Die Stimme der Liebe

Das biblische Buch „Das Lied der Lieder“ oder „Das Hohelied“ ist für den gläubigen Bibelleser eine besonders
anziehende und interessante Schrift der Bibel. Der Inhalt und die reiche Bildersprache sind für den Leser immer wieder beeindruckend. Das Thema des Buches ist die Beschreibung des Verhältnisses des gläubigen Überrests, der Braut, zu seinem König, dem Messias, dem Bräutigam. Im „Lied der Lieder“ ist Salomo als König das Vorbild auf Christus, den wahren Friedenskönig.

Das „Lied der Lieder“ besteht im Wesentlichen aus einer Reihe von Zwiegesprächen zwischen der Braut und dem Bräutigam. Und viele dieser Aussagen enthalten auch Belehrungen für uns als Gläubige des christlichen Zeitalters, obwohl sie sich in erster Linie auf den jüdischen gläubigen Überrest der Endzeit beziehen.

Was mag es uns z. B. zu sagen haben, dass der Bräutigam zu seiner Braut sagt: „… lass mich deine Stimme hören; denn deine Stimme ist süß“? (Hld 2,14). Diese Aufforderung richtet der Herr auch an uns. Am Schluss des Buches finden sich fast ähnliche Worte (Hld 8,13). Das ist umso bemerkenswerter, als es sich in diesem Buch um Zwiegespräche zwischen Braut und Bräutigam handelt, der Bräutigam also die Stimme der Braut bereits kennt. Trotzdem wünscht er sie zu hören und ihren Wohlklang zu genießen.

Damit sind nicht nur Worte des Gebets gemeint, die aus unserem Mund hervorgehen, so wichtig das Gebet auch ist. Die Stimme der Braut ist die Stimme der Liebe. Darunter ist letztlich alles zu verstehen, was aus Liebe zum Bräutigam und für Ihn geschieht. Alles ist dann Reden aus Liebe, das dem Bräutigam „süß“ und teuer ist, das Sein Ohr „hört“ und das Ihn glücklich macht. Ein Leben, das allein auf den Herrn Jesus ausgerichtet ist – das ist im erweiterten Sinn die „Stimme“, die Er „hören“ möchte und die Seinem Ohr „süß“ ist. Liebe kann nicht passiv sein, sie muss sich irgendwie äußern und kann nicht schweigen, wenn sie diesen Geliebten vor Augen hat.

Später, am Ende des Buches, spricht der Herr noch einmal von der Stimme der Braut (Hld 8,13). Die Braut ist hier die „Bewohnerin der Gärten“, und ihre „Genossen“ horchen auf ihre Stimme. Wie dürfen wir das für uns verstehen? Vielleicht in dem Sinn, dass wir einen Dienst für den Herrn Jesus tun wollen und dabei unsere Stimme hören lassen, um „Genossen“, d. h. anderen Gläubigen, Mitgeschwistern, zu dienen. Und der beste Dienst, den wir uns gegenseitig erweisen können, besteht darin,
einander zu erzählen, was wir im Herrn Jesus gefunden haben und dass Er unser Herz erfüllt. Aber der Herr sagt in beiden Stellen (2,14; 8,13): „… lass Mich deine Stimme hören!“ So gut und auferbauend es auch sein mag, was wir unseren Brüdern und Schwestern über den Herrn sagen dürfen – wir sprechen dann zu ihnen, aber nicht unmittelbar zu unserem Herrn. Doch ist es Sein Wunsch, von uns zu hören, welche Reichtümer und Schönheiten wir in Ihm gesehen und genossen haben, und dann spricht die Stimme der Braut über Ihn zu Ihm selbst, und es ist Seine Freude, sie zu „hören“. Wie sehr haben gerade wir Christen als die Gläubigen des Neuen Testaments Veranlassung, Ihm persönlich und gemeinsam zu sagen, wie groß Er uns geworden ist und was wir bei Ihm gefunden haben. Das führt zu einer tiefen Gemeinschaft mit dem Herrn.

K. Sander

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2011, Heft 3, Seite 65

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