Landesverrat

Landesverrat – ein schlimmes Wort. Wenn wir den Namen nennen, mit dem wir ein solches Vergehen verbinden, dann erschrecken wir noch mehr: Wir reden von David!

Haben wir nun vor, längst vergebene Sünden eines wahrhaft Gläubigen ins Licht zu zerren? Durchaus nicht! Wenn aber die Bibel, Gottes Wort, darüber nicht schweigt, sollten wir es auch zur Kenntnis nehmen. Wir sollen doch daraus etwas lernen; in erster Linie jedoch wollen wir sehen, wie die Gnade Gottes damit umgeht.

Wenn wir den Bericht in 1. Samuel 29 lesen, dann müssen wir – um es gelinde auszudrücken – das Verhalten von David schon als recht merkwürdig bezeichnen. Er will mit den Philistern gegen sein eigenes Volk kämpfen. Das ist ganz klarer Landesverrat. Man kann es kaum fassen, wenn er zu Achis sagt: „Aber was habe ich getan, und was hast du an deinem Knechte gefunden von dem Tage an, da ich vor dir gewesen bin bis auf diesen Tag, daß ich nicht kommen und wider die Feinde meines Herrn, des Königs, streiten soll?“ Wohlgemerkt: „Mein Herr, der König“, damit ist Achis gemeint; und dessen Feinde, das war das Volk Israel. David aber war der von Gott auserwählte und gesalbte König eben dieses Volkes, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich bestätigt.

Wir wollen nicht weiter eingehen auf alles, was Achis an Lobesworten über David sagt; aber hier trifft doch wohl das Wort aus Jakobus 4,4 zu: „Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.“ Wie beschämend ist alles, was Achis über David sagt, wie eindeutig sind die Worte der Fürsten der Philister, aber nichts bringt David zum Nachdenken. So wird Gott mit seiner Züchtigung beginnen müssen! Die Frauen, die Söhne, die Töchter waren ja in Ziklag zurückgeblieben, in der Stadt, die Achis dem David als Wohnort zugewiesen hatte. Und nun beginnt das Unheil: Während der Abwesenheit Davids und seiner Männer waren die Amalekiter in Ziklag eingefallen, hatten die Stadt geschlagen und mit Feuer verbrannt, die Frauen und alle, die darin waren, gefangen weggeführt. Ausdrücklich heißt es dann jedoch: „Sie hatten niemand getötet, sondern sie hatten sie weggetrieben und waren ihres Weges gezogen.“ Das war nicht selbstverständlich, denn oft nahm man die Beute, machte mit den Bewohnern kurzen Prozeß und ließ keinen am Leben. (So hatte jedenfalls David selbst mit den Amalekitern gehandelt; vgl. Kap. 27,8.9). Gott beschützte jedoch alle, die zu David und seinen Leuten gehörten und begann – unbemerkt – hier schon in Gnade zu wirken. David aber geriet vorerst in große Bedrängnis, „… denn das Volk sprach davon, ihn zu steinigen; denn die Seele des ganzen Volkes war erbittert, ein jeder um seine Söhne und um seine Töchter“.

Was wird David jetzt tun? Wird er sich gegen seine Kriegsgefolgschaft wehren, alle Beschuldigungen zurückweisen, Erkundigungen einziehen und dann auf eigene Faust versuchen, Frauen und Kinder zu befreien? Nein! Und hier sehen wir ein Verhalten Davids, das kennzeichnend ist für sein ganzes praktisches Leben: Er findet zu Gott zurück. „Aber David stärkte sich in Jehova, seinem Gott.“ Stärkte sich? Fand er denn bei Jehova Gehör? Ganz gewiß, denn wir können überzeugt sein, daß David in seinem Gebet ein umfassendes Bekenntnis ablegte, und darauf hört Gott immer!

Nun weiß David auch, was er zu tun, wie er weiter vorzugehen hat. Abjathar mußte ihm das Ephod bringen, und durch dieses befragte er Jehova: „Soll ich dieser Schar nachjagen? Werde ich sie erreichen?“ Und David erhält die Antwort: „Jage nach, denn du wirst sie gewißlich erreichen und wirst gewißlich erretten.“ Gott lenkte dann auch alle Umstände so, daß David alles rettete, was die Amalekiter genommen hatten, es fehlte ihnen nichts. David fand also nicht nur volle Vergebung, sondern wurde auch von den Folgen seines verkehrten Weges befreit. Das ist unbeschreibliche Gnade!

Kann Gott noch mehr geben? Ja, Er kann es! Und wir sehen, daß die Gunst, die Gott David erweist, viel weiter geht. Drei Tatsachen fallen uns besonders auf:

Es heißt, daß David hinzog mit den sechshundert Mann, die bei ihm waren. Niemand sagte: „David, wir haben kein Vertrauen mehr zu Dir, wir erkennen dich nicht mehr als unseren Obersten an, wir werden die Sache jetzt selbst in die Hand nehmen.“ Nein, sie folgten ihm alle. Hätte Gott dies wohl bewirkt ohne Davids rückhaltloses Bekenntnis (wovon wir ja ausgehen)?

Weiter wird berichtet, daß zweihundert Mann bei der Verfolgungsjagd ermüdeten und am Bach Besor zurückblieben. Die übrigen vierhundert wollten darum nach gewonnener Schlacht nicht mit ihnen die Beute teilen. David tritt nun als Schlichter auf und sagt: „Wie das Teil dessen, der in den Streit hinabzieht, so soll auch das Teil dessen sein, der bei dem Geräte bleibt: Gemeinsam sollen sie es teilen.“ So geschah es denn auch, und David machte es zur Satzung und zum Recht für Israel.

Fassen wir zusammen: David findet Vergebung und volle Errettung; man erkennt ihn weiter als Führer an; er wird zum Schlichter und setzt neues Recht in Israel. Größer konnte die Güte Gottes nicht sein! EL.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1998, Seite 232

Bibelstellen: 1Sam 29;

Stichwörter: Achis, David, Ziklag