Bibelauslegung

In die Hände Gottes fallen

„Und David sprach zu Gad: Mir ist sehr angst! Möge ich doch in die Hand des HERRN fallen, denn seine Erbarmungen sind sehr groß; aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen!“ (1. Chr 21,13).

„Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“ (Heb 10,31).

Wir können uns fragen: Wieso wollte David lieber „in die Hand des Herrn fallen“, wo es doch „furchtbar“ ist, „in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“? Offenbar beziehen sich diese beiden Verse auf völlig unterschiedliche Situationen.

David hatte gesündigt. Er hatte der Versuchung Satans nachgegeben, Israel zu zählen (1. Chr 21,1). Es war eine von Stolz und Eigenwillen geprägte Handlung. Gleichzeitig wurde bei dieser Zählung das Gebot missachtet, dass jeder Gemusterte eine Sühne für seine Seele geben sollte, „dass keine Plage unter ihnen entstehe bei ihrer Musterung“ (2. Mo 30,12).

David sah seine Sünde recht bald ein und bekannte sie vor dem Herrn. Gott nahm dieses Bekenntnis an und stellte Davids Seele wieder her, aber Er war verunehrt worden und musste in seinen Regierungswegen auf diese offenkundige Übertretung reagieren. Doch Er liebte seinen Knecht David. Daher bot Er ihm durch den Propheten Gad drei Methoden der Züchtigung zur Auswahl an: drei Jahre Hungersnot, drei Monate Vernichtung durch seine Bedränger oder drei Tage das Schwert des HERRN und Pest im Land. Hierauf antwortete David: „Mir ist sehr angst! Möge ich doch in die Hand des HERRN fallen, denn seine Erbarmungen sind sehr groß; aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen!“

Diese Worte zeigen deutlich, dass nicht nur Gott seinen Knecht David kannte, sondern dass auch David seinen Gott kannte. Er wusste, wie Gott diese Züchtigung ausführen würde und dass er auf „seine Erbarmungen“ im Gebrauch der Rute zählen konnte. Mit anderen Worten: Er sah ein, dass er Züchtigung verdient hatte, und zog es vor, sie direkt aus der Hand des HERRN zu bekommen. Deshalb konnte er sagen: „Möge ich doch in die Hand des HERRN fallen.“

Doch nun zu der angeführten Stelle aus Hebräer 10. Dort geht es nicht um einen Gläubigen, der in Sünde gefallen ist, sondern um Abtrünnige. Es geht um christliche Bekenner, die „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen“ hatten, dann aber vom christlichen Glauben abgefallen waren. Dadurch hatten sie „mit Willen“ gesündigt. Für sie blieb „kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig“, da sie das einzige von Gott anerkannte Opfer abgelehnt hatten. Für sie blieb nur „ein gewisses furchtvolles Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird“. Gott wird an ihnen Rache üben und sie richten (Heb 10,26-30). Diese Beschreibung schließt der Schreiber des Hebräerbriefs dann mit den Worten ab: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ Denn in dieser Weise in die Hände Gottes zu fallen, bedeutet ewige Verdammnis.

Im ersten Fall geht es also darum, als Gläubiger bei einer zeitlichen Züchtigung in die regierenden Hände des Herrn zu fallen, wogegen es im zweiten Fall darum geht, als Ungläubiger zu einem schonungslosen Gericht in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

[Bearbeitete Übersetzung aus dem Englischen]

 

Der Herr, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer, ein eifernder Gott!
5. Mose 4,24

Edward Dennett

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2022, Heft 8, Seite 29

Bibelstellen: 1. Chronika 21,1.13; Hebräer 10,26-31; 2. Mose 30,12;

Stichwörter: Hände, Sünde, Züchtigung