Gedanken zum Brief an die Philipper

(Schluss von Seite 177)

Kapitel 4

Vers l

ist ein passender Abschluss zu dem kostbaren Gegenstand, der in Philipper 3 behandelt wird. „Daher, meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und Krone, so steht fest im Herrn, Geliebte!“ Paulus hatte die Philipper in Kapitel 3 sozusagen außerhalb der Welt gestellt, denn ihr Bürgertum war im Himmel, und Christus in der Herrlichkeit war Inhalt und Hoffnung ihrer Herzen. In dieser Stellung und Erfahrung möchte er sie feststehen sehen und nicht abbewegt durch die Listen des Feindes.

Verse 2-3

Dann appelliert der Apostel an zwei Frauen, die offenbar uneinig waren, sie sollten „gleich gesinnt sein im Herrn“. Sie hatten keinen Streit von der groben und hemmungslosen Art wie in Korinth; und doch war es ein Mangel unter den Gottesfürchtigen, den der Apostel nicht gutheißen konnte. „Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben“ (Hld 2,15). Er erbittet die Vermittlung seines „treuen Mitknechtes“ (vielleicht Epaphroditus). Diese Frauen hatten mit ihm gearbeitet, und er schenkte ihnen Beachtung und Anteilnahme. So sollte sein Mitknecht die gesegnete Rolle eines Friedensstifters übernehmen, wie der Herr Jesus selbst es uns ans Herz gelegt hat.

Verse 4-7

Noch einmal ermahnt er die Gläubigen wie in Kapitel 3,1, sich im Herrn zu freuen. Darin liegt ein kostbares Zeugnis von der Treue des auferstandenen Herrn Seinem leidenden Knecht gegenüber, denn dessen eigenes Herz lebte ganz zweifellos im Genuss dessen, was er hier seinen Brüdern eindringlich empfiehlt.

In diesem Kapitel sehen wir, wie der Christ, wenn er im Geist lebt, befähigt ist, über allen Umständen zu leben. Deshalb werden wir zur Milde (oder Nachgiebigkeit) ermahnt, denn der Herr ist nahe. Es ist nicht Sache des Gläubigen, Böses übel zu nehmen oder für Rechte zu kämpfen: Gutes zu tun und dafür zu leiden, ist vielmehr unser Weg, solange der Herr im Himmel verborgen ist. Wenn Er offenbart werden wird, dann wird alles anders werden, denn die Seinen werden mit Ihm teilhaben. Bis dahin ist es unser Vorrecht, um nichts besorgt zu sein, indem wir alle unsere Anliegen vor Gott kundwerden lassen. Nicht nur die großen Angelegenheiten, sondern auch die kleinen – wir werden aufgefordert, alles vor Ihm auszuschütten. In Matthäus 6 lesen wir, wie der Herr Jesus Seine Jünger Glauben lehrte in Bezug auf Nahrung und Kleidung; hier umfasst das Wort noch mehr: „Seid um nichts besorgt.“ Was für eine innere Ruhe gibt uns das in einer Welt wie dieser! Es wird uns nicht gesagt, dass alle unsere Bitten erfüllt werden (das wäre womöglich nicht gut), sondern dass der Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt, unsere Herzen und unseren Sinn bewahren wird in Christus Jesus.

Paulus bat den Herrn, ja flehte dreimal zu Ihm, den Dorn für das Fleisch von ihm wegzunehmen, aber er erhielt die Antwort, dass die Gnade des Herrn für ihn genüge, denn Seine Kraft würde in Schwachheit vollbracht (2. Kor 12). Derselbe Apostel bat darum, nach Rom gehen zu dürfen, aber jahrelang wurde ihm die Bitte versagt (Röm 15,23). Er begehrte es als ein „Glück“, die Römer zu sehen (Röm 1,10), aber der Herr sandte ihn als Gefangenen dorthin und ließ das Schiff stranden. Wir sind in der Hand des Herrn. Er handelt in vollkommener Weisheit mit Seinen geliebten Heiligen, und wer kann Sein Mitberater sein?

Beim Frieden Gottes geht es um einen etwas anderen Gedanken als beim Frieden des Christus; beide unterscheiden sich auch vom Frieden mit Gott, und doch gehen sie aus diesem hervor. „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“, sagt der Herr (Joh 14,27). „Sein Frieden“ ist es, der stets das Herz Jesu, des vollkommenen Menschen auf der Erde erfüllte. Er überließ alles dem Vater, und wir sind in Seine Nachfolge berufen. Der Frieden Gottes ist der, der Gottes eigenes Herz droben durchdringt und den nichts stört. In die Himmel ist Böses eingedrungen, die Erde ist zugrunde gerichtet, Israel hat versagt und die Kirche ebenso – und doch stört nichts den Frieden des Herzens Gottes. Bei allem Versagen aufsehen des Geschöpfes steht Sein Ratschluss fest; darin ruht Gott, und darin ruhen auch wir.

