Ermutigung

Auf Jakobus hören

„Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt, da ihr wisst, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk, damit ihr vollkommen und vollendet seid und in nichts Mangel habt“ (Jak 1,2-4).

Als Jakobus auf dem Konzil in Jerusalem die Besprechung vor allen Anwesenden zusammenfasste, begann er mit den Worten: „Brüder, hört mich!“ (Apg 15,13). Ich habe mir beim Lesen selbst gesagt: Ja, ich möchte auf das hören, was Gott mir durch diesen bemerkenswerten Mann sagen möchte. – Und ich möchte euch bitten, ein paar Minuten auf das zu hören, was der Apostel Jakobus uns zu sagen hätte, wenn er heute hier wäre. Er würde uns sagen: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt.“ Es scheint mir, dass wir nicht so auf Jakobus hören, wie wir es tun sollten. Wir haben nur einen einzigen Brief von ihm und der ist nicht besonders lang und wird von vielen offenbar als eher minderwertig angesehen. Selbst eine Größe wie Martin Luther nannte diesen Brief – wie ich mir sagen ließ – geringschätzig eine „stroherne Epistel“. Nun, in vielen Punkten beuge ich mich vor der Autorität dieses großen Reformators, aber in diesem Punkt muss ich gegen ihn auftreten. Für mich ist dieses Buch eher ein großer Vorschlaghammer als ein Bündel Stroh. Wenn irgendein Mann es versteht, dem Gewissen des Durchschnittsgläubigen schwere Schläge zu verpassen, dann Jakobus. Wir werden sehr direkt angesprochen, wenn wir Jakobus gut zuhören.

Nachdem sie aber ausgeredet hatten, antwortete Jakobus und sprach: Brüder, hört mich!

Apostelgeschichte 15,13

Ist es nicht merkwürdig, was Jakobus uns in diesem Vers sagt? Prüfungen umfassen nicht nur bestimmte Dinge, die uns Not machen. In praktisch allen Umständen unseres Lebens erleben wir Versuchungen, Prüfungen und Erprobungen. Wir beißen dann eben in diesen sauren Apfel. Das mag stoisch sein, aber es ist nicht christlich. Jakobus sagt: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder.“ – Wir sagen vielleicht: Jakobus, warum verlangst du so viel von uns? – Ehrlich gesagt, bin ich noch nicht so weit. Ich hoffe, dass ich an dem Punkt bin, wenn ich in einer anhaltenden Prüfung sagen kann, dass Gott weiß, wie Er denen, die Ihn lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken lassen kann. Ich sehe ein, dass die Versuchung letzten Endes etwas Nützliches haben kann. Aber das hier ist mir zu hoch.

Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind.

Römer 8,28

„Achtet es für lauter Freude“ – nicht neunzig Prozent Freude -, wenn ihr in mancherlei, das heißt verschiedene, Prüfungen fallt. Wir werden immer wieder erprobt und nicht immer durch dieselben Umstände. Zuerst werden wir von dieser Seite angegriffen, angefallen, erprobt und versucht; dann scheint sich der Wind plötzlich zu drehen und uns aus der anderen Richtung entgegenzuwehen und die Art der Versuchung ist eine völlig andere. Angenommen, wir könnten uns bei Jakobus beschweren, dass seine Belehrung doch etwas seltsam sei, dann würde er uns anschauen und sagen: Ich sage nur das, was die Apostel einmütig bezeugen.

Lesen wir einmal die Briefe des Paulus. Im fünften Kapitel des Römerbriefs drücken einige Verse mit anderen Worten ziemlich genau das aus, was Jakobus hier sagt. Paulus sagt, dass wir uns nicht nur in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes rühmen, auch nicht nur in Gott selbst, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale. Wenn wir die Briefe des Petrus lesen und seinen Ermahnungen zuhören, werden wir in seinem ersten Brief mehr über Leiden finden als in irgendeinem anderen Brief. Immer wieder spricht er von den Leiden Christi und von unseren Leiden. Wir leiden um der Gerechtigkeit willen, um Christi willen, für Gutestun. Aber wir sollten, obwohl wir als Christen leiden, sehr darauf bedacht sein, dass wir nicht als Übeltäter leiden. Doch am Ende von Kapitel 5 fasst Petrus zusammen: „Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten habt, er selbst wird euch vollkommen machen, befestigen, kräftigen, gründen“ (1. Pet 5,10). Petrus spricht von Leiden, Paulus von Trübsalen, Jakobus von Prüfungen – aber sie alle reden von dem großen Wert, der darin liegt.

Es scheint mir, dass ich mein Denken in manchen Bereichen korrigieren muss, wenn ich wirklich auf Jakobus hören will. Statt den Leiden auszuweichen, soll ich sie willkommen heißen. Offen gesagt, liebe ich Prüfungen nicht. Prüfungen sind schrecklich und ich möchte sie unbedingt vermeiden.

