Zeitgeschehen

Die Gefahr des Alkohols

Vor einiger Zeit las ich sowohl in einer Tageszeitung als auch in einem medizinischen Fachblatt von den schlimmen Folgen eines übermäßigen Alkoholkonsums. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass viele Menschen alkoholsüchtig sind. Auch in christlichen Haushalten findet sich gelegentlich Trunkenheit und Alkoholabhängigkeit.

Droge und Suchtpotential

Alkohol und Tabak stellen laut Jahrbuch „Sucht“ in Deutschland nach wie vor die größten Suchtgefahren dar. Jeder Bürger in Deutschland trinkt pro Jahr durchschnittlich 131 Liter Alkoholika (2017, neuere Zahlen gibt es nicht), das ist eine Badewanne voll. So bleibt Deutschland beim Thema Alkohol ein Hochkonsumland.

2017 wurde den Angaben nach in Krankenhäusern 314.211 Mal die Diagnose „Psychische und Verhaltens-Störungen durch Alkohol“ gestellt. Die Patienten waren dabei überwiegend männlich. Die Zahl der 10- bis 20-Jährigen, die im Wesentlichen noch in ihren Elternhäusern lebten und die im selben Jahr aufgrund eines akuten Alkoholmissbrauchs in einem Krankenhaus stationär behandelt wurden, lag bei 21.721.

Alkohol in der Bibel (positiv)

Wenn es darum geht, das Trinken von Alkohol zu verteidigen, werden gerne zwei Bibelstellen aus dem Neuen Testament angeführt:

  1. „Trinke nicht länger nur Wasser, sondern gebrauche ein wenig Wein wegen deines Magens und deines häufigen Unwohlseins“ (1. Tim 5,23), schreibt der Apostel Paulus an seinen jüngeren Freund und Mitarbeiter, Timotheus.
  2. In Johannes 2 lesen wir, dass der Herr Jesus sechs Wasserkrüge von rund 30 Litern durch ein Wunder mit Wein füllte.

Bei der ersten Stelle muss man allerdings bedenken, dass Paulus eine Art Medizin verschrieb, denn Timotheus hatte offensichtlich gesundheitliche Beschwerden. Und im Blick auf Johannes 2 dürfen wir nicht übersehen, dass dieses Wunder ein Zeichen war, was nicht den Wein, sondern dessen bildliche Bedeutung in den Mittelpunkt stellte. Zudem übergeht das Wort an dieser Stelle nicht den negativen Effekt des Alkohols: Trunkenheit (Joh 2,10).

Gleichwohl zeigen diese Hinweise und auch die Tatsache, dass sowohl bei der Passahfeier (nach jüdischer Gewohnheit) als auch beim Gedächtnismahl Wein getrunken wurde (vgl. Lk 22,18; Mk 14,25), dass wir Wein (Alkohol) trinken dürfen. Ein entsprechendes Verbot stünde somit im Gegensatz zum Wort Gottes, sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments. Denn auch im Alten Testament war es eine Ausnahme, wenn jemand keinen Wein trank (vgl. die Vorschriften für den Nasir in 4. Mo 6).

Alkohol in der Bibel (negativ)

Wir dürfen dabei jedoch nicht übersehen, dass Alkohol offenbar von Beginn an eine Gefahr für Menschen darstellte. Der erste Mensch, von dem es in der Bibel heißt, dass er Wein anbaute, war Noah. Und er war zugleich der erste Mensch, von dem wir lesen, dass er betrunken war. Er war dadurch nicht mehr Herr seiner Sinne, so dass er sich entblößte (1. Mo 9,21). Auch Lot erlag den Versuchungen des Alkohols. Dadurch kam es zu der bösen Tat, dass er Vater und zugleich Großvater von Kindern wurde, die seine Töchter zur Welt brachten. Er hatte sie in betrunkenem Zustand gezeugt, ohne dass er es wusste (1. Mo 19,30 ff.).

