Bibelauslegung

Meine Sünde ist groß

Um deines Namens willen, HERR, wirst du ja meine Ungerechtigkeit vergeben, denn sie ist groß. Psalm 25,11

In Psalm 25 erkennen die gottesfürchtigen Juden künftiger Tage ihre Sünden an; und was für herrliche Worte sagen sie über sich selbst? „Um deines Namens willen, HERR, wirst du ja meine Ungerechtigkeit vergeben.“ Warum? „Denn sie ist groß“ (V.11). Wie wunderbar, so etwas zu Gott zu sagen! Sie konnten es nicht zu Menschen sagen. Wenn ein Verbrecher den Richter, der ihn verhört, bitten würde, seine Ungerechtigkeit zu vergeben, weil sie groß sei, würde das ganze Gericht den Mann wegen seiner Unverschämtheit wohl erstaunt anstarren. Doch was für die Welt und vor Menschen Unverschämtheit wäre, ist tatsächlich die Zuversicht des Glaubens. Und genau das bewirkt Gott in einer bekehrten Seele – Aufrichtigkeit des Herzens; ein Mensch anerkennt seine Sünden und bekennt sie. Er wird nun nicht nur von seinen Sünden gereinigt, sondern von aller Ungerechtigkeit (vgl. 1. Joh 1,9).

Das ist etwas anderes. Es wird eindeutig ein Werk in der Seele bewirkt: Es wird nicht nur Schuld von der Seele weggenommen, sondern es zeigt sich Aufrichtigkeit, die Sünde nicht verbirgt.

Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit. 1. Johannes 1,9

Diese Aufrichtigkeit wird durch das Vertrauen in die Barmherzigkeit Gottes hervorgerufen.

Ein aufrichtiges Schuldbekenntnis wird durch das Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit hervorgerufen.

Und was hat in Psalm 25 das Vertrauen in diese Barmherzigkeit bewirkt? Denk einmal darüber nach! Was geht dem 25. Psalm voraus? Psalm 22! Die Themen der Psalmen folgen einer bestimmten inneren Ordnung. Wir müssen nicht meinen, die Psalmen seien zufällig an ihre Stelle gerückt worden. Sie sind genauso sicher von Gott an ihre Stelle gesetzt, wie sie auch durch göttliche Inspiration geschrieben wurden. Sie mögen zu noch so unterschiedlichen Zeiten geschrieben sein – und ich glaube nicht im Entferntesten, dass sie in der Reihenfolge geschrieben wurden, in der sie jetzt stehen -, aber sie sind angeordnet und in einer Reihenfolge zusammengestellt, die genauso göttlich ist wie die Worte, aus denen sie bestehen.

Die Reihenfolge der Psalmen ist nicht willkürlich.

Du kannst keinen einzigen Psalm von seiner Stelle wegrücken, ohne die Wahrheit zu beschädigen. Das wäre so, als wenn wir von einer wunderschönen Pflanze ein Blatt abreißen würden. Dadurch entstünde eine Lücke, die jeder wahrnehmen würde, der weiß, wie die Pflanze eigentlich aussehen müsste oder wie sie nach Gottes Gestaltung tatsächlich war.

Das ist der Punkt: Die Gnade Gottes, die Christus gab, damit Er am Kreuz leiden sollte, bewegt Menschen dazu, ihre Sünden zu bekennen; und sie können sagen: „Um deines Namens willen, HERR, wirst du ja meine Ungerechtigkeit vergeben, denn sie ist groß.“ Das ist der wahre Grund: Die Größe der Sünde erfordert ein großes Opfer; aber angesichts eines solchen Opfers bittet der Mensch nicht darum, zu berücksichtigen, dass die Sünde so klein war, sondern er spricht im Gegenteil von Vergebung, weil sie so groß war.

Zusammenfassung: Wenn wir bekennen, wie groß unsere Sünden sind, dann zeugt das von einer von Gott bewirkten Aufrichtigkeit. Wer seine Sünden nicht klein redet, beweist Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes, die sich am Kreuz auf Golgatha gezeigt hat. Eine aufrichtige Seele, die sich auf diese Barmherzigkeit verlässt, kann sich der Vergebung der Sünden bewusst sein.

William Kelly

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2016, Heft 3, Seite 11

Bibelstellen: Psalm 25,11; 1. Johannes 1,9;

Stichwörter: Barmherzigkeit, reinigen, Sünde, Ungerechtigkeit, vergeben