Zwei Hebammen in Israel

Die Bibel erwähnt sowohl im ersten als auch im zweiten Buch Mose die Tätigkeit von Hebammen (vgl. 1. Mo 35,17; 38,28). In 2. Mose 1 sind es zwei Hebammen, denen das Wort Gottes ein besonderes Denkmal setzt. In einer extrem schwierigen Zeit, als beide unter großem Druck standen, blieben sie ihrem Gott treu. Ihre Glaubensaktivität ist bis heute für uns richtungsweisend.

Der Bibeltext lautet wie folgt:

„Und der König von Ägypten sprach zu den hebräischen Hebammen, von denen der Name der einen Schiphra und der Name der anderen Pua war, und sagte: Wenn ihr den Hebräerinnen bei der Geburt helft und ihr sie bei der Entbindung seht: Wenn es ein Sohn ist, so tötet ihn, und wenn eine Tochter, so darf sie leben. Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten zu ihnen gesagt hatte, sondern erhielten die Knaben am Leben. Und der König von Ägypten rief die Hebammen und sprach zu ihnen: Warum habt ihr dies getan und die Knaben am Leben erhalten? Und die Hebammen sprachen zum Pharao: Weil die hebräischen Frauen nicht wie die ägyptischen sind, denn sie sind kräftig; ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie geboren. Und Gott tat den Hebammen Gutes; und das Volk vermehrte sich und wurde sehr stark. Und es geschah, weil die Hebammen Gott fürchteten, so machte er ihnen Häuser“ (2. Mo 1,15-21).

Der Pharao, der Herrscher über das Land Ägypten, in dem die Nachkommen Jakobs als Sklaven wohnten, hatte den grausamen Befehl gegeben, dass alle neugeborenen hebräischen Jungen umgebracht werden sollten. Damit wollte er erreichen, dass das Volk Israel sich nicht weiter vermehrte.

Hier kommen diese beiden Hebammen ins Blickfeld, die dabei eine besondere Rolle spielten sollten. Die Aufgabe der Hebammen bestand darin, dabei zu helfen, dass Kinder geboren wurden. An dieser Stelle setzte der Pharao nun zunächst an. Er befahl den beiden Hebammen, die neugeborenen Jungen zu töten. Sie sollten gerade das Gegenteil dessen tun, was ihre eigentliche Aufgabe war.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Satan in bestimmten Situationen gerade Frauen benutzt, um seine perfiden Ziele zu erreichen. Der erste Angriff auf die Menschheit begann mit der Verführung Evas. Bis heute ist diese Taktik des Teufels oft erkennbar. Doch hier kam er nicht zum Ziel. Die beiden Hebammen – die als Frauen eigentlich durch Schwachheit und Unterordnung gekennzeichnet sind – widersetzten sich mutig dem Befehl dieses Gewaltherrschers, dem sonst kaum jemand zu widersprechen wagte. Wir erkennen in diesen beiden Frauen einen lebendigen und authentischen Glauben an ihren Gott, der sich in Mut und in Energie zeigte. Ihre Namen werden genannt – das heißt, sie sind bei Gott „registriert“. Er selbst setzt ihnen ein „Denkmal“ in seinem Wort. Ihr Beispiel macht deutlich, dass es unter bestimmten Umständen gilt, „Gott mehr [zu] gehorchen als Menschen“ (Apg 5,29).

Als Christen werden wir in unserer Zeit mehr und mehr damit zu rechnen haben, dass Gesetze erlassen werden, die eindeutig gegen Gottes Wort und Willen sind. Das müssen wir ganz nüchtern sehen. Man wird in verstärktem Maß ein Verhalten von uns fordern, das nicht mit Gottes Gedanken übereinstimmt. Glaubenscourage wird daher mehr und mehr erforderlich sein. Ein Beispiel für Glaubensmut sind die drei Freunde Daniels, die sich gegen den ausdrücklichen Befehl des Königs Nebukadnezar weigerten, sich vor seinem Götzenbild niederzuwerfen (Dan 3). Auch bei ihnen sehen wir einen kühnen Glauben, der sich ganz auf Gott stützte. Was von ihnen gefordert wurde, stand gegen Gottes Gesetz und so sagten sie mutig Nein.