In Sprüche 23,29-35 lesen wir in sehr eindrücklicher Weise von den fatalen Folgen übermäßigen Alkoholgenusses. Salomo lehrt uns, dass übermäßiger Genuss von Alkohol zur Armut führt (Spr 23,21). Er ermahnt ausdrücklich, nicht zu denen zu gehören, die „Weinsäufer“ sind (Spr 23,20). Und Hosea schreibt, dass Wein und Most – übrigens auch Hurerei! – den Verstand wegnehmen (Hos 4,11).

Der Apostel Paulus listet Trunkenheit und Gelage als Werke des Fleisches auf (Gal 5,21). In 1. Korinther 6,10 sagt er, dass Trunkenbolde (man könnte auch mit „Trinker“ übersetzen) das Reich Gottes nicht erben werden. Zuvor hat er davon gesprochen, dass wir mit einem Gläubigen, der Trunkenbold (Trinker) ist, keinen Umgang haben dürfen, nicht einmal essen dürfen (1. Kor 5,11).

So könnte man fortfahren. Denn es gibt außerordentlich viele Bibelverse, die uns vor zu hohem Alkoholkonsum ausdrücklich warnen. Das sollten wir sehr ernst nehmen. Das Trinken von Alkohol birgt viele Gefahren.

Relativierung gesucht?

Vielleicht ist man dennoch geneigt, diese vielen Ermahnungen und Warnungen zu relativieren. Möglicherweise denkt jemand an die Worte der Mutter Lemuels: „Gebt starkes Getränk dem Umkommenden und Wein denen, die betrübter Seele sind: Er trinke und vergesse seine Armut und erinnere sich nicht mehr an seine Mühsal“ (Spr 31,6.7). Was auch immer die konkrete Auslegung und richtige Anwendung dieser Verse auf den König Lemuel war, wir können mit dem Hausarzt und geschätzten Bibelausleger Henri Rossier nur davor warnen, diese Verse als Freibrief zum Trinken von Alkohol zu missbrauchen. Denn uns Christen gilt allemal: „Berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt“ (Eph 5,18).

Das Trinken von Alkohol wird in der Bibel nicht verboten. Aber vielleicht gibt es kein anderes Konsummittel, bei dem der vernünftige Gebrauch so schnell in schädlichen Missbrauch umschlägt.

Eine Warnung für uns alle

Gott warnt vor dem Alkoholmissbrauch. Wir alle sollten uns ansprechen lassen. Wir wollen uns fragen, ob man nur noch dann fröhlich zusammen sein kann, wenn auch Bier, Wein oder noch Stärkeres mit dabei ist. Wenn wir solche Mittel nötig haben, um Freude zu haben, scheint unser Glaube nicht sehr von Christus erfüllt zu sein.

Manche kommen ans Trinken, weil sie mit vielen Sorgen im Leben zu kämpfen haben. Vielleicht müssen sie allein durchs Leben gehen, vielleicht ist der Ehepartner heimgegangen. Andere haben mit beruflichen oder familiären Problemen zu kämpfen. Diese Not meint man, mit Alkohol ein stückweit dämpfen oder für eine Zeit vergessen zu können. Aber, während die Probleme bleiben oder sogar größer werden, hilft der Alkoholgenuss nicht, sondern bringt zusätzliche Komplikationen und gesundheitliche Gefährdungen, oft mit langwierigen negativen Folgen.

Wir Christen dürfen und sollen Freude haben. Aber wie will ein Christ echte Freude und Glück empfinden, wenn der Herr Jesus nicht „dabeisitzen“ kann? Es geht nicht darum, dass man sich immer nur über Christus und sein Wort unterhalten „müsste“. Aber könnte man es dort auch, wo wir gesellig zusammen sind? Man würde über Gottes Wort hinausgehen, wenn man behauptete, ein Zusammensitzen bei einem Glas Wein oder Bier würde es unmöglich machen, über den Glauben und Gottes Wort zu sprechen. Aber tun wir es bei solchen Gelegenheiten?

