Das richtige Gebet

In Gottes Wort finden wir vielfältige Aufforderungen zum Gebet, und zu Recht empfinden viele die Notwendigkeit dazu heute in besonderem Maß. Müssen wir nicht bekennen, daß wir es daran oft haben fehlen lassen? Vielleicht haben wir uns nicht die Zeit dazu genommen, oder wir haben die Mühe gescheut, uns in die Bedürfnisse der Kinder Gottes hineinzudenken, oder es fehlte an ernstem Interesse an der Sache des Herrn. Wären wir uns nur mehr bewußt, welche Kraft das Gebet haben kann!

Denken wir einmal an die vielfältigen Probleme unter Gläubigen. Vielleicht sind wir sogar selbst davon betroffen. In dem Bewußtsein, daß wir dem Herrn alles sagen dürfen, kommen wir im Gebet zu Ihm – und das sollen wir sogar tun (vgl. Phil 4,6)! Vielleicht beten wir über Monate und Jahre für diese spezielle Angelegenheit, und doch ändert sich nichts. Das kann verschiedene Ursachen haben. Es kann sein, daß der Herr nicht sofort eingreift, weil Er durch Sein Warten bei uns etwas bewirken will. Aber in jedem Fall dürfen wir mit dem Frieden Gottes rechnen. Es kann aber auch sein, daß etwas mit unserem Gebet nicht stimmt. Wir müssen uns fragen, worin unser Anliegen besteht und welche Beweggründe uns leiten. Allgemein geht es sicherlich zuerst einmal darum, daß die Probleme aufhören. Aber um was bitten wir konkret? Haben wir auch um Weisheit gebeten, daß unsere Bitten Seinem Willen entsprechen? Und wie steht es mit unseren Beweggründen? Der ernsten Warnung, die Jakobus den Lesern seines Briefs dazu gibt, sollten auch wir uns nicht entziehen: „Ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr übel bittet, damit ihr es in euren Begierden vergeudet“ (Kap. 4,3).

Im Neuen Testament finden wir verschiedene Voraussetzungen für die Erhörung von Gebeten. Einen Vers wollen wir etwas näher besehen:

„Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, um was ihr wollt, und es wird euch geschehen“ (Joh 15,7).

Die erste Voraussetzung, die hier genannt wird, bezeichnet eine innige Gemeinschaft, deren Wesen Abhängigkeit und Vertrauen sind. In Ihm bleiben bedeutet, in praktischer Weise eine Lebenseinheit mit Ihm zu bilden.

Die zweite Voraussetzung betrifft das Bleiben Seiner Worte in uns. Wo der Verstand und die Gedanken geleitet werden von den Worten Christi, da wird gewissermaßen Sein Wille zu unserem Willen. Wir können bitten, was wir wollen: es wird uns gegeben werden. Haben Sinn, Gedanken und Wille ihren Beweggrund und Ursprung in der Gemeinschaft mit unserem Herrn und werden sie gebildet durch Sein Wort, dann sind wir „Gefäße seines Willens“, die in Freiheit um das bitten, was sie wollen. Unserer Bitte wird entsprochen, weil wir nach dem Willen des Herrn gebeten haben (vgl. 1. Joh 5,14).

Erkennen wir, wie wichtig es ist, daß wir gefüllt sind mit dem Wort Gottes, wenn wir beten? Wie könnten wir anders dem Herrn wohlgefällige Gebete vorbringen? Salomo geht sogar so weit, daß er in Sprüche 28,9 sagt: „Wer sein Ohr abwendet vom Hören des Gesetzes: selbst sein Gebet ist ein Greuel.“ Ja, Gebete eines Abtrünnigen, der sich dem Wort Gottes verschließt, die nur noch von eigenen Gedanken und vom Eigenwillen durchdrungen sind, finden nicht nur keine Erhörung; sie werden sogar als Greuel bezeichnet!

Kommen wir noch einmal zurück zu den erwähnten Problemen. Kann es nicht sein, daß ich hierzu ein Urteil gefällt habe, das nicht in Übereinstimmung ist mit dem Wort Gottes? Oder versuche ich vielleicht, meine eigenen Vorstellungen darüber, wie die Probleme gelöst werden können, dem Herrn aufzunötigen? Wie wichtig ist es, in aller Aufrichtigkeit das Wort Gottes in uns einzulassen, damit es in uns bleibt und unseren Verstand und Willen formen kann. Denn „das Gebet der Aufrichtigen ist sein Wohlgefallen“ (Spr 15,8). Möge der Herr schenken, daß wir bereit sind, Seine Worte in uns aufzunehmen, damit Er uns auch in unseren Gebeten leiten kann! H. M.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1998, Seite 173

Bibelstellen: Phil 4, 6; Jak 4, 3; Joh 15, 7

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