Der aktive Glaube der beiden Hebammen ist mit Gottesfurcht gepaart. Ihre Handlung war kein fleischlich motivierter Protest oder reine „Zivilcourage“, sondern entsprang ihrer inneren Beziehung zu Gott. Der Bibeltext sagt ausdrücklich, dass sie Gott „fürchteten“ und sich dem Befehl des Pharao widersetzten. Gottesfurcht bedeutet nicht, Angst vor Gott zu haben, sondern ist eine innere Haltung der Ehrfurcht, in der man sich fürchtet, etwas gegen Gottes Willen zu tun. Es ist sehr lehrreich, im Buch der Sprüche die Stellen aufzuspüren, in denen von der „Furcht des Herrn“ die Rede ist. Insgesamt lesen wir dort 14-mal darüber. Und diese Gottesfurcht vertreibt Menschenfurcht. Das zeigte sich wenig später bei Mose und auch bei seinen Eltern. Amram und Jokebed „fürchteten das Gebot des Königs nicht“, und ihr Sohn Mose „fürchtete die Wut des Königs nicht“ (Hebr 11,23.27). Paulus schreibt: „Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns“ (Röm 8,31)? Genau das erlebten die Hebammen. Sie wussten Gott auf ihrer Seite – und Er bekannte sich zu ihnen.

Aus dieser Begebenheit wollen wir vier konkrete Dinge lernen:

1. Der mächtigste Feind kann nichts gegen den Ratschluss Gottes unternehmen. Gott sitzt im Regiment. Ihm läuft gar nichts aus dem Ruder. In der Bosheit ihrer Herzen können Menschen sich schreckliche Dinge ausdenken – und zum Teil auch umsetzen. Aber letztlich legt Gott das Maß fest. Menschen können nur insoweit handeln, als Gott es ihnen erlaubt. Der Pharao kam hier jedenfalls nicht zu seinem Ziel.

2. Diejenigen, die einen Platz im Ratschluss Gottes haben, können von der Macht des Feindes nicht verschlungen werden. Paulus schreibt: „Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist es, der verdamme?“ (Röm 8,33-34). Das erlebten auch die drei Freunde Daniels, als sie in den brennenden Ofen geworfen wurden. Gott verhinderte nicht, dass sie in das „Feuer der Prüfung“ kamen, aber Er ließ es nicht zu, dass die Flamme sie in irgendeiner Weise beschädigte.

3. Gottesfurcht kann selbst den schwächsten und niedrigsten Gläubigen über jede Menschenfurcht erheben. Es war die Gottesfurcht Daniels, die den Entschluss reifen ließ, sich nicht mit der Tafelkost des Königs zu verunreinigen. Und David kleidete seinen Sieg über die Menschenfurcht in folgende Worte: „Mit dir werde ich gegen eine Schar anrennen, und mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen“ (Ps 18,30).

4. Gott belohnt Treue und Gehorsam. Das Verhalten der Hebammen hatte eine doppelte Folge. Erstens im Blick auf das Volk: Es vermehrte sich und wurde stark. Zweitens im Blick auf sie selbst: Gott „machte ihnen Häuser“. Persönliche Treue zahlt sich immer aus. Wenn Einzelne treu sind, haben andere Segen, aber auch die persönlichen Folgen bleiben nicht aus: „Ein treuer Mann [eine treue Frau] hat viele Segnungen“ (Spr 28,20). Und noch immer gilt, dass Gottesfurcht und Glauben wichtige Bausteine dafür sind, dass Gott ein Haus baut, das heißt, eine Familie segnet.

E.-A. Bremicker

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2014, Heft 1, Seite 6

Bibelstellen: 2Mo 1,15-21

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