Freude

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Freude des Gehorsams

In Johannes 15 spricht der Herr Jesus von einer Freude, die wir als Freude des Gehorsams bezeichnen könnten. Diese Freude kannte auch der Herr Jesus, als Er als Mensch auf der Erde lebte, weil Er die Gebote Seines Vaters erfüllte und deshalb in Seiner Liebe blieb. Dieselbe Bedingung stellt der Herr Jesus auch Seinen Jüngern vor: Er möchte, dass wir Seine Gebote halten, damit wir in dem Bewusstsein Seiner Liebe bleiben und uns ihrer erfreuen. Dann wird uns diese Freude des Gehorsams erfüllen, die der Herr Jesus hatte, weil Er im Einklang mit Gottes Gedanken handelte, weil Er tat, was Ihm wohlgefiel und deshalb Seine ganze Zustimmung hatte.

Dass ein Leben und Handeln nach Gottes Gedanken mit Freude und Glück verbunden ist, bestätigt das Alte Testament. Interessanterweise finden wir diese Freude besonders häufig in Zeiten des Niedergangs im Volk Gottes. Als König Hiskia, dieser treue Mann, das Haus des Herrn ausgebessert und gereinigt und den Opferdienst wieder eingeführt hatte, feierte er das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote, so wie es im Gesetz Moses angeordnet war – und zwar in einer Weise, wie es seit den Tagen Salomos nicht geschehen war (2. Chr 30,1). Darüber war große Freude unter allen, die an diesem Fest teilnahmen. Sie erlebten Freude, weil sie von Herzen Gottes Gedanken im Blick auf den Gottesdienst in Israel verwirklichten – obwohl es letztlich nur ein geringer Teil des Volkes Gottes war, der Hiskias Aufruf folgte.

Auch in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft, als unter Serubbabel ein von Gott erweckter Überrest in das Land zurückgekehrt war, lesen wir von großer Freude (Esra 6,22). Sie wurde dadurch ausgelöst, dass der Überrest in Treue und mit Hingabe Gottes Gedanken in Bezug auf Sein Haus verwirklichte.

Kennen und erleben wir diese Art von Freude, wenn wir Gottes Gedanken in Bezug auf das Zusammenkommen als Versammlung verwirklichen – auch wenn wir nur ein „elendes und geringes Volk“ sind (vgl. Zeph 3,12)? Freuen wir uns von Herzen, wenn wir zu dem Namen des Herrn Jesus hin versammelt sind und Seine Gegenwart erleben? Wenn nicht, liegt es vielleicht daran, dass wir Gottes Gedanken nicht mit einem „erweckten Geist“ verwirklichen? Ist das, was wir aus Gottes Wort gelernt haben und gewohnheitsmäßig praktizieren, bei uns vielleicht zu einer reinen Form erstarrt? Dann wollen wir uns durch den Überrest Israels anspornen lassen und Gottes Gedanken mit voller Herzenshingabe verwirklichen. Die Freude wird nicht ausbleiben.

Freude über geistliches Wachstum

Nicht nur der eigene Gehorsam ist mit Freude verbunden. Christen, die geistlich gesund sind, weil sie selbst im Geist wandeln und sich von Herzen nach Gottes Wort ausrichten, freuen sich auch, wenn Gottes Wort im Leben ihrer Mitgeschwister Früchte trägt. Sie freuen sich über geistliches Wachstum bei ihren Geschwistern. Wir sehen bei dem Apostel Johannes, dass er in seinem zweiten und in seinem dritten Brief seine Freude über seine Kinder im Glauben ausdrückt, die in der Wahrheit wandeln (vgl. 3. Joh 3.4; 2. Joh 4). Auch bei Paulus und Barnabas finden wir diese Freude (vgl. Apg 11,23; Kol 2,5; 1. Thes 3,6-9). Diese Brüder hatten ein aufrichtiges Interesse an dem geistlichen Wohlergehen der Geschwister, und sie hatten geöffnete Augen und ein weites Herz für das, was Gott in den Gläubigen wirkte. Darüber freuten sie sich, und sie dankten für ihre Geschwister (vgl. Phil 1,3 ff.). Dieses Interesse an den Heiligen und die Freude über ihr geistliches Wohlergehen ist auch eine Frucht des Heiligen Geistes, die unser Leben bereichert und uns glücklich macht.

Freude über geistliche Wiederherstellung

Auch die geistliche Wiederherstellung von Gläubigen ist ein großer Anlass zur Freude. Das veranschaulicht uns Paulus im Blick auf die Korinther. Dieser Mann, der sich mit dem Herzen Christi Jesu nach den Gläubigen sehnte, war ganz überströmend in der Freude darüber, dass die Korinther zur Buße betrübt worden waren und deutlich eine ernsthafte Umkehr und innere Wiederherstellung zeigten (vgl. 2. Kor 7,4). Auch für die erfreuliche Entwicklung bei dem, der von den Korinthern als Böser hinausgetan werden musste, hatte der Apostel ein geöffnetes Auge. Im Gegensatz zu den Korinthern, die in ihren Herzen „verengt“ waren, hatte Paulus sowohl einen klaren Blick und gottgemäße Empfindungen in Bezug auf das Böse, das unter ihnen vorgefallen war, als auch eine tiefe göttliche Freude über jedes Anzeichen einer echten Wiederherstellung. Das sind die vom Geist Gottes hervorgerufenen Empfindungen eines Menschen, der in der engen Gemeinschaft mit seinem Herrn lebt.

