Gottes Willen tun
„Da sprach ich: Siehe, ich komme; in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust“ (Ps 40,8.9).
„Da sprach ich: Siehe, ich komme (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,7).
Beim Vergleich dieser beiden Verse fällt auf, dass sich die Aussage in Hebräer 10 von der zitierten Stelle in Psalm 40 in einem wichtigen Detail unterscheidet. Im Hebräerbrief fehlt der Ausdruck „ist meine Lust“. Das ist umso erstaunlicher, als auch in der Septuaginta¹, aus der im Hebräerbrief stets zitiert wird, hier ein Wort steht, das durchaus mit „Lust“ übersetzt werden kann. Was mag der Grund für diese Abwandlung des Zitats sein? Ganz sicher liegt er im unterschiedlichen Charakter der beiden Schriftstellen.
In Psalm 40 finden wir keine Sühnung. Christus kommt auf die Erde, nimmt den Platz eines Knechts ein, unterordnet sich in Langmut und Gnade vollkommen dem Willen Gottes und macht sich eins mit dem gläubigen Überrest der Juden (V. 4-9.17). Er verkündet Gerechtigkeit in der großen Versammlung, hemmt seine Lippen nicht und spricht über die Güte und Wahrheit Gottes (V. 10-12). Unermüdlich geht Er weiter, niedergebeugt durch die Prüfungen und Leiden, die aufgrund seines Gehorsams und seiner Treue über Ihn kommen. Als Er das Kreuz erreicht, nimmt Er sogar die Sünden seines Volkes auf sich, indem Er sie vor Gott bekennt (V. 13) – und das, obwohl Er dadurch in die „Grube des Verderbens“ und in „kotigen Schlamm“ gerät (V. 3). Doch anders als in Psalm 22 wird hier weder sein Verlassensein von Gott noch direkt sein Tod erwähnt. Es geht um seinen Pfad des Gehorsams mit allem, was dieser Pfad beinhaltete, aber sein Sühnungstod am Kreuz wird nicht angesprochen. Deswegen kann Er hier prophetisch sagen: „Dein Wohlgefallen zu tun, ist meine Lust“. Als Er auf der Erde lebte, drückte Er es so aus: „Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34).
Im Hebräerbrief jedoch verhält es sich anders. Dort wird in erster Linie der Tod Christi vor unsere Herzen gestellt, und zwar der Tod Christi als Sühnung, als das „eine Schlachtopfer für Sünden“ (Heb 10,10.12.14). Und wir wissen, dass dies sein Verlassensein am Kreuz einschloss. Als Er diesen Tod vor sich sah, war es Ihm, so wie Er war, unmöglich zu sagen: „Dein Wohlgefallen zu tun, ist meine Lust“. Stattdessen rief Er in Gethsemane in größter Not: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39). Es gehörte zu seiner Vollkommenheit, vor dem Tod zurückzuschrecken – vor einem Tod, in dem alle Wogen und Wellen des göttlichen Gerichts über seine Seele hinweggehen würden! Aus diesem Grund hat der Geist Gottes in Hebräer 10 dafür gesorgt, dass die Worte „ist meine Lust“ weggelassen wurden.
Wie wertvoll sind dem geistlich gesinnten Gläubigen derartige Hinweise auf die vollkommene Weisheit unseres Gottes. Und wie lehrreich ist es, über diese Unterschiede in seinem Wort nachzusinnen!
FN 1: Die Septuaginta ist eine griechische Übersetzung des Alten Testaments.
Es gibt nur ein Muss.
Für den Herrn Jesus war der Wille seines Vaters Beweggrund für alles. Es gibt tausend Dinge, die wir gewohnheitsmäßig tun, und von denen wir sagen, dass wir sie tun müssen. Aber es gibt kein Muss für uns, außer den Willen Gottes zu erfüllen.
J. N. Darby
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