Ein Gläschen wird schnell mehr

Wir dürfen auch nicht übersehen, dass Alkoholgenuss und Trunkenheit leicht zueinander finden. Vermutlich kennen die meisten von uns Situationen in ihrem Leben, in denen sie sich sagen mussten: Es wäre besser gewesen, ein Glas weniger getrunken zu haben. Und es gibt ja nicht nur die Dauertrinker, sondern auch die Gelegenheitstrinker, die „nur“ alle paar Wochen einen über den Durst trinken und dann für einige Zeit nicht mehr Herr ihrer Sinne sind. Wie sieht dann unser Zeugnis als Christen vor unseren Nachbarn, Kollegen und Mitchristen aus? Vor unseren Kindern?

Es kann sein, dass wir in manchen Fragen der Lehre schärfer urteilen oder strengere Urteile unterstützen, als wir es in solchen Fragen der praktischen Lebensführung tun. Das wäre schade und unausgewogen.

Hilfe suchen und geben

Wenn jemand Schwierigkeiten hat, in diesem Bereich diszipliniert zu leben, darf er zu Gott um Hilfe rufen. Es ist aber keine Schwäche, sondern mutig, sich in solchen Fällen auch menschliche Hilfe zu suchen. Gerade im Blick auf den Alkohol ist das Zugeben, auf diesem Gebiet süchtig zu sein, bereits ein großer erster Schritt. Denn sehr oft ist allgemein bekannt, dass jemand ein Alkoholproblem hat; nur die Person selbst will es nicht wahrhaben. Vielleicht ist ein erster Schritt, einen Arzt einzuschalten. Zudem hat der Herr seiner Versammlung auch Hirten gegeben, die einen Dienst zum Wohl der Gläubigen tun. Es gibt zudem Ehepaare, die ein offenes Haus und Ohr haben für die verschiedenen Nöte.

Wenn du einmal bei einem so hohen Konsum angekommen bist, dass du spürst, dass du nicht mehr allein davon loskommst – dann suche dir Hilfe! Vermutlich wirst du ohne eine medizinische Entziehungskur nicht weiterkommen. Aber besser das, als (weiter) zu sündigen und dein Leben, das deines Ehepartners und deiner Familie durch den Alkohol noch mehr zu ruinieren. Eine begleitende Seelsorge wird dir auch den nötigen Mut zusprechen.

Wir alle wollen zudem sensibel sein, wenn wir sehen, dass jemand nach Alkohol riecht, entsprechend aussieht oder öfter zugreift als andere. Wir haben keinen Auftrag, als Detektive herumzugehen. Aber wie oft haben wir uns hinterher gesagt: „Das soll uns nicht noch einmal passieren, dass uns der Mut gefehlt hat, rechtzeitig jemand anzusprechen.“ Mut und Feingefühl gehen zusammen und sind zum Segen. „Wer einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, wird eine Seele vom Tod erretten und eine Menge von Sünden bedecken“ (Jak 5,20).

Vor allem sollten wir selbst Vorbilder sein. Wie tragisch, wenn jemand auf mich verweisen würde und sagen könnte: „Der trinkt aber auch gerne mal ein paar Gläser …“ Auch durch unbedachte Äußerungen, indem zum Beispiel jemand gedrängt wird, ein Glas Sekt bei einem Empfang mitzutrinken, können wir jemand, der gerade auf einem guten Weg ist, auf eine sündige Fährte bringen. Gott schenke uns daher Weisheit, Zurückhaltung, ein weites Herz und bewahre uns vor einer gesetzlichen Haltung und davor, ein schlechtes Vorbild zu sein.

Sieh den Wein nicht an, wenn er sich rot zeigt, wenn er im Becher blinkt, leicht hinuntergleitet. Sein Ende ist, dass er beißt wie eine Schlange und sticht wie eine Viper.
*Sprüche 23,31.32

Manuel Seibel

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2020, Heft 2, Seite 10

Bibelstellen: Sprüche 23,31.32; Sprüche 31,6.7; Jakobus 5,20; Epheser 5,18; u. a.;

Stichwörter: Alkoholgenuss, Freude, Gefahr, Trunkenheit, u. a.