Tabula rasa

Ein Jahr ist vergangen, und ein neues Jahr liegt vor uns. Wie bei einem Buch schlagen wir die ersten Seiten auf und möchten nun gern wissen, wie es denn weitergeht. Aber anders als bei einem Buch können wir nicht schnell die letzten Seiten durchblättern, um zu sehen, wie es endet.

Man hat das neue Jahr schon einmal mit einer „tabula rasa“ verglichen. Der Volksmund verbindet damit häufig den Gedanken an „klar Schiff machen“ oder „bei Null anfangen“. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich „abgeschabte Schreibtafel“. Das waren damals mit Wachs beschichtete Holztafeln, bei denen das Geschriebene einfach abgeschabt werden konnte. Das lässt sich gut mit dem Jahreswechsel verbinden. Am Anfang eines Jahres sind alle Blätter des Buches leer. Aber jeden Tag wird ein Blatt neu beschrieben. Was wird nun darauf stehen? Keiner von uns weiß es. Das Morgen, das Übermorgen und die nächsten 365 Tage liegen unbekannt vor uns.

Viele Menschen neigen dazu, sich sorgenvolle Gedanken über die Zukunft zu machen. Christen bilden da keine Ausnahme. Was wird das neue Jahr uns bringen? Welchen Verlauf wird es nehmen? Wie wird es enden? Wird es ein gutes Jahr werden? Alles Fragen, die in uns aufkommen können. Aber niemand von uns weiß, was in den 365 Tagen des neuen Jahres passieren wird. Macht uns das unsicher? Erfüllt es uns als Folge unserer Unsicherheit mit Angst?

Es gibt Zeitgenossen, die versuchen, auf unterschiedliche Weise etwas über die Zukunft zu erfahren. Okkulte Praktiken sind in. Horoskope werden mehr denn je gelesen. Es werden Karten gelegt, Pendel in Bewegung gesetzt, Tische gerückt usw. Selbst Personen in verantwortlichen Positionen in Politik und Wirtschaft greifen zu solchen Mitteln, um etwas über die Zukunft zu erfahren. Wahrsager und Hellseher haben Hochkonjunktur.

Ist das für gläubige Christen ein gangbarer Weg? Ganz sicher nicht. Im Gegenteil! Die Bibel warnt uns ausdrücklich davor. Derartige Praktiken sind unserem Herrn ein Gräuel, und es ist fatal, wenn wir uns damit einlassen. Die Wahrheit sagen sie uns ohnehin nicht. Aber müssen wir deshalb in Ungewissheit und Unsicherheit leben?

Nein! Gerade als Christen gehen wir in voller Glaubenszuversicht in ein neues Jahr hinein. Wir wissen doch, dass unser Herr uns nicht allein lässt. Heute nicht. Morgen nicht. Das ganze Jahr lang nicht. Solange wir auf der Erde leben, ist Er bei uns. Die Zukunft liegt nicht dunkel oder wie im Nebel vor uns, auch wenn wir nicht im Einzelnen wissen, was das neue Jahr uns bringt. Gott offenbart uns nicht, was in unserem Leben passieren wird. Das ist auch gut so. Aber Gott sichert uns in Seinem Wort dennoch Dinge zu, die uns ruhig und vertrauensvoll das Buch eines neuen Jahres aufschlagen lassen. Ich möchte nur an drei Punkte erinnern:

– Der Herr sichert uns Seine persönliche Gegenwart zu: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters“ (Mt 28,20). Dieses Versprechen ist heute noch so sicher wie vor 2000 Jahren. An jedem Tag des neuen Jahres ist der Herr bei uns. In unserem persönlichen Leben. Im Familienleben. Im Leben der örtlichen Versammlung. Im Berufsleben. Keine Sekunde verliert Er uns aus den Augen.

– Wir besitzen den Heiligen Geist, der in uns wohnt. Er ist in uns und bleibt bei uns. Aber Er wirkt auch in uns. Paulus schreibt, dass sich der Heilige Geist unserer Schwachheit annimmt, weil wir nicht wissen, was wir bitten sollen (Röm 8,26). Unsere menschlichen Begrenztheiten spüren wir jeden Tag. Der eine etwas mehr. Der andere vielleicht etwas weniger. Aber die Führung und die Fürsprache des Geistes Gottes sind uns an jedem Tag des neuen Jahres sicher.

– Wir besitzen das prophetische Wort (2. Pet 1,19). Es ist für uns wie eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet. Die Welt geht ihren Gang. Das prophetische Wort zeigt uns, wo die Geschicke dieser Erde einmal enden werden und wie der Herr Jesus einmal Sein Reich auf dieser Erde aufrichten wird. Zudem gibt uns das Wort Gottes an jedem Tag des neuen Jahres Licht, wie wir unseren Weg zu gehen haben.

Wir haben einen liebenden Vater im Himmel. Er weiß, was auf den heute noch leeren Blättern des neuen Jahres geschrieben werden wird. Er weiß, was für uns gut ist – an Freude und an Leid. An Ermunterung und an Prüfung. Alles, was auf den Seiten unserer Lebenstafel 2009 geschrieben steht, geht an Seinem Auge vorbei. Ja, Er selbst schreibt es. Das gibt uns Mut. Das gibt uns Zuversicht.

E.-A. Bremicker

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2009, Heft 1, Seite 1

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