Wir sollen Prüfungen willkommen heißen.

Doch Jakobus sagt: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt.“

Jeder Apostel nennt den gleichen Grund:

  • Paulus sagt: Wir rühmen uns der Trübsale, „da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt,“ – das Gleiche sagt auch Jakobus hier – „das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber beschämt nicht“ (Röm 5,3-5). So wird jedes Hindernis beiseite geräumt und Raum gemacht für das Eindringen der Liebe Gottes. Ein Christ, dessen Herz von der Liebe Gottes erfüllt ist, ist ein sehr bemerkenswerter Mensch. Paulus wusste sehr gut, dass der Prozess des Leidens zwar sehr notvoll ist; die Sache aber, die mit diesem Prozess erreicht werden soll, ist es tausendmal wert.
  • Petrus sagt: Gott hat uns zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen, nachdem wir eine kurze Zeit gelitten haben (1. Pet 5,10). Leiden dienen dazu, uns vollkommen zu machen, uns zu befestigen, zu kräftigen, zu gründen. Warum finden wir oft so betrübend wenig Festigkeit, Kraft und geistliches Fundament unter uns Gläubigen? Ich wage zu sagen, dass der Grund darin liegt, dass wir es schaffen, in unserem begünstigten Land vielen Leiden zu entkommen, die andere erlitten haben. Immer wieder erleben wir, dass Leiden dem Jungbekehrten die Wahrheit des Evangeliums nicht austreiben, sondern sehr wirkungsvoll einpflanzen; und wenn wir einen gefestigten, gekräftigten und gegründeten Christen finden wollen, müssen wir einen erprobten Christen suchen.

Ein gegründeter Christ ist ein erprobter Christ.

Die starken Herbstwinde erschüttern den jungen Baum bis zu den äußersten Verzweigungen seiner Wurzeln; und es ist genau diese Erschütterung, diese Erprobung des jungen Baumes, die ihn befähigt, das Erdreich um die Wurzeln herum zu lockern und sich für das unterirdische Wachstum im Frühling bereit zu machen, wenn oberirdisch die frischen Blätter und Zweige hervorkommen. Das Ganze verläuft unter der Erdoberfläche, und eben diese Herbstwinde bereiten den Boden vor, um den Baum an seinem Ort zu befestigen, zu kräftigen und zu gründen.

  • Jakobus wiederum erklärt uns, dass die Bewährung unseres Glaubens „Ausharren bewirkt“. Ausharren hat mit Geduld und Ausdauer zu tun. Es ist die Erprobung unseres Glaubens, die Ausharren bewirkt. Gott lässt die Prüfungen zu, damit wir erprobt werden, und wenn das Ausharren sein vollkommenes Werk getan hat, werden wir vollkommen und vollendet sein und in nichts Mangel haben. Im Allgemeinen denkt man, dass Versuchungen, Prüfungen und Erprobungen nur eine schreckliche Last sind. Wir sagen: Was für ein guter Christ könnte ich sein, wenn ich nicht von diesen Schwierigkeiten nach unten gezogen würde! – Doch noch einmal: Ich musste meine Gedanken diesbezüglich korrigieren. Ich entdeckte, dass ich nicht richtig lag.

Ein kleiner Junge lässt seinen Drachen im Märzwind steigen. Der Drachen erhebt sich in die Lüfte und der kleine Junge steht unten. Er hält die Schnur fest, und wenn der Drachen reden könnte, würde er bei sich selbst vielleicht die folgende logische Überlegung anstellen: Sieh doch, wie gut ich fliegen kann. Und das, obwohl dieser dumme kleine Junge die ganze Zeit das Ende der Schnur festhält. Wofür soll das gut sein? Ich weiß, warum ich einen Schwanz und kleine Seitenflügel habe, aber das Problem ist diese Schnur und der Junge, der sich daran festhält. Meint er denn, ich würde ihn so in die Lüfte erheben wie mich selbst? Wenn ich mit einem solchen Handicap schon so gut fliege, dann könnte ich auch höher fliegen und den Mond berühren, wenn ich nur frei käme. Was könnte ich nicht alles tun, wenn ich nicht auf diese törichte Art unten gehalten würde. – Dann ist der kleine Kerl einen Augenblick lang unaufmerksam, die Schnur wird schlaff, und als der Wind den Drachen mit einem Ruck nach oben treibt, reißt die Schnur. Der Drachen taumelt nach unten und verfängt sich in einer Hochspannungsleitung. Ein jämmerlicher Anblick! Was würde der Drachen jetzt sagen, wenn er reden könnte? Er müsste seine Meinung ändern und sagen: „Nein, so was! Die Schnur, von der ich dachte, dass sie mich unten hält, hielt mich oben.“

Es sind die Prüfungen, die Erprobungen, die misslichen Umstände, denen wir uns gegenübersehen, die Gott zu unserer Erziehung benutzt. Wir lernen, was Gott inmitten dieser Prüfungen für uns tun kann. Wir haben die Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln, die wir in den goldenen Tagen im Himmel nie bekommen werden.

