Der Glaube Abrahams

1. Mose 12,4-8

Abraham ist nun von den Fesseln der Natur befreit, wenn auch um den schmerzlichen Preis, daß der Tod in die Familie eintrat. Nachdem sein Vater durch den Tod von ihm genommen wurde, folgt er dem Ruf Gottes, wie wir lesen: „Und Abram ging hin, wie Jehova zu ihm geredet hatte.“

Er nimmt seinen Neffen Lot mit, und Lot mit seiner weltlichen Gesinnung wird sich noch als große Belastung für ihn erweisen. Aber im Fall seines Vaters hatte Abram, an den doch der Ruf ergangen war, der Natur erlaubt, die Führung zu übernehmen, denn „Tarah nahm seinen Sohn Abram“, und das wurde ein todbringendes Hindernis. Im Fall seines Neffen hingegen übernimmt Abram die Führung, denn wir lesen: „Und Abram nahm … Lot“, und obwohl auch das eine Last werden kann, kann es doch den Glauben nicht hindern, dem Ruf zu entsprechen.

Als die Natur die Führung hatte, lesen wir: „Und sie zogen miteinander aus Ur in Chaldäa, um in das Land Kanaan zu gehen.“ Doch unter der Führung Tarahs erreichten sie das Land nie. Jetzt, als der Glaube die Führung übernimmt, lesen wir zunächst wieder: „Und sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen“; aber dann: „und sie kamen in das Land Kanaan“ (V. 5).

Ein Gegensatz

Als sie in Kanaan ankommen, finden sie, daß „die Kanaaniter damals im Land waren“. Das hat eine tiefe Bedeutung. Von Abraham hatte Gott gesagt: „Ich will dich segnen.“ Von Kanaan hatte Gott gesagt: „Verflucht sei Kanaan“ (Kap. 9,25). Als Gott Abraham, den Mann des Segens, in das Land der Verheißung führt, stellt dieser sogleich fest, daß der Teufel schon den Mann des Fluches in eben dieses Land gebracht hat. Auf diese Weise versucht der Teufel, den Vorsatz Gottes zu durchkreuzen und den Mann des Glaubens an der Besitzergreifung des Landes zu hindern.

Ein Vergleich

So ist es auch mit dem Gläubigen. Er ist aus der gegenwärtigen Welt herausgerufen, ist Teilhaber der himmlischen Berufung und gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern. Aber wenn er dem Ruf folgt und die Welt verläßt, wird er finden, daß die „geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ ihm widerstehen (Eph 6,12). Der Gläubige, der in seine geistlichen Segnungen einzutreten sucht, wird finden, daß „geistliche Bosheit“ sich gegen ihn aufgestellt hat, die ihn daran hindern will, den himmlischen Boden einzunehmen, der das einzig wahre Teil der Versammlung ist.

Für Abraham lag Ur in Chaldäa in der Vergangenheit, und der Besitz des Landes war noch Zukunft. In der Zwischenzeit hatte er weder die Welt, die er verlassen hatte, noch die bessere Welt, der er entgegenging. Genau das ist auch die Situation eines Gläubigen, der dem Ruf Gottes folgt. Er hat die gegenwärtige böse Welt verlassen, aber die zukünftige Welt noch nicht erreicht.

Was ist denn nun das Teil dessen, der dem Ruf folgt, so mögen wir fragen, und was wird ihn in dieser Stellung eines Außenstehenden aufrechterhalten? Hierin ist die Geschichte Abrams reich an Unterweisung und Ermunterung.

Der Gehorsam des Glaubens

Als erstes ist zu beachten, daß der Grundsatz, nach dem Abraham handelte, der des Glaubens war. Wenn er die eine Welt verlassen und die andere noch nicht erreicht hatte, besaß er offensichtlich nichts für die natürliche Sicht. Nicht, daß er nicht gesehen hätte; aber was er sah, war durch Glauben. Daher lesen wir: „Durch Glauben war Abraham, als er gerufen wurde, gehorsam, auszuziehen an den Ort, den er zum Erbteil empfangen sollte“ und weiter: „Durch Glauben hielt er sich auf in dem Land der Verheißung “ Er und die Seinen lebten durch Glauben. Und am Ende lesen wir: „Diese alle sind im Glauben gestorben“ (Heb 11,8-13).

