Glaubensleben

Rahab – Gnade, Glaube, Werke

Als zwei Kundschafter von Josua ausgesandt wurden, um „das Land und Jericho“ zu besehen, gelangten sie „in das Haus einer Hure, mit Namen Rahab“ (Jos 2,1). Die Sache flog auf, doch Rahab versteckte die beiden Spione und ließ sie später unbemerkt entkommen. Weil sie fest davon überzeugt war, dass Israel das Land Kanaan in Besitz nehmen würde, vereinbarte sie mit den zwei Israeliten ein Erkennungszeichen für ihr Haus, damit es bei dem bevorstehenden Angriff Israels verschont bliebe. Eine Karmesinschnur hing seitdem aus einem ihrer Fenster. Als Jericho dann tatsächlich von Israel eingenommen wurde, wurde sie verschont. Später heiratete sie Salmon, den Sohn des Stammesfürsten von Juda.

Rahab wird dreimal im Neuen Testament mit Namen genannt. Wir lernen an diesen Stellen etwas über die Gnade Gottes und über den Glauben und die Werke Rahabs.

Gnade

„Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Abraham zeugte Isaak; … Salmon aber zeugte Boas von der Rahab“ (Mt 1,1.2.5).

Die erste Erwähnung Rahabs im Neuen Testament finden wir in Matt­häus 1,5, im Geschlechtsregister des Messias. Zwar wird sie hier, anders als an den anderen Stellen, einfach nur Rahab genannt und nicht Rahab, die Hure, doch wir kennen ihre Geschichte. Hier steht die Gnade besonders im Vordergrund, die einer Frau mit einer solchen Vergangenheit einen Platz im Stammbaum Christi gibt.

Weder aufgrund ihrer Abstammung noch aufgrund ihrer Lebensführung hatte sie ein Anrecht auf eine Beziehung zu Gott. Im Gegenteil, sie ist ein treffendes Beispiel der Menschen ohne Gott, wie sie in Epheser 2 beschrieben werden: „Tot in Vergehungen und Sünden“, „in den Begierden unseres Fleisches“, „ohne Christus“, „entfremdet dem Bürgerrecht Israels“, „keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt“. Aber durch die Gnade wurde sie errettet (und auch mittels des Glaubens, doch darauf kommen wir im nächsten Abschnitt).

Die Parallele zwischen Epheser 2 und Josua 2 ist nicht von ungefähr. Denn das Buch Josua ist eine alttestamentliche Illustration des Epheserbriefs. Was für das Volk Israel der irdische Segen Kanaans war, ist für den Gläubigen heute der im Epheserbrief beschriebene himmlische Segen. Josua 1 zeigt uns die Aufforderung an Israel, das Land Kanaan in Besitz zu nehmen: „Jeden Ort, auf den eure Fußsohle treten wird – euch habe ich ihn gegeben“ (Jos 1,3). Ebenso ist die herrliche Beschreibung unserer geistlichen Segnungen in Christus im Epheserbrief die Einladung an Gläubige heute, unseren Fuß auf diese Segnungen zu setzen, d. h. sie praktisch zu unserem Besitz zu machen. Und so wie Rahabs Platz im Geschlechtsregister Christi ein Denkmal der Gnade Gottes ist, so zeigt Epheser 2, dass es Menschen von der Art Rahabs sind, die Gott mit himmlischen Segnungen überschüttet, „zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade“ (Eph 1,6).

Glauben

„Durch Glauben kam Rahab, die Hure, nicht mit den Ungläubigen um, da sie die Kundschafter in Frieden aufgenommen hatte“ (Heb 11,31).

Hier wird uns der Glaube Rahabs vorgestellt. Sie glaubte an den lebendigen Gott Israels, anerkannte das gerechte Gericht Gottes, das bald über Kanaan hereinbrechen würde, und zweifelte nicht daran, dass Israel das Land besitzen würde. Entsprechend behandelte sie die Kundschafter des Volkes Gottes. Ein lebendiges Beispiel des Glaubens, wie er zu Beginn des 11. Kapitels im Hebräerbrief beschrieben wird: „Der Glaube aber ist … eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht.“

Doch sie glaubte nicht nur an das, was Gott allgemein im Land Kanaan tun würde. Ihr Glaube zeigte sich auch in persönlichem Vertrauen auf ihre Rettung. Dabei stützte sie sich auf das Wort der Kundschafter und das von ihnen beschriebene Rettungsmittel, die Karmesinschnur: „Und die Männer sprachen zu ihr: … Siehe, wenn wir in das Land kommen, so sollst du diese Karmesinschnur ins Fenster binden, durch das du uns heruntergelassen hast … Jeder aber, der bei dir im Haus sein wird, dessen Blut sei auf unserem Haupt, wenn Hand an ihn gelegt wird. … Und sie sprach: Nach euren Worten, so sei es! Und sie entließ sie, und sie gingen weg. Und sie band die Karmesinschnur ins Fenster“ (Jos 2,17-21). Das bevorstehende Gericht war für sie so real und das Wort der Kundschafter so zuverlässig, dass sie die Schnur ins Fenster hängte, obwohl Israel noch nicht einmal den Jordan überquert hatte und nichts in Kanaan besaß.

Das ist eine schöne Illustration des rettenden Glaubens in der heutigen Zeit der Gnade. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“ (Heb 9,27). Aber Gott hat Christus Jesus „als Sühnmittel dargestellt“. Durch den Glauben an sein Blut (veranschaulicht durch die Karmesinschnur) wird ein Mensch gerechtfertigt und kommt nicht mehr ins Gericht (Röm 3,24.25). Das hat Gott in seinem zuverlässigen Wort verbürgt. Und der Glaube stützt sich darauf.

Werke

„Ist aber ebenso nicht auch Rahab, die Hure, aus Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ?“ (Jak 2,25).

Rahab wird im Jakobusbrief als ein Beispiel dafür gebraucht, dass man aus Werken gerechtfertigt wird. Rahab hatte bereits geglaubt, als sie die Botschaft von dem Durchzug Israels durch das Schilfmeer gehört hatte. Doch niemand hätte je etwas davon erfahren, wenn sie nicht die Kundschafter aufgenommen hätte. Gott hatte ihren Glauben längst gesehen, aber vor Menschen (und darum geht es im Jakobusbrief) war sie erst gerechtfertigt, als sich ihr Glaube durch Werke bewies. Echter Glaube zeigt sich vor anderen durch Glaubenswerke, dafür ist Rahab ein leuchtendes Beispiel.

Der Glaube Rahabs akzeptierte das gerechte Gericht Gottes und nahm Zuflucht zu dem angebotenen Rettungsmittel. So wird ein Mensch vor Gott gerecht. Die Werke Rahabs offenbarten ihren Glauben, als sie die Boten Gottes aufnahm. Durch solche Glaubenswerke wird ein Mensch vor Menschen gerecht (vgl. Jak 2,18-26).

Diese göttliche Kette – Gnade → Glauben → Werke – , wie wir sie am Beispiel Rahabs gesehen haben, finden wir auch in Epheser 2,8-10, sozusagen als Zusammenfassung unseres Themas: „Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“

 

Marco Leßmann

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2023, Heft 11, Seite 5

Bibelstellen: Matthäus 1,1.2.5; Josua 1,3; 2,1.17.21; Epheser 1,6; 2; Hebräer 9,27; 11,31; Jakobus 2,18-26;

Stichwörter: Glaube, Gnade, Gott, Menschen, Rahab, Werke