Wir haben die Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln, die wir in den goldenen Tagen im Himmel nie bekommen werden.

Gott weiß, wie Er mit jedem von uns umgehen muss, und so beginnt Jakobus seinen Brief mit diesen Worten. Er hat vieles zu sagen, aber bevor er damit beginnt, räumt er diese Dinge aus dem Weg, die ablenken. Die Prüfungen sind Hemmnisse und Stolpersteine, solange wir nicht auf Jakobus hören. Achte auf diese Dinge zu Hause, bei der Arbeit, in den Zusammenkünften. Es scheint mir oft, dass Leute dickköpfig, aufsässig und töricht sind. Auch ich bin nicht davor gefeit, so zu sein, aber inmitten solcher prüfenden Umstände, solcher Versuchungen, lerne ich mich durch mein Versagen selbst kennen und erfahre, was die Gnade Gottes für mich tun kann. Ich denke dabei nicht so sehr an den Widerstand vonseiten der Welt, sondern vielmehr an Dinge im Volk Gottes; in unserem Land kommen die Probleme weniger von außen als von innen.

Angenommen, Gott gefiele es in seiner Weisheit, unser Land in Umstände zu bringen, die in anderen Ländern der Welt vorherrschen. Angenommen, wir bekämen eine Diktatur. Angenommen, die Dinge entwickelten sich nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren und die Idee von einem totalitären Staat setzte sich durch, wo der Staat das Ziel hat, das Leben des Einzelnen völlig zu kontrollieren – und nicht einmal die Religion ist von dieser Kontrolle ausgenommen -, und man sich entweder beugt oder leidet. So ist es zwar nicht, aber wenn es so wäre, dann wären wir Gläubigen um einiges näher beieinander, und die Trennlinie zwischen der Welt und der Versammlung würde sehr viel deutlicher gezogen. Die derzeitige Tendenz ist jedoch innerer Zerfall. Wir trennen und streiten uns, die Welt schaut derweil mit höhnischem Grinsen zu, während wir in angenehmer Umgebung leben. 

Doch so oder so wimmelt es von Prüfungen. Sie werden Ausharren bewirken und uns Geduld lehren und unseren geistlichen Eifer erproben. Und die Zeit des Tausendjährigen Reiches bricht bald an. Wie wunderbar wäre es, wenn der Herr auf solche wie uns blicken und sagen könnte: „Das sind Leute, die einem Zustand, in dem sie ‚vollkommen und vollendet sind und in nichts Mangel haben‘, sehr nahe kommen.“ Wir können in solchen schwierigen Umständen durch den Heiligen Geist die Gnade und Fülle Gottes erproben und die unendlichen Hilfsquellen in Christus entdecken. Wir können Ihn in einer Innigkeit und Tiefe kennenlernen, wie wir es im Himmel nicht mehr können, wenn wir es nicht auf der Erde getan haben.

Daher wollen wir uns ermutigen lassen. Wir wollen uns daran erinnern, was Gott mit diesen Prüfungen beabsichtigt.

Daher wollen wir uns ermutigen lassen. Wir wollen uns daran erinnern, was Gott mit diesen Prüfungen beabsichtigt. Und wir wollen Jakobus gut zuhören, wenn er sagt, dass wir es „für lauter Freude achten“ sollen – wir sollen es nicht als Kummer betrachten, auch nicht als etwas, was wir unter allen Umständen vermeiden sollten. Wenn Gott dich immer wieder mit Erprobungen konfrontiert, dann darfst du dir sagen: Das ist eine neue Gelegenheit, mehr von der Gnade des Herrn Jesus Christus zu erfahren; eine neue Gelegenheit, die Fülle, die in Ihm ist, zu erproben und Lektionen zu lernen, die mir, wenn ich sie einmal gelernt habe, eine Ewigkeit lang zugutekommen.

Glückselig der Mann, der die Prüfung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die er denen verheißen hat, die ihn lieben.

Jakobus 1,12

„Glückselig der Mann, der die Prüfung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die er denen verheißen hat, die ihn lieben“ (Jak 1,12).

 

Zusammenfassung:

Wir sollen es für reine Freude achten, wenn wir in Prüfungen hineingeraten. Das können wir nur tun, wenn wir an das Ergebnis der Prüfung denken: Der Glaube bewährt sich und Ausharren wird bewirkt. Jede Erprobung ist eine Gelegenheit, um Erfahrungen mit Gott zu sammeln, die man in den goldenen Tagen im Himmel nicht machen kann.

F.B. Hole

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2016, Heft 9, Seite 5

Bibelstellen: Jakobus 1,2-4; Apostelgeschichte 15,13; Jakobus 1,12

Stichwörter: Ausharren, Jakobus, Leiden, Prüfung, Trübsale