Glaubensleben

Fünf Haltungen von Johannes

Die Haltung, die wir in der Gegenwart einer bestimmten Person einnehmen, zeigt etwas von der Art der Beziehung, die wir zu dieser Person haben. Sie verrät aber auch etwas über unseren eigenen inneren Zustand. In der Gegenwart wichtiger Personen nehmen wir gewöhnlich Haltung an. Wenn wir dagegen unter Freunden sind, nehmen wir es mit unserer Haltung meist nicht so genau. Und mit einem belasteten Gewissen verhalten wir uns vermutlich anders als mit einem reinen.

Im Johannesevangelium werden verschiedene Körperhaltungen des Jüngers Johannes erwähnt. Dabei geht es um äußere Haltungen in der Gegenwart oder – im weiteren Sinn – in der Sache des Herrn. Sie zeigen etwas von dem Platz und der Wertschätzung, die der Herr Jesus im Herzen dieses Jüngers hatte. Darum haben sie auch uns etwas zu sagen. Nachfolgend wollen wir uns fünf Haltungen von Johannes etwas näher ansehen.

Johannes liegt im Schoß Jesu

„Einer aber von seinen Jüngern, den Jesus liebte, lag zu Tisch in dem Schoß Jesu“ (Joh 13,23).

Als der Herr Jesus mit seinen Jüngern im Obersaal versammelt war, um das Passah mit ihnen zu essen, lag Johannes zu Tisch im Schoß seines Herrn. Der Schoß lässt uns an ungetrübte Gemeinschaft denken.

Der Herr hatte seinen Jüngern gerade mitgeteilt, dass Ihn einer von ihnen verraten würde. Diese ernsten Worte lösten Verlegenheit und zweifelnde Fragen bei ihnen aus (V. 22). In dieser für die Jünger äußerst unangenehmen Situation lag Johannes – der Jünger, den Jesus liebte – im Schoß seines Herrn. Dort konnte ihn nichts erschüttern. Im Schoß seines Herrn liegend hatte er auch nichts zu befürchten. So war er der Einzige, der in der Lage war, den Herrn zu fragen, wer Ihn verraten würde.

Kennen wir auch diese ungetrübte Gemeinschaft mit dem Herrn – auch in Umständen, die dazu angetan sind, uns in Unruhe und Sorge zu versetzen?

Johannes lehnt an der Brust Jesu

„Jener aber, sich an die Brust Jesu lehnend, spricht zu ihm: Herr, wer ist es?“ (Joh 13,25).

Durch seine (äußere und innere) Nähe zum Herrn war Johannes das geeignete Sprachrohr der Jünger, um Ihm die Frage zu stellen, die ihnen allen auf dem Herzen brannte: Wer war es, der Ihn verraten würde? In dem Augenblick, als Johannes die Frage stellte, lehnte er sich (bewusst) an die Brust Jesu. Die Brust spricht von Zuneigung, aber auch von der Vertrautheit und Innigkeit einer Beziehung. An der Brust Jesu lehnend spürte Johannes den Herzschlag seines Meisters. Keiner der anderen anwesenden Jünger war dem Herrn so nahe wie er.

Kennen wir etwas von dieser Vertrautheit mit dem Herrn? Und sind wir in der Lage, ein wenig nachzuempfinden, was Ihn auf seinem Weg über diese Erde bewegt hat?

Johannes steht am Kreuz Jesu

„Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner MutterFrau, siehe, dein Sohn!“ (Joh 19,26).

Johannes war – soweit wir es wissen – der Einzige der zwölf Jünger, der mit einigen Frauen am Kreuz stand. Alle anderen waren geflohen und nicht zurückgekehrt. In diesen für seinen Herrn so schweren Stunden stellte er sich bewusst auf die Seite seines verworfenen und gekreuzigten Heilands und nahm den schmachvollen Platz unter dem Kreuz ein. War es das Bewusstsein der Liebe seines Herrn, das ihm in dieser Situation die Kraft gab, an diesem schrecklichen Ort auszuharren?

