Versammlung

Die besondere Stellung der Versammlung

Der neue Mensch

Die Versammlung (griech. ekklesia: „Die Herausgerufene“) besteht nach Gottes Gedanken aus allen Menschen, die durch den Glauben an den Herrn Jesus erlöst und durch den in ihnen wohnenden Heiligen Geist zu einem Leib zusammengefügt sind (1. Kor 12,12.13; Eph 4,4). Die Versammlung ist auf die Person und das Erlösungswerk Christi gegründet und durch den Heiligen Geist am „Pfingsttag“ (Apg 2) ins Leben gerufen worden. Alle, die dazu gehören, sind Glieder des einen Leibes Christi. Sie haben auch alle den einen neuen Menschen angezogen, den Christus durch seinen Tod und seine Auferstehung erschaffen hat (Eph 2,15; 4,24). Die Versammlung besteht also aus solchen, die alle dieselben Kennzeichen des einen neuen Menschen tragen. Die enge Beziehung des neuen Menschen zur Versammlung wird in Epheser 2,14-22 deutlich.

Die Fülle des Christus

Der Charakter der Versammlung kommt besonders in dem eng mit Christus als Haupt verbundenen Leib zum Ausdruck. Haupt und Leib bilden eine Einheit (s. 1. Kor 1,13; 12,12). Da Christus, das Haupt, bereits im Himmel ist und die Versammlung auch bald dort sein wird, ist das wahre Wesen der Versammlung himmlisch. Die Versammlung, die jetzt aus den Glaubenden gebildet wird, ist eine ewige Gemeinschaft derer, die aus Gottes Sicht persönlich „in Christus“ betrachtet werden und gemeinsam „seine Fülle“, seine Ergänzung darstellen, in der das Licht und die Liebe Gottes ewig erstrahlen werden (s. Eph 1).

Wir verstehen den wahren Charakter der Versammlung als „Fülle Christi“ (Eph 1,23) nur, wenn wir erkennen, dass sie zwar für eine gewisse Zeit als Zeugnis auf der Erde gelassen ist, aber in Wirklichkeit als Leib zu Christus, ihrem Haupt, gehört und eins ist mit Ihm, der bereits in der Herrlichkeit ist. Dort wird sie ewig als seine „Fülle“ erstrahlen, weil in ihr sowohl die Heiligkeit Gottes als auch seine Liebe ihren Ausdruck findet.

Der höchste Gegenstand der Liebe ist für den Vater der Sohn und für den Sohn (vom Vater selbst abgesehen) die Braut. Genau das zeigen uns die beiden ersten Erwähnungen der Liebe in Gottes Wort. In 1. Mose 22,2 sehen wir die Liebe des Vaters zu seinem Sohn und in Kapitel 24,67 die Liebe des Sohnes zu seiner Braut oder Frau.

Wir können den unendlich großen Wert des Sohnes für den Vater gar nicht hoch genug einschätzen. Alle, die sich im Glauben – und sei er noch so schwach! – dem Erlöser zugewandt haben, hat der Vater begnadigt in seinem geliebten Sohn. Wie weit geht das über die zunächst von uns erhoffte Sündenvergebung hinaus!

Leib Christi und Frau des Lammes

In Epheser 5 finden wir die Erfüllung der unergründlichen Liebe Christi zu uns, in der Er sich für uns alle und für die Versammlung als Ganzes hingegeben hat (V. 2 und 25). Die Ihm so wertvolle Versammlung will Er gegenwärtig heiligen und reinigen durch das Wort, um sie sich bald verherrlicht darzustellen, ohne Flecken und Runzel, sondern heilig und untadelig. Gegenwärtig nährt und pflegt Er die Versammlung in weit höherem Maß als ein Mensch, der für seinen eigenen Leib sorgt (V. 26.27.29).

Die beiden Darstellungen der Versammlung als Leib und als Frau Christi spiegeln die innigsten Verbindungen wider, die Gott in der Schöpfung niedergelegt hat: Haupt und Leib sind eins, weil sie durch ein Leben untrennbar miteinander verbunden sind, und Mann und Frau in der Ehe sind durch die Liebe auf das Engste miteinander verbunden.

Die kostbare Perle

Das Geheimnis von Christus und der Versammlung kann nicht mit rein intellektuellem Verständnis erfasst werden. Das zeigt schon die erste, bildhafte Erwähnung der Versammlung im Neuen Testament, wo wir einen Kaufmann finden, der alles hingibt, was er hat, um eine sehr kostbare Perle zu besitzen (Mt 13,45.46). Jeder weiß an sich, dass Perlen einen großen Wert haben können (ich spreche eher von der Antike, wo man sie noch nicht züchtete und sie nur schwer finden konnte). Doch wenn jemand sich nicht für Perlen interessiert und dem sie deshalb gleichgültig sind, wird die hierin gegebene, wunderbare Belehrung nicht verstehen. Eine Perle hat ihren Wert einerseits durch ihre wunderbare natürliche Schönheit und andererseits durch ihre unversehrte Einheit. Wenn man sie wie einen Edelstein zerlegen würde, wären ihre Schönheit und ihr Wert dahin. Die Wertschätzung der Belehrung über die Versammlung und ihr Verhältnis zu Christus ist keine intellektuelle Sache, sondern kann nur vom Herzen des Gläubigen ausgehen. Wenn der Herr sie uns im Gleichnis als etwas sehr Außergewöhnliches vorstellt, dürfen wir uns so lange und intensiv damit befassen, bis wir die Belehrung verstehen.

Außergewöhnlicher Segen

Ein weiterer Gedanke hierzu: Wenn ich Stellung und Wert der Versammlung Gottes so sehe wie Christus, dann sind die Gläubigen und das Zusammenkommen in seinem Namen für mich auf der Erde wohl das Höchste und Schönste, das es gibt, denn ich weiß, dass es genau das in vollkommener Weise für meinen geliebten Herrn ist. Soll ich das, was Er liebt und wofür Er sich hingegeben hat (Eph 5,25), nicht lieben, wie Er es tut – zumindest aber seine Liebe zur Versammlung und ihren Gliedern nachahmen?

Schließlich wollen wir noch an die Zukunft denken, in der die Versammlung eine besondere Herrlichkeit haben wird. Darin sehen wir auch die Gerechtigkeit und Weisheit Gottes, denn diejenigen, die an Ihn als den verworfenen Erretter glauben, teilen auf der Erde zumindest in gewissem Maß sein Los, wie Er selbst sagt: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20). Nun sagt Gott gleichsam: Wer die Verwerfung meines Sohnes teilt, soll auch seine Herrlichkeit teilen. So lesen wir es in Römer 8,17.18: „… wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden. Denn ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“ Ist diese herrliche Aussicht nicht ein zusätzlicher Ansporn, die mit dem Glauben an Christus verbundene Verachtung auf uns zu nehmen, weil wir auch an seiner unaussprechlichen Herrlichkeit teilhaben werden (vgl. Joh 17,22; Eph 5,27)?

Arend Remmers

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2021, Heft 9, Seite 3

Bibelstellen: 1. Korinther 12,12.13; Epheser 1,23; 2,14-22; 4,4.24; Apostelgeschichte 2; u. a.;

Stichwörter: Frau des Lammes, Leib Christi, Perle, Segen, Versammlung