Die hungrige Seele
Die Furcht des HERRN ist rein und besteht ewig.
Die Rechte des HERRN sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt;sie, die kostbarer sind als Gold und viel gediegenes Gold,
und süßer als Honig und Honigseim.Psalm 19,10.11
„Eine satte Seele zertritt Honigseim; aber einer hungrigen Seele ist alles Bittere süß“ (Spr 27,7).
Als Junge besuchte ich einmal einen Freund und wollte bei ihm übernachten. Wir spielten den ganzen Nachmittag über, und irgendwann war die Uhrzeit schon lange vorbei, zu der wir normalerweise zu Hause unser Abendessen hatten. Ziemlich spät am Abend tischte die Mutter meines Freundes schließlich ein Essen auf. Sie grinste mich dabei an und sagte: „Ich finde, wenn ich mit dem Kochen lange warte, schmeckt es allen!“ Ihre kulinarische Strategie mag mit dem obigen Vers zusammenhängen. Aber da der Spruch göttlich inspiriert ist, ist er vor allem als geistliche Anleitung gedacht, nicht nur als Küchenweisheit.
Jeder freut sich über die Süße des Honigs – allerdings nicht jemand, der bereits satt ist. Geistlich gesehen ist dies ein Bild für diejenigen, die versucht haben, sich mit den Dingen dieser Welt zu befriedigen. Obwohl unsere Seelen von diesen unechten Lebensmitteln nie wirklich ernährt werden, verderben sie uns den Appetit auf die Süße von Gottes Wort. Die kostbarsten Verheißungen der Bibel und die höchsten Herrlichkeiten des Heilands werden uns ziemlich unattraktiv erscheinen, wenn wir unsere „Bäuche“ mit irdischen Dingen gefüllt haben.
Wenn wir aber nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, wird selbst das, was unseren natürlichen Sinnen bitter erscheint, unserer Seele süß schmecken. Die Züchtigung des Vaters zum Beispiel mag schmerzlich erscheinen. Danach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit, wenn wir durch sie geübt worden sind (Heb 12,11). Eine korrigierende biblische Botschaft mag bitter erscheinen, aber für den Diener des Herrn sind diese Warnungen süßer als Honig (Ps 19,10.11). Psalm 119 jubelt über das Wort Gottes: „Wie süß sind meinem Gaumen deine Worte, mehr als Honig meinem Mund!“ (Ps 119,103). Und Jeremia setzt fort: „Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens“ (Jer 15,16)