Gemütliches Beisammensein

„Wenn jemand von den Ungläubigen euch einlädt, und ihr wollt hingehen, so eßt alles, was euch vorgesetzt wird, ohne zu untersuchen um des Gewissens willen“ (1. Kor 10,27).

So manches Mal ist gefragt worden, ob ein Gläubiger, wenn er zu einem gemütlichen Beisammensein mit Nachbarn, Ausbildungs- oder Arbeitskollegen eingeladen wird, überhaupt mit gutem Gewissen dorthin gehen kann – d.h. in Übereinstimmung mit den Gedanken des Herrn.

Der Besuch bei Ungläubigen ist eine Ausnahme

1. Korinther 10,27 hilft bei der Beantwortung dieser Frage weiter. Man lernt aus diesem Vers, daß es sich bei dem Besuch von Ungläubigen nicht um eine Gewohnheit handeln kann, sondern daß das etwas Besonderes ist. Es wird nämlich vorausgesetzt, daß man hingehen will. Das bedeutet einen bewußten Entschluß. Und den sollte man nie fassen, ohne daß man einen Auftrag vom Herrn dazu hat. Dann nimmt man die Einladung eines Ungläubigen nicht an, weil man sich bei ihm wohlfühlt, sondern weil der Herr es will.

Will Er mich vielleicht dazu benutzen, jemandem das kommende Gericht und die Gnade des Herrn vorzustellen? Wenn wir einen solchen Auftrag haben, dann brauchen wir kein schlechtes Gewissen zu haben, sondern dürfen darauf vertrauen, daß der Herr uns benutzen möchte – wenn auch vielleicht nur durch unser stilles Gebet vor dem Essen, durch das wir ein Zeugnis sind.

Der Herr Jesus aß mit Zöllnern und Sündern

Unserem Heiland wurde mehrfach zum Vorwurf gemacht: „Warum ißt und trinkt er mit den Zöllnern und Sündern?“ (Mk 2,16). Dürfen wir dann also doch ohne weiteres mit Ungläubigen Zusammensein, wenn doch auch der Herr Jesus das häufig praktizierte?

Die Antwort auf diese Frage wird direkt im Anschluß an Vers 16 gegeben, wenn der Herr Jesus sagt: „Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ Der Herr Jesus war nie mit Sündern zusammen, ohne sie auf die Notwendigkeit von Buße und Umkehr aufmerksam zu machen und ohne als Arzt der Seelen tätig zu sein. Wenn Er in das Haus eines Mannes wie Zachäus kam, dann um ihm Heil zu bringen (Lk 19,9). Wenn Er in das Haus des Pharisäers Simon kam, dann weil Er wußte, daß diese Sünderin kommen würde, die bei Ihm Vergebung der Sünden finden sollte (Lk 7,48).

So dürfen auch wir Menschen besuchen, um ihnen vom Herrn Jesus zu berichten, um ihnen die gute Botschaft zu bringen, die am Kreuz beginnt, wo die Sünden derer, die an den Herrn Jesus glauben, gesühnt worden sind. Wer seine Besuche zu einer solchen Verkündigung benutzt, gehört zu den „Helden Davids“ (2. Sam 23,8), des wahren David, unseres Herrn Jesus Christus, denn dazu gehört sehr viel Mut. Diesen möge der Herr uns schenken, da Er so viel für uns getan hat und tut. Natürlich muß ein solches Thema auch zu unserem Leben passen – in der Regel kennen uns ja zumindest einige der Anwesenden. Ein gekünsteltes geistliches Gespräch, um unser Gewissen zu beruhigen oder um anderen – möglicherweise von oben herab – schnell ins Gewissen zu reden, wird sicherlich schlecht angenommen.

Um an dieser Stelle Mißverständnissen vorzubeugen: Wenn wir in der Kantine eines Unternehmens, einer Ausbildungsstätte oder bei Geschäftsessen mit Ungläubigen zu Tisch sind, kann man das sicher nicht „Besuch“ nennen; das gehört sozusagen zu unseren irdischen Pflichten, denen wir uns nicht entziehen können. Aber auch da können wir ein Zeugnis für den Herrn Jesus sein – allein schon durch unser Gebet.

Wirklich keine Verbindung zwischen Gläubigen und Ungläubigen?

Wenn man in dieser Weise über einen Besuch bei „Kameraden“ nachdenkt, dann fragt man sich, ob es denn überhaupt keine Gemeinsamkeit zwischen einem Ungläubigen und einem Gläubigen gibt.

„Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? … Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? … Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige“ (2. Kor 6,14-18).

Tatsächlich ist ein Gläubiger von einem Ungläubigen genauso weit entfernt wie Gerechtigkeit von Gesetzlosigkeit. Es gibt in den Augen Gottes keine Verbindung, keine Gemeinschaft. Das Lebensprinzip, der „Herr“ und der Charakter eines Gläubigen sind denjenigen eines Ungläubigen genau entgegengesetzt. Wir haben kein gemeinsames Teil, nichts, was uns mit Ungläubigen verbinden könnte. Kann man sich dann bei ihnen wohlfühlen?

Freundschaft mit der Welt?

Wenn man die Schriftstellen vergleicht, die mit diesem Thema zu tun haben, hat man den Eindruck, daß sie in der Konsequenz hart für uns sind. So auch eine Botschaft, die uns Jakobus in seinem Brief (Kap. 4,4) mitgibt: „Wißt ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist?“ Wenn wir zu einem gemütlichen Beisammensein zu Ungläubigen gehen, wenn wir uns bei ihnen wohlfühlen, dann fühlen wir uns bei Menschen wohl, die den Herrn Jesus und damit auch Gott ablehnen. Genau das aber ist das Kennzeichen von „Welt“. Dann pflegen wir eine Freundschaft mit der Welt, die zugleich Feindschaft gegen Gott ist. Wer jedoch „Freund Gottes“ genannt werden möchte wie Abraham (Jak 2,23), der muß wie er getrennt von dieser Welt leben, und doch ohne dabei aus dieser Welt herauszugehen – sozusagen in ein Kloster.