Freude über Verbreitung des Evangeliums

Ein weiterer Grund zur Freude ist mit der Ausbreitung des Evangeliums verbunden. Wie freute sich Paulus, wenn Menschen das Evangelium Gottes hörten! Wie freute er sich über das beeindruckende Zeugnis, das von den jungen Gläubigen in Thessalonich ausging, so dass das Wort des Herrn weithin verbreitet wurde! Selbst wenn die Motivation bei der Verkündigung nicht gut war, und Brüder aus Neid und Streitsucht aktiv wurden, freute sich Paulus dennoch, wenn die Botschaft klar bezeugt wurde (Phil 1,17.18).

Ist es für uns ein Anlass zur Freude, wenn die gute Botschaft deutlich und eindringlich verkündigt wird, wenn das Wort des Herrn läuft und verherrlicht wird? Auch heutzutage wird das Evangelium nicht immer mit Motiven verkündigt, die wir uneingeschränkt gutheißen können. Doch solange die gute Botschaft in Klarheit verkündigt oder biblisch fundiertes evangelistisches Schriftgut verteilt wird, dürfen wir dankbar sein und uns von Herzen darüber freuen.

Freude aufgrund von Leiden um Christi willen

Als Kinder Gottes kennen wir allerdings nicht nur „positive“ Anlässe zur Freude, wir werden sogar aufgefordert, uns über Nachteile und Entbehrungen zu freuen, die wir um Christi willen in Kauf nehmen müssen. So ermuntert der Herr Jesus die Jünger in der Bergpredigt, sich zu freuen, wenn sie Seinetwegen geschmäht und verfolgt werden (Mt 5,10-12). Eine schöne Illustration dieser Belehrung finden wir in Apostelgeschichte 5, wo die Jünger voll Freude das Synedrium verließen, weil sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden (Apg 5,41). Sie betrachteten es als ein Vorrecht, als eine besondere Würde, auf der Seite des verworfenen Christus zu stehen und für Ihn zu leiden, Seine Schmach zu tragen (vgl. Phil 1,29). Nach den Worten des Herrn Jesus haben Jünger nichts anderes in einer Welt zu erwarten, die den Meister abgelehnt hat: „Denn wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“. Wollen wir uns nicht ermuntern lassen, uns mit größerer Entschiedenheit auf die Seite des Herrn Jesus zu stellen und bereit zu sein, seinetwegen diese Leiden zu erdulden? Wenn unsere Herzen so für Christus brennen, wird die Freude nicht ausbleiben.

Freude über Versuchungen

Die vielleicht ungewöhnlichste Aufforderung zur Freude finden wir im Jakobusbrief: „Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt“ (Jak 1,2). Können Versuchungen oder Prüfungen denn Freude auslösen? Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Wir können gut nachvollziehen, wenn Petrus schreibt, dass wir jetzt eine kurze Zeit, wenn es nötig ist, betrübt sind durch mancherlei Versuchungen (1. Pet 1,6). Und der Hebräerbrief bestätigt, dass alle Züchtigung für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein scheint (Heb 12,11). Die schwierigen Lebenssituationen, in die Gott uns manchmal führt, sind für sich betrachtet gewiss kein Anlass zur Freude. Aber als Kinder eines liebenden Vaters sehen wir in allem Betrüblichen Seine gute Hand und Seine segensreichen Absichten mit uns. Denn denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Guten mitwirken. In diesem Sinn werden wir aufgefordert, uns auch über das Schwere, das Schmerzliche und Unangenehme, das Gott in unser Leben bringt, zu freuen. Außerdem lernen wir in den prüfenden Umständen Christus als den kennen, der uns tröstet, der uns schützt, der uns rettet.

Fazit

Wenn wir uns in diesem Artikel mit verschiedenen Anlässen der Freude eines Christen beschäftigt haben, können wir eigentlich nur zu dem Ergebnis kommen, dass das Leben eines Christen grundsätzlich durch Freude gekennzeichnet ist, unabhängig von den Lebensumständen. Wir haben eine Freude, ein Glück, das uns im Grunde niemand rauben und durch betrübliche Erfahrungen nicht ausgelöscht werden kann. Die Voraussetzung dafür, dass wir diese Freude wirklich genießen, ist allerdings ein Leben in Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus. Wir brauchen ein Herz, das ganz auf Ihn ausgerichtet ist und einen Lebenswandel, der unter der Leitung des Heiligen Geistes steht. Danach wollen wir vermehrt streben; und wir wollen neu den Aufruf des Apostels beherzigen: „Freut euch in dem Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!“ (Phil 4,4).

Ch. Mohncke

Einordnung: Ermunterung + Ermahnung, Jahrgang 2015, Heft 6