ein „Gerechter“ war. Daß dies aus seinem Leben nicht eindeutig „abzulesen“ war, zeigt uns schon, welch eine traurige Lebensgeschichte wir hier vor uns haben.

Es ist sicher nützlich, das Leben Lots ausführlicher zu betrachten, besonders auch im Gegensatz zu dem gottesfürchtigen Verhalten Abrahams, seines Onkels. Heute jedoch wollen wir nur ein paar Kennzeichen seines Lebens herausgreifen, die Gott uns als Warnung in Seinem Wort hat aufzeichen lassen.

Lot – der Mitläufer

Das erste auffallende Merkmal im Leben Lots ist, daß er eigentlich nie den Weg, den Abraham im Glauben geht, in eigener Entscheidung betritt. Er wandelt nicht in persönlicher Glaubensüberzeugung, sondern unter dem Einfluß eines anderen – seines Onkels Abraham. Lot ist ein typischer „Mitläufer“. Dies wird besonders deutlich, wenn wir einige solcher Aussagen nebeneinanderstellen: „Und Abram ging hin, wie Jehova zu ihm geredet hatte, und Lot ging mit ihm“ (1. Mo 12,4); „Und Abram zog herauf aus Ägypten, er und sein Weib und alles, was er hatte, und Lot mit ihm“ (Kap. 13,1); „Und auch Lot, der mit Abram zog“ (Kap. 13,5).

Sicher ist es gut, wenn Kinder gläubiger Eltern schon früh „mitgehen“ auf dem Glaubensweg. Aber wenn sie heranwachsen, muß doch ein Augenblick kommen, wo sie eine persönliche Entscheidung treffen, dem Herrn zu folgen. Dann gibt es statt eines „Mitgehens“ wie bei Lot und Abraham ein „Miteinandergehen“ zur Verherrlichung Gottes, wie es bei Isaak und Abraham war (1. Mo 22).

Lot – der Materialist

Das erste Mal, wo Lot selbst die Entscheidung trifft, ist es die Entscheidung für die Welt (1. Mo 13). Während Abraham im Glauben seinen Weg zog, war Lot der Mann des Schauens. Er urteilte nach dem, was er sah, nach den materiellen Gegebenheiten. „Und Lot hob seine Augen auf und sah …“ (13,10). Bei Lot finden wir kein Warten auf Gottes Aufforderung „Hebe doch deine Augen auf wie bei Abraham (13,14). Er trifft seine Entscheidungen nach rein irdischen Gesichtspunkten. Hier zählt nur der persönliche Vorteil. Es ist äußerst gefährlich für unser geistliches Leben, wenn die „bewässerten Ebenen des Jordan“ den Grund für unsere Entscheidungen bilden.

Wenn das Leben so völlig vom Materiellen bestimmt wird, hindert uns „unser Sachverstand“ auch daran, Gottes Sprache in diesen Dingen zu verstehen. So wird Lot auch später im 14. Kapitel noch einmal seine ganze Habe verlieren, die ihm nur durch das Eingreifen Abrahams wieder zukommt (14,12 u. 16). Sein Ohr ist taub für die Sprache Gottes, es war ja noch einmal alles gut gegangen. Der irdisch gesinnte Lot findet für alles auch eine irdische „vernünftige“ Erklärung.

Lot – der „Absteiger“

Seinem Reichtum und seinem sozialen Stand nach zu urteilen hatte Lot „Karriere“ gemacht. Die Menschen mochten in ihm einen „Aufsteiger“ gesehen haben. Aber in Gottes Augen ist der Weg Lots ein unaufhaltsamer und stetiger Weg abwärts. Auch Abraham geht in seinem Leben Wege, die nicht zur Ehre des Herrn sind, aber er findet auch den Weg zurück. Bei Lot sehen wir mit Schrecken einen Weg, der ständig abwärts geht, und nur Gottes Eingreifen verhindert das Schlimmste. Ganz deutlich wird das an Lots Weg nach Sodom. In Kapitel 13,12 heißt es: „und Lot … schlug Zelte auf bis nach Sodom“. Noch wohnt Lot zwar in Zelten, dem äußeren Merkmal des Fremdlings und Pilgers, aber seine Zelte sind nach Sodom hin gerichtet. Wenn unsere Trennung von der Welt nur noch eine äußere ist, unser Herz jedoch schon in Sodom weilt, dann werden unsere Füße bald unserem Herzen folgen.

