Hirtenpflege
Unser Herr, der Erzhirte, gab nach Seiner Auferstehung Petrus den Auftrag, Seine Lämmlein zu weiden. „Weide meine Lämmlein. . Hüte meine Schafe … Weide meine Schafe.“ Er sagte es ihm dreimal, um die Wichtigkeit des Hirtendienstes zu unterstreichen, der nur in der Liebe richtig ausgeübt werden kann. Darum verband Er den Auftrag mit der Frage. „Liebst du mich?“ Wenn Liebe zum Herrn vorhanden ist, so ist auch Liebe da für die Schafe, die Er sich um den Preis Seines Blutes erworben hat.
Petrus hat die Wichtigkeit dieses Auftrages erfasst; seine Briefe geben Zeugnis davon Er ermahnt die Ältesten, die Herde Gottes zu hüten, die bei ihnen ist, und freiwillig Aufsicht zu üben, denn der Teufel geht umher und sucht, wen er verschlingen kann.
Auch der Apostel Paulus ermahnte die Ältesten der Versammlung in Ephesus, die Herde zu hüten: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ (Apg 20,28). Er wusste, dass nach seinem Abschied „verderbliche Wölfe“ zu ihnen hereinkommen würden, die die Herde nicht verschonten, und dass aus ihnen selbst Männer aufstehen würden, die verkehrte Dinge redeten, um die Jünger abzuziehen hinter sich her.
Was Gott von den Hirten erwartet, wird durch die Vorwürfe illustriert, die Er durch den Mund des Propheten Hesekiel an die Hirten Israels richtete: „Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? Ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle, das fette Vieh schlachtet ihr; die Herde weidet ihr nicht. Die Schwachen habt ihr nicht gestärkt und das Kranke nicht geheilt und das Verwundete nicht verbunden, und das Versprengte führtet ihr nicht zurück, und das Verlorene suchtet ihr nicht; und mit Strenge habt ihr über sie geherrscht und mit Härte“ (Kap. 34,2-4). Es gab in Israel schwache, kranke, verwundete, verirrte Schafe, aber auch nachlässige Hirten. Das war der Zustand der Herde Israels – steht es in der gegenwärtigen Zeit um die Herde Gottes besser?
Petrus richtete seinen Brief an die zerstreuten Heiligen, die um des Herrn willen viel zu leiden hatten. Sie wurden verfolgt und waren in Gefahr, müde zu werden. Uns aber ist es im Allgemeinen geschenkt, ein ruhiges und stilles Leben zu führen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst. Niemand hindert uns daran, uns in Freiheit um den Herrn und Sein Wort zu versammeln. Die Welt betrachtet uns mit Gleichgültigkeit wie eine der zahlreichen Gruppen der Christenheit. Im Allgemeinen haben wir ihrerseits weder unter der Gewalttat noch unter offenem Hass zu leiden. Aber lasst uns wachsam und nüchtern sein! Unser Widersacher, der Teufel, ist noch immer unermüdlich tätig; oft gebraucht er nur neue, unseren Umständen angepasste Listen, um sein Ziel zu erreichen, das darin besteht, uns von Christus wegzuziehen. Heute tut er es in unauffälliger Weise; er sucht in die Welt hineinzuziehen und mit der religiösen Welt zu verbinden. Er umschleicht die ganze Herde und wartet auf einen günstigen Augenblick, wo er ein Schaf anfallen kann.
„Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde“ sagt der Apostel. Habt Acht auf die „Schwachen“, auf die Jungen, die sowohl gegenüber den Versuchungen der Welt als auch gegenüber Irrlehren noch so wenig Widerstandskraft besitzen! Habt Acht auf die „Kranken“, die in einem verderblichen Milieu leben und dadurch ihre Kraft eingebüßt haben, auf die im Herzen „Verwundeten“, die durch Prüfungen und Trübsale gehen, auf die „Versprengten“, die den Zusammenkünften fernbleiben, weil sie durch den Zeitlauf dieser Welt mitfortgerissen werden, auf die „Verlorenen“. Lasst uns ihnen nicht mit Härte und Strenge begegnen, sondern mit der Sanftmut und Liebe Dessen, der Sein Leben für sie hingegeben hat!
Wenn die Zahl solcher Schafe so groß geworden ist, haben wir allen Grund, uns zu demütigen. Fehlte ihnen nicht die Hirtenpflege, das Mitgefühl, die Ermahnung und die Ermunterung?
Auch wenn wir nicht berufen sind, die Gabe des Hirten auszuüben, die ja nicht jedem von uns gegeben ist, so haben wir doch alle einen Dienst der Liebe zu erfüllen. Nehmen wir dabei den Apostel Paulus zum Beispiel, der für alle Versammlungen betete, weil die Sorge um sie täglich auf ihn andrang.
„Ermuntert euch selbst an jedem Tag, so lange es,heute‘ heißt, damit niemand von euch verhärtet werde durch Betrug der Sünde“ (Heb 3,13). „Und lasst uns aufeinander Acht haben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag näher kommen seht“ (Heb 10,24.25). „Deshalb ermuntert einander und erbaut einer den ändern, wie ihr auch tut“ (1. Thes 5,11).
Ein Besuch, ein einfacher Gedanke aus dem Wort Gottes, das lebendig und wirksam ist, vermag zu stärken, zu heilen, zu festigen, auf den guten Weg zurückzuführen und eines der Schafe zu erretten. Ergreifen wir die Gelegenheiten und lassen wir sie nicht unbenutzt vorübergehen. „Ein Wort zu seiner Zeit, wie gut!“ (Spr 15,23). „Goldene Äpfel in silbernen Prunkgeräten: So ist ein Wort, geredet zu seiner Zeit“ (Kap. 25,11).
Und lasst uns vor allem den Herrn nachahmen, dessen Liebe sich auf alle erstreckte und der den Armen und Schwachen in vollkommener Gnade nachging! Da wir selbst Gegenstände Seiner Liebe und Gnade sind, sollten auch wir sie unermüdlich ausüben. M.K.
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