Verse 8-9

Unsere Gedanken brauchen Nahrung, denn die „Lenden unserer Gesinnung“ sollen gegürtet sein: Das Liebliche, das Wohllautende soll uns beschäftigen. Ein gesegnetes Vorrecht! Wer es treu meint, nimmt es nicht leicht mit dem Bösen; stattdessen verabscheut und meidet er das Böse. Aber auch dabei bleibt er nicht stehen, denn wir können das Unreine nicht irgendwie anrühren, ohne selbst in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Das sehen wir so deutlich in 4. Mose 19. Der Priester, der das Blut der jungen Kuh sprengte, der Mann, der die Asche an einem reinen Ort niederlegte, überhaupt alle, die mit der Sache zu tun hatten, waren unrein bis an den Abend, obwohl sie doch nur damit beschäftigt gewesen waren, die Sünde zu beseitigen. Diese eindringliche Erinnerung haben wir besonders nötig in unseren Tagen, wo es so viel Schädliches gibt, das den Geist erfüllen will. Wenn unser Denken beim Bösen verweilt, werden wir verunreinigt und unsere ganze geistliche Verfassung sinkt ab.

Wenn die Philipper in die Praxis umsetzen würden, was sie bei Paulus gelernt, empfangen, gehört und gesehen hatten, dann würde der Gott des Friedens mit ihnen sein.

Verse 10-13

Dann lobt der Apostel sie für ihre Fürsorge, die durch das Kommen von Epaphroditus wirksam geworden war. Offenbar war eine lange Zeit ohne irgendwelche Zeichen der Liebe vorausgegangen, aber der Mann Gottes betrachtet das lieber als einen Mangel an Gelegenheit statt als Nachlässigkeit ihrerseits. Damals konnten die Gläubigen den Arbeitern des Herrn nichts mit der Post senden; die Gaben mussten überbracht werden, vielleicht Hunderte von Kilometern weit zu Fuß. Aber obwohl der Apostel dem Herrn und ihnen für ihre Fürsorge dankt, hat er doch nicht seine Bedürfnisse im Auge. „Ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen“, sagt er. „Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als Mangel zu leiden. Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (V. 11-13). Was für eine segensreiche Überlegenheit über die Umstände, wenn Christus das Herz erfüllt und der Geist mächtig in der Seele wirkt! Für manche ist es leichter, erniedrigt zu sein als Überfluss zu haben. Als David gejagt wurde wie ein Rebhuhn auf den Bergen, vertraute er auf Gott; als er aber behaglich in Zion wohnte, verleitete Satan ihn zu den übelsten Sünden. Als Josaphat schwach war, verließ er sich auf Gott und sagte: „Wir wissen nicht, was wir tun sollen, sondern auf dich sind unsere Augen gerichtet“ (2. Chr 20,12). Aber als er stark und reich geworden war, verbündete er sich mit Ahab und half den Gottlosen.

Paulus war tief geübt worden. Der Herr hatte bei seiner Berufung gesagt: „Ich werde ihm zeigen, wie viel er für meinen Namen leiden muss“ (Apg 9,16). Ob gesättigt oder hungrig, Christus war alles für ihn. Was kann der Feind einem solchen anhaben? Der Gläubige besitzt ein Leben, das sich unter der Einwirkung des Geistes Gottes völlig über die Umstände erhebt und nicht zu überwinden ist.

Verse 14-23

Dennoch hatten die Philipper gut daran getan, ihm ihre praktische Gemeinschaft zu bekunden. Denn wenn der Apostel gelernt hatte, Mangel zu leiden, war es doch unschicklich für die Gläubigen, das zuzulassen. In dieser Beziehung hatten die Philipper immer gut abgeschnitten und sogar weite Entfernungen überwunden, um für den Bedarf des Apostels zu sorgen. Paulus nennt das eine „Frucht, die überströmend sein würde für ihre Rechnung“ und „einen duftenden Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig“. Wie erstaunlich! Der Geist verwendet Ausdrücke ähnlich denen, die beim Opfer Christi in Epheser 5,2 benutzt werden, denn ihr Opfer trug bei Gott etwas an sich von diesem Opfer. Konnten die Philipper Verlierer sein bei ihrer Freigebigkeit? Nein, sagt Paulus, sein Gott würde auch all ihren Bedarf erfüllen nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus. Die Schönheit und Fülle dieses Ausdrucks ist im Brief an die Epheser zu finden.

Beachten wir, dass er nicht sagt „euer“, sondern „mein“ Gott, denn er spricht von Erfahrung und nicht von Lehre.

Er hatte Gott erprobt, er hatte Ihn als treu kennen gelernt und konnte sich für Ihn verbürgen vor denen, an die er schrieb. Wenn es dagegen um die Beziehung geht, sagt er „unser Gott und Vater“ wie in Vers 20; denn jeder Gläubige, ob erfahren oder nicht, ist ein Kind Gottes aus Gnaden.

Paulus schließt mit Grüßen von allen Brüdern, die bei ihm waren. Dabei erwähnt er besonders einige aus dem Haus des Kaisers, was beweist, dass Christus ein Volk hier hatte – möglicherweise eine Frucht seiner Bemühungen als Gefangener. Die Schlichtheit solcher Zuneigungen ist etwas Kostbares – und für uns Nachahmenswertes.

W.W.F

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2004, Seite 198

Bibelstellen: Phil 4