So lesen wir dann auch in Kap. 14,12: „er wohnte in Sodom“. Hier hat Lot auch die äußere Absonderung von der Welt aufgegeben. Jetzt ist er, wie Petrus es ausdrückt, „der unter ihnen wohnende Gerechte“. Aber das ist noch nicht das Ende. In Kapitel 19,1 lesen wir „Lot saß im Tore Sodoms“. In den Augen der Menschen war dies wahrlich ein sozialer Aufstieg: als Zugereister Mitglied im Stadtrat von Sodom, aber in den Augen Gottes wieder ein Schritt abwärts in seinem geistlichen Leben. Lot wird von einem weltlich gesinnten Gläubigen zu einem Gläubigen, der in der Welt (als moralischem System) lebt und schließlich mit der Welt gemeinsame Sache macht. Wie traurig ist eine solche Entwicklung!

Lot – der Verlierer

Laßt uns die ernste Lektion aus dem Leben Lots ganz deutlich aussprechen: Das Leben Lots ist letztlich das Leben eines Verlierers. Eine kurze, sicher nicht vollständige Aufzählung, mag uns dies verdeutlichen: Lot verliert

– sein geistliches Unterscheidungsvermögen (13,10 – er sieht keinen Unterschied zwischen dem Garten Jehovas und dem Land Ägypten);

– seine Gemeinschaft mit Gott. Lot hat keinen Altar, kennt die Terebinthe Mamres, bei Hebron (= Gemeinschaft) nicht. Der Herr selbst besucht Abraham, aber nicht Lot.

– seinen Frieden (Kap. 14). Lot wird in die Händel der Welt mit hineingezogen.

– seine Achtung (Kap. 19,9). Täuschen wir uns nicht! Auch der ehrenvolle Platz in dieser Welt und die größten Kompromisse mit der Welt bringen dem Gläubigen nie wirkliche Achtung der Welt ein. Der Gläubige ist eben ein „Fremdling“, auch wenn er „kommt, um hier zu weilen“.

– seine Glaubwürdigkeit (19,14). Lots Lebensführung war so, daß jedes Zeugnis für Gott völlig unglaubwürdig war.

In seinen „guten Tagen“ war keine Gottesfurcht bei ihm zu sehen. Hinweise auf die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes, der Sünde richten muß, waren im Hause Lots bis dahin wohl unbekannt. Seine Schwiegersöhne nehmen ihn und seine Warnungen nicht mehr ernst. – Trägt unser Wandel zur Glaubwürdigkeit unserer Worte bei?

– seine Familie (Kap. 19). Vergessen wir auch diesen Gesichtspunkt nicht! Als wahrer Gläubiger wirst du selbst nicht im Gericht dieser Welt umkommen, sondern gerettet werden, wenn auch „wie durchs Feuer“. Aber wo wird deine Familie sein?

– seine Ehre (19,30-38). Die Sünde Sodoms folgt Lot nach, und die göttliche Lebensbeschreibung Lots kann am Ende nur ein dunkles Gemälde voller Schande zeichnen.

Lot-der Unglückliche

War Lot denn in Sodom wenigstens glücklich gewesen? Gottes Wort offenbart uns in erschreckenden Worten seinen Seelenzustand: „… und den gerechten Lot rettete, der von dem ausschweifenden Wandel der Ruchlosen gequält wurde; denn der unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken“ (2. Pet 2,7.8). Was für ein elendes Leben! Das kannst du dir ersparen! Die Welt geht dem Gericht entgegen, wie in den Tagen Lots, aber auch wie in den Tagen Noahs (lies 2. Petrus 2). Wem wollen wir gleichen? Noah, dem „Prediger der Gerechtigkeit“, oder Lot, der seine Seele quälte, durch das, was er sah und hörte? M. V.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1992, Seite 78

Bibelstellen: 2Petr 2, 7.8

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