Ermutigung

Sorgen oder Sinnen?

„Ich war voller Unruhe und redete nicht … Hat Gott vergessen, gnädig zu sein? Hat er im Zorn verschlossen seine Erbarmungen? – Sela. Da sprach ich: Das ist mein Kranksein. Der Jahre der Rechte des Höchsten will ich gedenken … und ich will nachdenken über all dein Tun, und über deine Taten will ich sinnen“ (Ps 77,5.10-13).

Ein Bruder schrieb einmal: „Wenn du in der Lage bist, dir Sorgen zu machen, dann bist du auch in der Lage, nachzusinnen.“ Psalm 77 macht deutlich, wie die Last unserer Sorgen ersetzt werden kann durch das Sinnen über das Wesen Gottes. Der Sorgengeist bestimmt den ersten Teil dieses Psalms von Asaph; der Schreiber sucht den HERRN am Tag seiner Drangsal (V. 3). Sein Geist ist völlig niedergeschlagen; und obwohl er sich an das Saitenspiel in der Nacht erinnert, scheint Gott jetzt weit weg zu sein. Er fragt sich sogar, ob der HERR aufgehört hat, gütig zu sein oder vergessen hat, gnädig zu sein. Diese Ausdrücke zeigen die Tiefe seiner Verzweiflung.

Aber der Psalmdichter hat gelernt, zwischen seiner eigenen Unruhe und Gottes Treue zu unterscheiden. Er zieht eine Grenze in seinen Gedanken und sagt sich: „Diese Fragen entstammen meinem Sorgengeist. Ich will aufhören, sie zu stellen und anfangen, darüber nachzudenken, was Gott getan hat.“ Die Unruhe, die sein Inneres erfüllt und immer wiederkehrende Sorgen hervorgerufen hatte, gibt jetzt anderen Gedanken die Vorfahrt, die sich mit Gottes Kraft, der Erlösung und der Fürsorge für sein Volk beschäftigen. Diese Gedanken haben die Tage von Jakob und Mose zum Inhalt (als ob sich Asaph nicht einmal an eigene Erfahrungen hätte erinnern können). Doch sie genügen, um Asaph bewusst zu machen, dass man Gott vertrauen kann.

Sorgen nehmen in unseren Gedanken oft einen breiten Raum ein und veranlassen uns, uns wieder und wieder mit unserem Kummer zu beschäftigen. Nachsinnen bringt uns stattdessen dazu, uns Gottes Treue wieder und wieder vorzustellen. Dieses Sinnen ändert nicht unsere Umstände, aber es ersetzt den Sorgengeist und dadurch ändert es uns selbst.

Stephen Campbell

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2017, Heft 2, Seite 30

Bibelstellen: Psalm 77,5.10-13

Stichwörter: Gottes Treue, Sorgen, Unruhe