Nun mag man einwenden, daß man ja eine Einladung nicht annimmt, um zu einem Ungläubigen als „Ungläubigem“ zu gehen. Man möchte sich einfach mit ihm unterhalten. Man dürfe ja auch keinen Anstoß geben (1. Kor 10,32) und unhöflich sein. Und das ist wahr, so lange wir nicht das Wort des Herrn dadurch ungültig machen. Dort heißt es: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1. Joh 2,15-17).

Wenn sich ein Gläubiger in der gottfeindlichen Welt wohlfühlt, dann hat das mit der vergänglichen und sündigen Lust des Fleisches zu tun. denn nur das Fleisch kann Sympathie für die Welt empfinden. Der Christ sollte immer sagen: Durch Jesus Christus „ist mir die Welt gekreuzigt, und ich der Welt“ (Gal 6,14). Wir haben in dieser Hinsicht nichts mehr mit dieser Welt gemein, außer, daß wir darin leben. Dafür aber haben wir das Vorrecht, den Willen des Herrn Jesus zu tun – etwas, was positive Folgen hat, die bis in die Ewigkeit reichen.

Christus wurde von dieser Welt gekreuzigt

Diese Gedanken mögen auf den ersten Blick hart erscheinen. Durch die persönliche Beschäftigung mit den Aussagen der Schrift zu diesem Thema wird man sich jedoch bewußt, welche Bedeutung solchen Handlungen zukommt.

Wir wollen nicht vergessen, daß der Herr Jesus von den Fürsten dieser Welt, dieses Zeitlaufs, gekreuzigt worden ist (1. Kor 2,8). Wie können wir dann gemeinsame Sache mit der Welt machen? Petrus mußte an dem bekannten Kohlenfeuer erkennen (Joh 18,18), daß schon das Wärmen an den Orten dieser Welt und das „Dabeistehen“ zum Verhängnis werden kann. Wenn wir mehr bedenken, daß Christus von dieser Welt, zu der wir alle vor unserer Bekehrung in gleicher Weise gehörten, gekreuzigt wurde, dann werden wir den Mut haben, „nein“ zu sagen, es sei denn, wir haben den Auftrag des Herrn, hinzugehen.

Ablehnen – aber wie?

Wenn man sich nun nach 1. Korinther 10,27 entschieden hat, eine Einladung nicht anzunehmen, dann gibt es immer noch einen schwierigen Punkt: Wie ablehnen? Hier gilt sicherlich auch für uns das Sprichwort „Der Ton macht die Musik“. Die Schrift sagt: „Seid bedacht auf das, was ehrbar ist vor allen Menschen. Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden“ (Röm 12,17-18). Auch in Titus 3,2 heißt es: „Erinnere sie daran, … milde zu sein, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen.“ Es ist also an uns, auch in solchen schwierigen Situationen darauf zu achten, daß wir mit der Absage unsere Mitmenschen nicht verärgern, indem wir unhöflich sind. Jemand, der nicht an den Herrn Jesus glaubt, wird eine Erklärung im Sinne dieses Aufsatzes sicherlich nicht verstehen. Daher glaube ich nicht, daß es angebracht ist, ihn auf diese Weise zu überzeugen.

Andererseits wollen wir auch nicht lügen. Es kommt auf den Einzelfall an, welche Begründung man geben will – sie muß natürlich zu unserem sonstigen Leben passen.

Hier gibt es sicher kein Gesetz. Wir sollten nur darauf achten, daß wir die Einladenden nicht von vornherein zu Feinden machen, indem wir auf unhöfliche und schroffe Art und Weise ablehnen, so daß sie merken, daß der wahre Grund ein anderer ist. Im übrigen kann auch eine Ablehnung zum Anlaß werden, sich einmal bei einer anderen Gelegenheit über den Herrn Jesus zu unterhalten. Eine persönliche Unterhaltung ist oft einfacher, als vor anderen über ein solches Thema zu sprechen.

Die Liebe des Christus drängt uns

Man sieht also, daß es kein Gesetz gibt, ja oder nein zu sagen. Wir brauchen darin eine klare Leitung durch unseren Herrn und durch den Heiligen Geist – in Übereinstimmung mit Seinem Wort. Wahrscheinlich müßten wir einfach öfter in diesen Fragen geübt sein, dann würden wir schneller Seinen Weg mit uns erkennen.

Es ist die Gnade des Herrn, die uns Seine Liebe zum Sünder schenkt, um diesen vor dem Verderben zu retten, und es ist das Bewußtsein Seiner Liebe, das uns davor bewahrt, die Welt zu lieben. Beides haben wir nötig, und beides wird im Vordergrund stehen, wenn wir das Wort predigen und zu gelegener und ungelegener Zeit dazu stehen (2. Tim 4,2).

„Denn die Liebe des Christus drängt uns … So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Laßt euch versöhnen mit Gott! Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm“ (2. Kor 5.14.20-21).

Wenn wir mehr von der Entschiedenheit des Paulus kennen würden, der jede Gelegenheit suchte, Menschen zum Herrn Jesus zu führen, dann würden wir häufiger seinem Auftrag nachkommen: „Tu das Werk eines Evangelisten“ (2. Tim 4,5). M. S.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 1999, Seite 181

Bibelstellen: 1Kor 10, 27

Stichwörter: Besuch, Gemeinschaft