Zu meinem Gedächtnis

(Lk 22,19-23)

Das Passahfest mit der ganzen Ordnung, zu der es gehörte, fand durch den Tod Christi sein Ende. Nun führte der Herr Jesus etwas ein, was nicht mehr diesen Tod vorbildete wie das Passah, sondern was den Seinen diesen Tod beim Warten auf Seine Rückkehr in Erinnerung halten sollte. Als alle Handlungen des Passahmahls zu Ende waren, „nahm er Brot, dankte, brach und gab es ihnen und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dies tut zu meinem Gedächtnis! Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Lk 22,19-20).

Das Passah sprach von einem Werk, das vollbracht werden musste; das Gedächtnismahl spricht von einem Werk, das vollbracht ist; aber das Hauptmerkmal, das im Gedächtnismahl vorgestellt wird, ist die Person des Herrn, der für die Seinen starb: „Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dies tut zu meinem Gedächtnis.“ Das gebrochene Brot und der Kelch sind Sinnbilder des Todes des Herrn. Blut getrennt vom Körper bedeutet Tod. Der Herr Jesus wollte, dass die Seinen während der ganzen Zeit Seiner Abwesenheit ein besonderes Zeugnis haben sollten, ein sichtbares Zeichen von dem, was Er für sie war, als Er an ihrer Stelle den Tod erlitt. Man kann daher nicht zum Gedächtnismahl gehen, ohne ein tiefes Empfinden im Herzen zu haben von der ganzen Liebe des Herrn, die Er den Seinen erwies, als Er für sie ans Kreuz ging. Diese Liebe konnte durch die Schrecken eines derartigen Todes nicht ausgelöscht werden. Zudem ist dieses Denkmal von der Liebe des Herrn geeignet, unsere Zuneigungen zu Ihm wach zu halten. Das wird sich in unserem ganzen Leben zeigen. Wenn unsere Zuneigungen wirksam sind, wird sich das auswirken in Gehorsam, Treue und Hingabe Dem gegenüber, der uns so geliebt hat. Wenn aber der Wunsch des Herrn uns gleichgültig lässt, werden wir auch gleichgültig bleiben dem gegenüber, was wir Ihm in unserem ganzen Leben schulden. Früh schon hat der Feind diese Gleichgültigkeit in die Kirche eingeführt und die Vorstellung geweckt, es sei nicht nötig, das Brot an jedem ersten Tag der Woche zu brechen. So hat ein Teil der Christenheit diese nur noch selten geübte Handlung zwar vielfach mit größter äußerer Feierlichkeit umgeben; aber deren Wirkung geht vorüber und hat oft keine praktische Auswirkung im Alltagsleben zur Folge. Doch unser ganzes Leben muss dem Herrn geweiht sein, denn es gehört Ihm. Der Gläubige ist Sein Eigentum; der Herr hat ihn erkauft.

Wenn es dem Feind gelungen ist, die Christenheit in dieser Beziehung gleichgültig zu machen, was soll man aber sagen, wenn wahre Gläubige, darunter viele junge Leute, die in den Wahrheiten des Evangeliums unterwiesen und regelmäßig Zeugen beim Mahl des Herrn sind, dennoch dem Wunsch des Herrn gegenüber gleichgültig bleiben? Jeder, auf den das zutrifft, sollte sich doch beim Lesen dieser Zeilen die Antwort geben, ob der Herr das billigen kann. Was könnte ergreifender sein als dieser Wunsch des Herrn, der durch alle Zeiten bis zu Seinem Kommen fortbesteht: „Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dies tut zu meinem Gedächtnis!“?

Der Kelch, der an das Blut Christi erinnert, das die Sünde sühnt, stellt dieses Blut zugleich dar als das Blut des neuen Bundes. Dieser betrifft das Volk Israel. Es gab schon einen ersten Bund zwischen Gott und dem Volk, der sich ebenfalls auf das Blut von Opfern gründete (2. Mo 24,8), aber diesem Bund wurde Israel untreu. Wenn Gott nun Seine Segensabsichten mit diesem Volk verwirklichen will, kann Er das nur aufgrund des Blutes Christi als Grundlage eines neuen Bundes tun. Wir lesen in Jeremia 31,31-32: „Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, an denen ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde: nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe an dem Tag, als ich sie bei der Hand fasste, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen, diesen meinen Bund, den sie gebrochen haben.“ Bei einem Bund verpflichten sich die beiden Parteien, die vereinbarten Bedingungen zu erfüllen. Der Teil, der dagegen verstößt, bricht den Bund, wodurch der andere von seinen Verpflichtungen frei wird. So war es bei Israel. Es hatte versprochen, alles zu tun, was der Herr geboten hatte – und hat es nicht getan, konnte es auch nicht tun, weil es sich verpflichtet hatte, ohne seine Unfähigkeit zu kennen. Auf dieser Grundlage gab es nur Zusammenbruch für Israel und Verunehrung für Gott. Aber Gott wollte Sein Volk gemäß Seinen Verheißungen an die Väter segnen und errichtete auf der Grundlage des Todes Seines Sohnes einen neuen Bund. Dadurch wird ein erneuertes Israel auf herrliche Weise alles genießen, was ihm aufgrund des ersten Bundes wegen seiner Untreue nicht gewährt werden konnte.

Das Blut Christi ist also das Mittel, das alle Gläubigen von ihren Sünden reinigt; auf diese Weise besitzen sie ein himmlisches und ewiges Teil mit Christus, während Israel und die Nationen die Segnungen des Tausenjährigen Reiches genießen werden. Durch die Teilnahme am Gedächtnismahl des Herrn genossen die Jünger – wie alle gläubigen Juden – Vorrechte, die der Versammlung gehören, und haben doch die Zusicherung, dass das irdische Volk zu seiner Zeit die verheißenen Segnungen empfangen wird.

Bei der Einsetzung Seines Gedächtnismahls empfand der Herr es sehr schmerzlich, dass Er durch einen von denen, die das Passah noch mit Ihm gegessen hatten, überliefert werden würde. Das meinte Er mit den Worten: „Doch siehe, die Hand dessen, der mich überliefert, ist mit mir auf dem Tisch. Denn der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie es beschlossen ist; wehe aber jenem Menschen, durch den er überliefert wird!“ (V. 21.22). Nach dem Ratschluss Gottes musste der Sohn des Menschen durch Seinen Tod das Erlösungswerk vollbringen. Aber der Mensch ist verantwortlich dafür, den Herrn zu Tode gebracht zu haben, und Judas, der Ihn überliefert hat, mehr als alle: Wegen seiner großen Verantwortlichkeit ging er ins Verderben. Aber als die römischen Söldner das unschuldige Opfer, das ihnen von den Juden überliefert worden war, ans Kreuz brachten, rief Jesus aus: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

S. P.

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2004, Seite 33

Bibelstellen: Lk 22, 19-23; 2Mo 24, 8; Jer 31, 31.32

Stichwörter: Bund, Gedächtnismahl, Passah