Johannes war bereit, die Schmach und Verwerfung seines Herrn von Seiten der Menschen zu einem gewissen Grad zu teilen. Freiwillig blieb er eine Zeitlang an dem Ort, der den ganzen Hass und die ganze Bosheit der Menschen offenbarte.

Sind wir auch bereit, um Christi willen Leiden auf uns zu nehmen? Stehen wir auf seiner Seite?

Johannes läuft zur Gruft Jesu

„Die beiden aber liefen zusammen, und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam als Erster zu der Gruft“ (Joh 20,4).

Als die beiden Jünger Petrus und Johannes von Maria Magdalene erfahren hatten, dass ihr Herr nicht mehr in der Gruft war, liefen sie beide unverzüglich zur Gruft. Doch Johannes lief schneller als Petrus und kam als Erster zur Gruft. Während Petrus, der kurz zuvor seinen Meister verraten hatte, möglicherweise von einem belasteten Gewissen zurückgehalten wurde, wurde Johannes von der Liebe zu seinem Herrn angetrieben und lief Petrus voraus.

Zeigt diese Begebenheit nicht, dass das Herz von Johannes besonders von der Liebe zu ihrem Herrn erfüllt war? Alles in seinem Leben drehte sich nur um Ihn.

Kennen wir auch etwas von der Anziehungskraft dieser herrlichen Person? „Laufen“ wir, wenn es darum geht, die Zusammenkünfte zu besuchen? „Laufen“ wir auch, wenn der Herr uns eine Aufgabe vor die Füße legt, oder zeigen wir dann Unwilligkeit oder eine falsche Zurückhaltung (1. Mo 18,7)?

Johannes geht Jesus nach

„Petrus wandte sich um und sieht den Jünger nachfolgen, den Jesus liebte, der sich auch bei dem Abendessen an seine Brust gelehnt und gesagt hatte: Herr, wer ist es, der dich überliefert?“ (Joh 21,20).

Nachdem Petrus im Kreis der Jünger öffentlich wiederhergestellt worden war, sagte der Herr ihm voraus, dass er einmal den Märtyrertod erleiden würde. Dann forderte Er ihn auf, Ihm nachzufolgen (V. 18.19). Als Petrus sich daraufhin umwandte, sah er den Jünger, den Jesus liebte, nachfolgen.

Im Gegensatz zu Petrus musste Johannes von seinem Herrn nicht ausdrücklich zur Nachfolge aufgefordert werden, denn er folgte Ihm bereits nach. Angezogen von dessen Liebe ging Johannes seinem Meister unaufgefordert nach. Hingabe und Treue kennzeichneten seine Nachfolge.

Folgen wir unserem Herrn auch unaufgefordert nach oder lassen wir uns leicht von anderen Dingen ablenken? Und ist unsere Nachfolge durch Hingabe und Treue gekennzeichnet?

Zusammenfassung

Im Johannesevangelium finden wir fünf verschiedene Körperhaltungen von Johannes. Sie veranschaulichen angemessene innere Haltungen in der Gegenwart des Herrn, die auch uns etwas zu sagen haben:

  • Johannes liegt im Schoß Jesu – Genießen wir (ungetrübte) Gemeinschaft mit unserem Herrn?
  • Johannes lehnt an der Brust Jesu – Sind wir vertraut mit den Gedanken und Empfindungen unseres Herrn?
  • Johannes steht am Kreuz Jesu – Sind wir bereit, für den Herrn und seine Sache Leiden auf uns zu nehmen?
  • Johannes läuft zur Gruft Jesu – Ist die Liebe zu unserem Herrn die Motivation für das, was wir tun?
  • Johannes geht Jesus nach – Sind wir treue Jünger, die ihrem Herrn und Meister in Hingabe nachfolgen?

 

Folge du mir nach!
Johannes 21,22

 

 

Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.
1. Johannes 1,3

Daniel Melui

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2023, Heft 10, Seite 7

Bibelstellen: 1. Johannes 1,3;

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