Die Jünger im Sturm

„Als es aber Abend geworden war, gingen seine Jünger hinab an den See; und sie stiegen in ein Schiff und fuhren über den See nach Kapernaum“ (Joh 6,16.17).

Symbolisch war das der Abend des Tages, als Jesus auf der Erde war. Die Menschen hatten statt des Lichts, das in Seiner Person gekommen war, die moralische Nacht vorgezogen; darum läßt Er sie zurück und entweicht, bildlich gesprochen, in den Himmel, um sich mit den Seinen zu beschäftigen, die „in der Welt, aber nicht von der Welt“ sind (Kap. 17,14).

„Und es war schon dunkel geworden, und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen; und der See erhob sich, weil ein starker Wind wehte“ (Verse 17.18). Ist die Nacht ein Bild von dem Zustand, in dem sich die Welt ohne Gott bewegt, so ist der vom Wehen des Windes aufgewühlte See ein Bild von der Macht Satans, unter dessen Einfluß die Welt sich gegen die Jünger erhebt. Das kennzeichnet die Umwelt, in der die Kirche sich seit der Himmelfahrt Jesu befindet, und besonders den Zustand der Dinge, den der jüdische Überrest bald durchleben wird. Aber der Herr wacht bis zu Seiner Wiederkehr über die einen und die anderen. Er zählt die Tage und wird im geeigneten Augenblick zur Befreiung der Seinen erscheinen.

„Als sie nun etwa fünfundzwanzig oder dreißig Stadien gerudert waren, sehen sie Jesus auf dem See wandeln und nahe an das Schiff herankommen, und sie fürchteten sich“ (Vers 19). Jesus steht über allem, Er kann auf dem See wandeln. Er ist Jehova, der „auf der Wasserflut thront“ (Ps 29,10). Für Ihn gibt es keine Hindernisse.

Erstaunliche Tatsache: Als die Seinen Ihn sehen, werden sie von Furcht ergriffen! So wird es mit dem jüdischen Überrest sein, von dem die Jünger im Schiff ein Bild sind. Der da kommt, um sie zu befreien, setzt sie anfänglich in Furcht, denn Er ist Der, den sie gedemütigt und verworfen haben, als Er in diese Welt kam; sie werden daher Seinetwegen in Angst geraten. Wir sehen die gleiche Wirkung bei Josephs Brüdern, die ebenfalls ein Vorbild auf den jüdischen Überrest sind. Angesichts ihres Bruders waren sie von Furcht erfüllt, bis sie die Schwere ihrer Sünde erkannt und gerichtet hatten. Als das Werk der Reue in ihren Herzen vollzogen war, konnte Joseph ihnen sagen: „Fürchtet euch nicht … Ihr zwar, ihr hattet Böses wider mich im Sinne; Gott aber hatte im Sinne, es gut zu machen“ (1. Mo 45,2-5; 50,19.20).

Auch Jesus sagt zu den Seinen: „Ich bin’s, fürchtet euch nicht“, als wenn Er sagen wollte: „Ich bin in meiner Liebe für euch immer derselbe.“

„Sie wollten ihn nun in das Schiff nehmen, und sogleich war das Schiff an dem Land, zu dem sie hinfuhren“ (Vers 21). Sobald der Herr sich mit dem jüdischen Überrest wiedervereinigt, wird sich der Sturm legen. Der Zustand der Verwirrung, das Meer, verwandelt sich dann in einen stabilen und geordneten Zustand, dargestellt unter dem Bild der Erde, denn der „König der ganzen Erde“ (Ps 47,7) ist dann da. Darum heißt es hier nicht, daß die Jünger in Frieden ihre Reise fortsetzen konnten, sondern daß das Schiff an dem Land war, zu dem sie hinfuhren. Die Strecke, die sie noch zurückzulegen hatten, wird hier nicht erwähnt. Der Herr ist da, deshalb sind die Leiden zu Ende, und eine völlige Befreiung ist angebrochen.

Einmal mehr können wir bewundern, mit welcher Sorgfalt das Wort Gottes geschrieben ist. In wenigen Worten und mit dem gleichen Bild führt es uns verschiedene Szenen von einer wunderbaren Genauigkeit vor Augen. Es sind nicht die Weisen und Verständigen, die diese Schönheit sehen können, sondern die Unmündigen, nämlich die, welche Gott glauben. S. P.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1998, Seite 84

Bibelstellen: Joh 6, 16-21

Stichwörter: Jünger, Schiff, See, Sturm, Überrest