Buchbesprechung

Heilsgeschichtlich denken – der rote Faden zur Bibel

Die Frage, ob heilsgeschichtliches Denken (oft Dispensationalismus genannt) im Einklang mit der biblischen Lehre steht oder nicht, sorgt unter Christen für viel Diskussion. Michael Hardt zeigt in seinem Buch, dass heilsgeschichtliches Denken nicht so sehr eine Lehre ist, sondern vielmehr ein Schlüssel, der hilft, die Bibel richtig – und vor allen Dingen als Ganzes – zu verstehen. Wer die Bibel wirklich verstehen will, muss heilsgeschichtlich denken. Dieser Schlüssel öffnet dem Leser Türen des Verständnisses und viele Fragen werden geklärt und scheinbare Widersprüche lösen sich auf.

Worin besteht dieser Schlüssel konkret? In der Hauptsache in zwei Punkten:

  1. Gott beim Wort zu nehmen, d. h., die Bibel so zu lesen, wie sie ist.
  2. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Epochen zu beachten, die von der Bibel selbst definiert werden.

Auf Seite 12 des Buches heißt es: „Heilsgeschichte ist der rote Faden, der sich durch die ganze Bibel zieht. Sie zeigt, wie Gott durch die Jahrhunderte hindurch gehandelt hat und handeln wird, um seinen Plan mit den Menschen zu erfüllen. Der heilsgeschichtliche Rahmen, der die verschiedenen Teile der Bibel miteinander verbindet, ist ein göttliches Navigationsgerät, das uns hilft, die Bibel durchzulesen, ohne uns zu verirren.“

Auf Seite 94 wird gesagt: „Heilsgeschichtliches Denken ist die 3D-Brille, mit der man die Bibel verstehen kann. Plötzlich wird klar, was ein Vers oder ein Abschnitt bedeutet … Alles (in der Bibel) ist Gottes Wort, alles ist nützlich für Christen, aber nicht alles handelt von Christen“.

Das Buch nimmt den Leser auf ca. 550 Seiten mit auf eine spannende Reise. In 8 Kapiteln und 5 Anhängen wird ausführlich dargestellt, was es bedeutet, heilsgeschichtlich zu denken. Es wird deutlich, dass es nicht nur darum geht, unterschiedliche Heilszeitalter zu beschreiben und zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, die Bibel als Ganzes zu verstehen. Und nur dann begreifen wir, was unsere Stellung und unsere Beziehungen als Christen sind. Ein wesentlicher Punkt ist die Frage, ob die neutestamentliche Versammlung (Gemeinde) die „geistliche Fortsetzung“ Israels ist oder nicht. Es wird deutlich gemacht, welche wesentlichen Unterschiede bestehen und gezeigt, dass die Zusagen an Gottes irdisches Volk (Israel) sich im kommenden Reich (dem Tausendjährigen Reich) erfüllen werden, während die Segnungen der christlichen Epoche (die gegenwärtige Zeit der Gnade) völlig andere sind.

Der Autor hat sich Mühe gegeben, das Thema ausführlich und ansprechend darzustellen. Er geht auf viele – auch kritische – Fragen ein und findet überzeugende, auf der Bibel basierte Antworten. Er geht kontroversen Fragen (z.B. denen der Verfechter der Bündnistheologie) nicht aus dem Weg, sondern beantwortet sie sachlich und klar.

  • Kapitel 1 behandelt einleitende Fragen, die zeigen, wie relevant das Thema ist.
  • Kapitel 2 stellt heilsgeschichtliches Denken im Überblick dar.
  • Kapitel 3 geht auf häufig gestellte Fragen und Einwände ein.
  • Kapitel 4 geht der Frage nach, welche Epochen es gibt und wie man das Handeln Gottes in diesen Epochen verstehen kann.
  • Kapitel 5 macht deutlich, dass das Thema keine „Theologie“ ist, sondern eine praktische Relevanz hat.
  • Kapitel 6 ist das Herzstück des Buches. Es beschreibt die zehn „Bausteine“ oder Basis-Einsichten, die durch heilsgeschichtliches Denken verstanden werden: Israel und die Versammlung, die Zukunft Israels, die Entrückung, etc.
  • Kapitel 7 zeigt den besonderen Reichtum der gegenwärtigen christlichen Haushaltung.
  • Kapitel 8 zeigt, wie man die Bibel als ein Ganzes verstehen kann: Das „einende Prinzip“, der übergeordnete Gesichtspunkt in Gottes Handeln ist nicht – wie oft gesagt wird – die Erlösung, sondern die Herrlichkeit Gottes.

Die Anhänge vertiefen und erweitern einige Punkte und sorgen für weitere Aufklärung wichtiger Fragen, wie z.B. die typische Hoffnung der Christen, die Erscheinung des Herrn in Macht und Herrlichkeit oder die Frage, was es mit dem „Bund mit David“ auf sich hat. Einige „harte Nüsse“ werden ebenfalls geknackt, indem schwierige Bibelstellen aufgegriffen und erklärt werden, die oft von Gegnern der heilsgeschichtlichen Sicht ins Feld geführt werden.

Das Buch ist verständlich und ansprechend geschrieben. Besonders wichtige Aussagen werden hervorgehoben. Einige Bilder und vor allem grafische Darstellungen helfen zum besseren Verständnis. Ein Bibelstellen- und Stichwortverzeichnis rundet das Ganze ab, so dass man das Buch auch als Nachschlagewerk benutzen kann.

  • Wie sollte man das Buch lesen?

    Optimalerweise von Anfang bis zu Ende. Obwohl die einzelnen Kapitel aufeinander aufbauen, ist es durchaus möglich, selektiv zu lesen. Wem also die ca. 550 Seiten zu viel erscheinen, kann auch nur Teile lesen.

  • Wer sollte das Buch lesen?

    Jeder, der ernsthaftes Interesse an Gottes Wort hat und seine Bibel besser verstehen möchte. Das Buch setzt keine besonderen Kenntnisse voraus, sondern wendet sich an jeden Bibelleser – sei er jung im Glauben oder schon viele Jahre mit Christus unterwegs.

Fazit

Der auf den ersten Blick vielleicht hoch erscheinende Preis von 24,90 € relativiert sich, wenn man bedenkt, dass der Seitenpreis dieses hochwertigen Buches nicht einmal 5 Cent beträgt. Der Inhalt rechtfertigt den Preis allemal. Ich wünsche allen Lesern – Jüngeren und Älteren – offene Augen und Herzen beim Lesen dieses Buchs, das uns einmal mehr das Wort Gottes groß macht und den Fokus auf den großen Mittelpunkt richtet: unseren Herrn und Erlöser.

 

O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege!

Römer 11,33

 

Forscht nach im Buch des Herrn und lest.

Jesaja 34,16

Ernst-August Bremicker

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2023, Heft 6, Seite 17

Stichwörter: Bibel, denken, Epoche, Heilsgeschichte, Lehre