Der Weg des Glaubens

Zweitens wurden Abraham und die Seinen dadurch, daß sie dem Ruf Gottes auf dem Grundsatz des Glaubens folgten, Fremdlinge und Pilger. Wie der Heilige Geist im Neuen Testament von ihnen sagen kann, „bekannten sie, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde seien“ (Heb 11,13). Das wird uns in der Geschichte Abrahams eindrucksvoll vorgestellt. In Haran, wo er eine Zeitlang aufgehalten wurde, heißt es, daß er „dort wohnte“, während wir nach seiner Ankunft im Land lesen, daß er „sein Zelt aufschlug“ als einer, der keinen festen Wohnsitz hat. Weiter lesen wir, daß er „das Land durchzog“. Als Fremder hatte er nur ein Zelt in seiner Welt, und als Pilger zog er hindurch zu einer anderen Welt.

Das Teil des Glaubens

Drittens erfahren wir, was Abraham auf seinem Weg aufrechthielt. Wir lesen: „Jehova erschien dem Abram und sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Zweierlei ist wohl zu beachten: erstens die zweimal wiederholte Aussage: „Jehova erschien dem Abram“; und zweitens, daß das Land ihm als zukünftiges Besitztum vorgestellt wird. Er sieht den König in all seiner Schönheit und das Land, das noch in weiter Ferne liegt Er setzte seine Reise fort als Fremdling und Pilger im Licht der Herrlichkeit des Gottes, der ihn berufen hatte, und der Segnung des Landes, zu dem er zog. So lesen wir im Neuen Testament: „Er erwartete die Stadt, die Grundlagen hat“ und: „Jetzt aber trachten sie nach einem besseren, das ist himmlischen“ Vaterland (Heb 11,10.16).

Bei uns ist das auch nicht anders. Nur in dem Maß, wie wir Christus in seiner Herrlichkeit und den Segen der zukünftigen himmlischen Heimat vor uns haben, werden wir wenigstens in etwa den Charakter von Fremdlingen und Pilgern tragen. Es genügt nicht, die Lehre über Christus zu kennen und um das himmlische Ziel unserer Reise zu wissen, sondern wie beim Apostel Paulus sollte es der Wunsch eines jeden Herzens sein, „ihn zu erkennen“ und „es zu ergreifen“ und „auch von Christus Jesus ergriffen“ zu sein (Phil 3,10.12).

Wenn wir dem Ruf folgen und einen Platz außerhalb dieser Welt einnehmen, können wir in der persönlichen Erkenntnis des Herrn selbst wachsen, denn Er hat gesagt: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren“ (Joh 14,21).

Die Antwort des Glaubens

Viertens lesen wir, gleich nachdem Jehova Abraham erschienen war: „Er baute daselbst einen Altar.“ Das spricht ganz sicher von Anbetung. Im Hebräerbrief nehmen diejenigen, die „hinausgehen“ zu Christus außerhalb des Lagers, nicht nur ihren Charakter als Pilger an, die keine bleibende Stadt haben, sondern sie werden auch zu Anbetern, die „Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen“ (Heb 13,13-15).

Abraham hatte nicht nur etwas von der Herrlichkeit des Landes in ferner Zukunft verstanden, sondern er erblickte auch etwas von der Herrlichkeit des Einen, der ihm erschienen war. Die Gabe des Landes mochte bei ihm wohl Danksagung hervorrufen, die Erkenntnis der Herrlichkeit des Gebers aber machte ihn zum Anbeter. So ist es immer, denn Anbetung entströmt einem Herzen, das von der Herrlichkeit der Person erfüllt ist, die wir anbeten.

Die Zuflucht des Glaubens

Fünftens „rief“ Abraham „den Namen Jehovas an“. Das spricht von Abhängigkeit vom Herrn. Was auch seine Bedürfnisse waren, was die Entbehrungen seiner Pilgerreise; welchem Widerstand er begegnen würde und welche Versuchungen seinen Weg kreuzen würden, er hatte eine nie versagende Zuflucht: Er konnte den Namen Jehovas anrufen.

In jeder Zeit der Schwierigkeiten finden die Gottseligen ihre Zuflucht im Herrn. In der Zeit des moralischen Verfalls vor der Flut gab es solche, die wie Kain „von dem Angesicht Jehovas weggingen“; aber es gab damals auch Männer des Glaubens, die „anfingen, den Namen Jehovas anzurufen“ (1. Mo 4,16.26).

Ebenso fanden in den dunklen Tagen Maleachis die Gottseligen ihre Zuflucht in Jehova, denn wir lesen, daß sie „seinen Namen achteten“ (Mal 3,16). In den frühen Tagen der Kirche waren die Gläubigen als solche bekannt, „die diesen Namen anriefen“ (Apg 9,21). Inmitten ihrer Verfolgungen wandten sie sich an den Herrn. Und auch inmitten des Niedergangs dieser letzten Tage, so wird uns versichert, wird es immer noch solche geben, „die den Namen des Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim 2,22). H.S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1998, Seite 226

Bibelstellen: 1Mo 12, 4-8

Stichwörter: Abraham, Glauben